Franco Mazzi plaudert aus dem Nähkästchen
10.05.2024 RheinfeldenRheinfeldens Stadtammann zu Gast in Badisch Rheinfelden
Rheinfeldens Stadtammann Franco Mazzi war am Montag zum «Abendgespräch» in der Volkshochschule in Badisch Rheinfelden eingeladen. Die angenehme Rhetorik des Gastes und die interessierte Beteiligung der Zuhörer ...
Rheinfeldens Stadtammann zu Gast in Badisch Rheinfelden
Rheinfeldens Stadtammann Franco Mazzi war am Montag zum «Abendgespräch» in der Volkshochschule in Badisch Rheinfelden eingeladen. Die angenehme Rhetorik des Gastes und die interessierte Beteiligung der Zuhörer machten die Veranstaltung zu einem informativen und spannenden Schwätzli.
Boris Burkhardt
Wenn Franco Mazzi (64) privat nach Badisch Rheinfelden kommt, dann zum Töpfermarkt auf Schloss Beuggen (den er dieses Jahr aber verpasst hat) oder zum Essen, vorzugsweise Italienisch, wie er augenzwinkernd erzählt. Wie sein Name vermuten lässt, hat Mazzi neben der Schweizer Mutter einen italienischen Vater, der sich nie hat einbürgern wollen. Franco Mazzi hingegen lernte auf zwei Weltreisen in seiner Jugend seine Heimatstadt besonders schätzen und ist seither dort geblieben. Zur Kommunalpolitik kam er vor 21 Jahren, als er von der FDP angefragt wurde, Mitglied in der Museumskommission zu werden. Einige Tage später hatte er einen Einzahlungsschein für die Parteimitgliedschaft im Briefkasten: «Das war zwar nicht so abgemacht gewesen. Aber es war für mich der Moment, mich für eine politische Karriere zu entscheiden.»
Muster der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
Franco Mazzi ist ein dankbarer Gesprächspartner, wie Veronika Plank, die Leiterin der Volkshochschule in Badisch Rheinfelden, nicht erst in der Veranstaltungsreihe «Abendgespräch» mit dem Stadtammann der Schweizer Schwesterstadt am Montagabend feststellte. Mazzi erzählt in ruhigem Duktus, dennoch spannend und humorvoll – und ist selbst für einen Schweizer Politiker auffallend darum bemüht, stets alle Fragen zur Zufriedenheit des Fragestellers zu beantworten. Allerdings hatte er an diesem Abend auch keine investigativen Fragen zu befürchten. Sinn der «Abendgespräche» ist es, die lokalen Promis als Mensch kennenzulernen.
Ein paar weniger Zuhörer waren gekommen, als es ein Gesprächsgast wie Mazzi verdient hätte; dafür aber hatte Plank nicht zuviel versprochen, als sie zu Beginn sehr interessierte Zuhörer ankündigt hatte. Unter ihnen war auch Alt-Oberbürgermeister Eberhard Niethammer, dem Mazzi gleich zu Beginn bestätigte, dass dieser ihm den Wert der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bewusstgemacht habe. Sechs Jahre, von 2006 bis 2012, waren beide gleichzeitig Stadtoberhaupt ihres Rheinfeldens. Ihre Freundschaft, die Mazzi mit dem jetzigen Oberbürgermeister Klaus Eberhardt fortführt, sei massgeblich für die vorbildl iche Entw ick lung der Schwesterstädte geworden. Beide Rheinfelden seien ein Muster für die grenzschreitende Zusammenarbeit, nicht nur am Hochrhein, sondern europaweit, sagte Mazzi: «Das sagen nicht wir; das bekommen wir immer wieder von anderen gesagt.»
«Etwas Wertvolles tun»
Plank fragte Mazzi vor allem nach dem Schweizer Rheinfelden, wo sie selbst wohnt. Es sei für ihn eine grosse Befriedigung und Motivation, seit 18 Jahren «am Daheim zu arbeiten: Das gibt mir das Gefühl, etwas Wertvolles zu tun.» Als wichtigste Entscheidung in seiner langen Amtszeit bezeichnete er die Schliessung der Rheinbrücke für den Verkehr: Erst die Abschaffung des alltäglichen Staus habe es ermöglicht, wieder Kunden in die Altstadt zu bringen.
Weitere wichtige Schritte für die Entwicklung Rheinfeldens seien die Revision des Zonenplans gewesen und der Bau der SBB-Haltestation Augarten. Zu den schönsten Momenten seiner Karriere zählt er den Besuch des Aussenministers Frank-Walter Steinmeier und der Aussenministerin Micheline Calmy-Rey 2009 sowie die Verleihung des Wakker-Preises für die Stadt 2016. Als Tiefpunkt nannte er die Entscheidung gegen den Rheinsteg. Als Rheinfeldens grösste Herausforderung, deren Verwirklichung er nicht mehr im Amt erleben werde, nannte Mazzi die «Neue Mitte», die Umgestaltung des Bahnhof-Areals.
Einen winzigen Moment der Entfremdung zwischen Schweizer Gast und deutschem Publikum gab es nur, als Mazzi meinte, seine Stadt brauche kein Hallenbad, wenn Badisch Rheinfelden eines habe. Nach dem Protest des Publikums über dessen hoch sanierungsbedürftigen Zustand gab Mazzi zu, dass er das Rheinfelder Hallenbad zuletzt vor Jahrzehnten gesehen habe.
Nach der offiziellen Veranstaltung blieb Mazzi noch über eine Stunde für Gespräche. Mit belegten Brötchen gab es ein üppigeres Buffet als gewohnt – die Gastgeber wollten hier nicht hinter der berühmten Schweizer Apéro-Kultur zurückstehen, wie Plank auf Nachfrage augenzwinkernd zugab.
Zwischen Schweiz und Österreich
Eine spannende Antwort hatte der sehr geschichtsinteressierte Franco Mazzi auf die Zuschauerfrage parat, wie Rheinfelden mit seiner noch immer allenthalben präsenten vorderösterreichischen Vergangenheit zum restlichen Aargau und der Schweiz stehe. «Schauen Sie sich das Fresco der Schlacht von Sempach im Innenhof des Rathauses an», sagt er: «In dieser wichtigen Schlacht für die Identifikation der Schweiz fielen sieben Rheinfelder aufseiten des Erzfeindes Habsburg.» Dennoch hätten die Rheinfelder das Bild 1910 zur 100-jährigen Zugehörigkeit zur Schweiz malen lassen «aus Dankbarkeit, dass wir in der Schweiz in einem Land leben, in dem es damals seit 100 Jahren keinen Krieg mehr gegeben hatte». Auch das Andenken an die Kaiserin Maria Theresia in Rheinfelden sei gerechtfertigt: Ihre soziale Gesetzgebung sei für ihre Zeit vorbildlich gewesen; ihre Feuerversicherung sei vom Kanton Aargau und später von der Schweiz übernommen worden. (bob)