Dem Windpark Burg droht das Aus
01.02.2024 BrennpunktDer Verband Freie Landschaft Schweiz hat am 30. Januar zwei Volksinitiativen lanciert: Beide mit Auswirkungen auf den geplanten «Windpark Burg» im Gebiet von Oberhof und Kienberg. Zusammen mit Vorstandsmitgliedern des Vereins «Pro Burg» informierte Verbandspräsident ...
Der Verband Freie Landschaft Schweiz hat am 30. Januar zwei Volksinitiativen lanciert: Beide mit Auswirkungen auf den geplanten «Windpark Burg» im Gebiet von Oberhof und Kienberg. Zusammen mit Vorstandsmitgliedern des Vereins «Pro Burg» informierte Verbandspräsident Elias Vogt am Dienstagabend in Wölflinswil die Medien über Sinn und Zweck der beiden Initiativen.
Simone Rufli
Obwohl er seit der Pressekonferenz vom Montag in Bern ein gefragter Mann ist, ist Elias Vogt am Dienstagabend nach Wölflinswil gekommen. Zum einen, weil der geplante Windpark Burg in der Deutschschweiz hinter Grenchen das am zweitweitesten fortgeschrittene Projekt ist, aber auch, weil der Verein «Pro Burg», präsidiert von Werner Habermacher (Wölflinswil), ein engagiertes Mitglied im Verband Freie Landschaft Schweiz ist. Freie Landschaft Schweiz ist der Dachverband jener Leute, die der Windkraft gegenüber kritisch eingestellt sind, Vogt deren Präsident.
Worüber Vogt die Medien im Landgasthof Ochsen informierte, dürfte nicht alle gleichermassen freuen. Denn sicher ist: Bei einem Ja zur Waldschutz-Initiative wäre der Windpark Burg, der zu massiven Eingriffen in Wald und umliegenden Waldweiden führen würde, Geschichte. Die Initiative verlangt nämlich, dass die Anlagen deutlich ausserhalb von Wäldern und Waldweiden geplant und gebaut werden.
Sollte die zweite Initiative angenommen werden, die sogenannte Gemeindeschutz-Initiative, müssten Oberhof, Wölflinswil und möglicherweise sogar Kienberg ein zweites Mal «als betroffene und stark beeinträchtigte Gemeinden» an der Urne über den Windpark abstimmen. Mit der Gemeindeschutz-Initiative soll nämlich in der Verfassung verankert werden, dass vor dem Bau neuer Windräder die Standortgemeinde und auch Nachbargemeinden darüber abstimmen müssten.
Kienberg womöglich zum zweiten Mal deshalb, weil die Zustimmung vom Dezember 2018 nur den Vertrag mit der AEW als Projektantin, nicht aber das eigentliche Projekt betreffe, wie der Kienberger Bruno Gubler (Vorstandmitglied «Pro Burg») erklärte. Vieles sei noch nicht ganz klar, betonte auch Elias Vogt.
Ziel ist nicht ein generelles Verbot
«Weder die Waldschutz-Initiative noch die Gemeindeschutz-Initiative haben zum Ziel, die Errichtung von Windkraftanlagen in der Schweiz zu verbieten», betonte Elias Vogt. Und Werner Habermacher erklärte: «Das Ziel ist es, den Schweizer Bürgern die demokratischen Rechte zurückzugeben.» Diese würden durch die beschleunigten Verfahren (Wind- und Solarexpress) ausgehebelt. Dass die Hürden für Windräder höher, die Prozesse noch komplexer werden, werde dabei in Kauf genommen. So gelten die Bestimmungen der Gemeindeschutz-Initiative rückwirkend für alle Bauten, Anlagen oder Bodenveränderungen, welche nach dem 1. Mai 2024 erfolgen. Sie müssten zulasten der Ersteller abgebrochen werden.
«Funkstille» beim Windpark Burg
Geplant sind beim Windpark Burg insgesamt fünf Wind-Energieanlagen (WEA), vier auf Kienberger, eine auf Oberhofer Gemeindegebiet. Ende Mai 2021 sind die Einsprachefristen zu den öffentlichen Planauflagen für das 25-Millionen-Projekt in den Gemeinden Oberhof (AG) und Kienberg (SO) abgelaufen. Bis im August 2021 sind auch die letzten Einwendungen – darunter eine Sammeleinsprache des rund 300 Mitglieder starken Vereins «Pro Burg» – bei den Projektverantwortlichen eingetroffen. Aufgrund der Komplexität des Projekts haben sich Kienberg und Oberhof früh entschieden, mit Rechtsanwälten zusammenzuarbeiten. Am 10. März 2023 kam es in Kienberg zu Einsprache-Verhandlungen – allerdings ohne Einigung zwischen den
Parteien. «Seither», so Werner Habermacher, «herrscht wieder Funkstille». Von der Gemeinde Oberhof habe man noch gar nichts gehört. Fest steht, ohne Teiländerung des Kulturlandplans und der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) kann ein Windrad in Oberhof nicht gebaut werden. Die Gegner haben früh schon angekündigt, dass sie gewillt sind, bis vor Bundesgericht zu gehen. Die beiden Initiativen könnten ihnen den Gerichtsweg nun ersparen.
Wende erreichen mit Solaroffensive
Elias Vogt geht auch davon aus, dass die beiden Initiativen zusammen mit dem am 26. Januar mit 63 277 gültigen Unterschriften (50 000 Unterschriften waren nötig) eingereichten Referendum gegen den Mantelerlass (Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, welches die Bewilligungsfähigkeit von Projekten markant verbessern soll; Referendums-Abstimmung am 9. Juni) zu weiteren Verzögerungen bei der Energ iewende führen werden. Seine Botschaft ist klar: «Die Wende schaffen wir, indem wir das riesige Potential in Form von Solarenergie auf Hausdächern und an Fassaden nutzen.»
Der 28-jährige Unternehmer aus Grenchen zeigte sich zuversichtlich, dass die nötigen 100 000 Unterschriften pro Initiative zusammenkommen. «Wir haben bis Juli 2025 Zeit, aber ich bin sicher, dass wir das Ziel wesentlich früher erreichen werden.» Als nächstes wird sich nun die Kommission des Ständerats mit dem Beschleunigungserlass (damit sollen Planungs- und Bewilligungsverfahren beschleunigt werden) auseinandersetzen.