«Es war ein grosser Sprung ins Unbekannte»

  13.05.2023 Persönlich, Bözen

Izabela Käser kam der Liebe wegen ins Fricktal

Nach der ersten Begegnung folgte eine jahrelange Brieffreundschaft, aber nur wenig Alltag zusammen. Trotzdem wagte Izabela Käser 2008 den Sprung ins Unbekannte und zog der Liebe wegen von Polen ins Fricktal. Zusammen mit Reto Käser und ihren beiden Söhnen aus erster Beziehung fing sie in Böztal nochmals von vorne an, auch beruflich.

Karin Pfister

Izabela Käser wurde 1973 in Krosno in Polen geboren; später hat sie in Warschau Journalistik und politische Wissenschaften studiert. Noch während ihres Studiums bekam sie ihren ersten Sohn Filip, fünf Jahre später kam Kuba zur Welt. Mehrere Jahre lang war sie als freie Mitarbeiterin bei Gazeta Wyborcza, einer der grössten Tageszeitungen des Landes, tätig. 2005 verbrachte Izabela drei Wochen auf Malta in einer Sprachschule, um ihr Englisch zu verbessern. Ihre Beziehung war kurz vorher in die Brüche gegangen und sie befand sich mitten in einem anstrengenden Trennungsprozess.

Auch Reto Käser aus Böztal litt 2005 unter Liebeskummer. Mehrere Jahre lang hatte er für seinen grossen Traum, eine Weltreise, gespart. Vorgängig wollte er zusammen mit seiner damaligen Partnerin in Kapstadt Englisch lernen. Kurz vor dem geplanten Aufenthalt ging die Beziehung in die Brüche; die Partnerin flog alleine nach Kapstadt und Reto Käser buchte kurzfristig auf Malta um.

Zuerst war es eine Brieffreundschaft
«Ich fand ihn nett und dachte, dass ich ihn nie mehr wiedersehe», sagt Izabela Käser über den Mann, mit dem sie inzwischen seit 14 Jahren verheiratet ist. «Viele Polinnen und Polen arbeiten nach ihrer Ausbildung einige Jahre im Ausland. Wir sind ein mobiles und reisefreudiges Volk». Sie selber habe diesen Traum nie gehabt und hätte nie gedacht, dass sie ihr Leben eines Tages in einem anderen Land verbringen würde. Reto und Izabela verbrachten auf Malta nur wenig Zeit miteinander; Izabela musste bald nach der ersten Begegnung wieder nach Hause, eine Fortsetzung der Bekanntschaft schloss sie aus. «Ich dachte, dieser schöne Mann lernt auf seiner Weltreise bald eine andere Frau kennen. Und ich wollte nichts Neues aufbauen, solange meine Trennung nicht abgeschlossen war.» Trotzdem blieben die beiden per E-Mail in Kontakt, als Brieffreunde. Reto Käser reiste rund zwei Jahre lang um die Welt. «Er rief immer mal wieder an; aus dem australischen Outback oder aus dem Dschungel.» Nachdem er wieder in Bözen gelandet war, buchte er einen Flug nach Polen. Danach verbrachten Reto und Izabela Käser zusammen eine Woche Skiferien in Grindelwald.

Viel Vertrauen entgegengebracht
2008 ist Izabela Käser nach Böztal gezogen. «Es war ein Risiko, ein grosser Sprung ins Unbekannte. Wir hatten damals auch darüber gesprochen, dass Reto zu mir nach Polen ziehen könnte, aber die polnische Sprache ist eine der schwierigsten Sprachen überhaupt. Wir haben zum Beispiel zwölf Fälle und Reto meinte, dass es einfacher sei, wenn eine sprachbegabte Journalistin Deutsch lernt, als wenn er polnisch lernen müsse.»

Mit Izabela Käser in die Schweiz gereist ist ihr damals zehnjähriger Sohn Kuba. «Wir haben den Kindern die Entscheidung überlassen, der ältere wollte bei seinem Vater und seinen Freunden in Polen bleiben, ist einige Monate später dann aber auch zu uns gekommen.» Es sei eine schwere Entscheidung und die neue Situation für alle eine Herausforderung gewesen, aber: «Wir wurden sehr gut im Dorf aufgenommen. Reto ist hier verankert und die Menschen haben mir und den Kindern viel Vertrauen entgegengebracht.» Auch für die Schule findet sie nur positive Worte: «Meine Söhne wurden, ohne die Sprache zu beherrschen, ins Schulsystem integriert und haben schnell Deutsch gelernt.» Beide haben inzwischen erfolgreich eine Lehre und weitere Fachausbildungen abgeschlossen. 2013 wurde der gemeinsame Sohn Marc geboren. Izabela Käser hat beruflich nochmals von vorne angefangen. «Ich ging am Anfang putzen, danach habe ich Pferde betreut.» Sie hat von Beginn an mit viel Ehrgeiz Deutschkurse besucht und sich wo immer möglich weitergebildet. So konnte sie bald eine Stelle im kaufmännischen Bereich antreten. Inzwischen gibt sie Nothelferkurse und arbeitet als Yogalehrerin. Ihre Mutter ist vor einigen Jahren an Krebs erkrankt. «Die Trennung von meiner Mutter war schwer und als sie krank wurde, habe ich nach einem Halt gesucht, nach etwas, das mir Kraft gibt.» Sie hat angefangen Yoga zu praktizieren und wollte das, was sie dort gelernt hat – die Ruhe für Körper, Geist und Seele – weitergeben. Sie bietet im Meck in Frick mehrere Kurse an. «Ich habe tolle Kundinnen und Kunden.»

Muttersprache fehlt Izabela
Inzwischen sind ihre Eltern verstorben und sie reist nur noch selten nach Polen, um ihre Schwester und Freunde zu besuchen; mit dem Tod der Eltern sei auch die Verbindung zum Land weniger geworden. «Die Schweiz ist nun meine Heimat.» Was ihr fehle, sei die polnische Sprache. Sie spricht und schreibt sehr gut Deutsch, aber die Vertrautheit ihrer Muttersprache könne sie nicht erreichen. «Als Journalistin ist mein sprachliches Niveau hoch. Ich muss nicht überlegen, sondern weiss intuitiv, wie man was schreibt. Diese Sicherheit werde ich in der deutschen Sprache nie erlangen.»

Es habe damals einige Skeptiker gegeben, die nicht daran glaubten, dass die Beziehung hält. Diese dürfen inzwischen verstummt sein. 18 Jahre nach der ersten Begegnung auf Malta sitzt Izabela Käser in ihrer Stube im Haus hinter dem Bözer Restaurant Bären und sagt: «Ich hatte grosses Glück, so einen guten Mann zu treffen. Unsere Begegnung war Schicksal.» Sie sei dankbar und zufrieden und in der Schweiz angekommen.


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