Gastgeberin mit Herzblut und offenem Ohr
26.12.2023 Persönlich, Ueken, HerznachRuth Imhof bewirtet immer am Montagmorgen die Dorfträff-Gäste
Dass Ruth Imhof in einem Zeitungsartikel im Zentrum stehen soll, ist für sie gewöhnungsbedürftig; normalerweise stehen ihre Gäste im Mittelpunkt. Die Mitarbeit im Dorfträff in Herznach ...
Ruth Imhof bewirtet immer am Montagmorgen die Dorfträff-Gäste
Dass Ruth Imhof in einem Zeitungsartikel im Zentrum stehen soll, ist für sie gewöhnungsbedürftig; normalerweise stehen ihre Gäste im Mittelpunkt. Die Mitarbeit im Dorfträff in Herznach empfindet sie als bereichernd und als eine Rückkehr ins Dorf, für das sie aus beruflichen Gründen viele Jahre lang nur wenig Zeit hatte.
Karin Pfister
«Für mich ist es ein Nachhausekommen, ein Zurück zu den Wurzeln», sagt Ruth Imhof, welche seit Beginn des Dorfträffs im Jahre 2020 immer am Montagmorgen die Gäste bewirtet. Viele Jahre lang war sie beruf lich stark engagiert und tagsüber im Geschäft in Kirchleerau; seit der Pensionierung kann sie wieder mehr Zeit in Herznach-Ueken verbringen und alte Kontakte auffrischen oder Neue knüpfen. «Ich lerne das Dorf nochmals neu kennen», erzählt sie. «Diese sozialen Kontakte haben mir gefehlt. Das Dorf ist in den vergangenen Jahren gewachsen und ich hatte zu vielen Menschen keinerlei Bezug mehr.» Im Treff kehren viele Stammgäste aus dem Dorf, aber auch immer wieder neue Gesichter aus der Region ein.
Ruth Imhof ist 65 Jahre alt und seit eineinhalb Jahren in Pension. Sie arbeitet noch einige Stunden im Geschäft für Schweissfachhandel, das sich in Kirchleerau befindet und welches sie 21 Jahre lang zusammen mit ihrem Mann Peter Imhof geführt hat. Zur Firma gehören mehrere Angestellte. Sie ist Mutter von drei längst erwachsenen Kindern – Sohn Dominique Tobias Imhof hat inzwischen zusammen mit seiner Frau Fabienne das Geschäft übernommen – und Grossmutter von fünf Enkelkindern. «Das Geschäft war der Traum meines Mannes. Ich habe das ihm zuliebe gemacht. Wir haben uns gut ergänzt. Er war als Maschinenbauingenieur für das Technische, ich für die Administration zuständig.» Ruth Imhof hat einst eine Verkaufslehre absolviert, danach das KV und eine Buchhalterausbildung. Sie war bei verschiedenen Firmen teilzeit im Buchhaltungsbereich angestellt. «Ich habe mich auch regelmässig weitergebildet und immer gerne gearbeitet, aber die Familie war mir immer sehr wichtig. Eine Karriere auf Kosten der Familie wäre für mich nicht in Frage gekommen.»
Neue Alltagsbalance finden
Dass die langen Arbeitstage – morgens um 7 Uhr aus dem Haus und erst spät zurückkommen – der Vergangenheit angehören, stört sie nicht. «Ich war abends oft müde und hatte keine Energie mehr, um noch etwas zu unternehmen. Ich geniesse meine Pension. Am Anfang war es allerdings eine grosse Umstellung und ich hatte etwas Mühe, eine neue Alltagsbalance zu finden.» Dass sie nun wieder mehr Zeit an ihrer Nähmaschine verbringen kann, schätzt sie sehr. Sie nähe fast jeden Tag. Fast alle ihre Kleider, die sie trägt – ausser die Hosen – näht sie selber. «Wenn ich etwas angehe, dann mit Engagement und Herzblut.» Auch ihre Enkelkinder haben bei Ruth Imhof nähen gelernt. Es gab viele Jahre lang einen regelmässigen Hütetag, an dem alle fünf Enkelkinder gemeinsam bei ihr waren. «Im Sommer hat mein Mann mich jeweils mit den Enkelkindern und dem Wohnwagen ins Tessin an den Lago Maggiore gefahren und nach zwei Wochen hat er uns alle wieder abgeholt. Das war eine wunderschöne Zeit.» Mitgenommen hat Ruth Imhof die Kinder jeweils ab zweijährig. Inzwischen sind aus den Kindern junge Erwachsene zwischen 14 und 20 Jahre, geworden. «Und sie kommen im Sommer immer noch gerne mit mir ins Tessin.»
Ruth Imhof hat schon immer gerne gekocht und gebacken. «Wir waren viele Jahre lang eine grosse Familie mit Kindern, einem Pflegekind und meiner Mutter am Mittagstisch.» Auch Freunde und weitere Familienmitglieder habe sie immer gerne bewirtet. «Ich freue mich jeden Montagmorgen auf meine Gäste», sagt Ruth Imhof. Sie hat den Ruf, eine gute Zuhörerin zu sein. Viele kommen nicht nur zu Kaffee und Gipfeli, sondern auch um zu reden. «Ich gebe nur selten Ratschläge. Die meisten Menschen wollen einfach nur erzählen. Ich höre sehr gerne zu.» Es gehe dabei nicht um Mitleid
– «das will niemand» – sondern um Mitgefühl. «Dadurch werden die Sorgen meistens etwas leichter. Die Menschen schätzen es, wenn man ihnen einfach nur zuhört.»