«Es sind viele schöne Kontakte entstanden»

  25.08.2025 Persönlich

Im August 2017 hat die Kontaktgruppe Asyl Frick den Treffpunkt im ACLI in Frick eröffnet. Im Gespräch berichtet Rolf Schmid von den Anfängen, den Veränderungen und warum auch immer die Suche nach Freiwilligen ein Thema ist.

Susanne Hörth

NFZ: Herr Schmid, warum wurde die Kontaktgruppe Asyl Frick vor fast neun Jahren gegründet?
Rolf Schmid:
Massgebend für die Findung und Gründung der Gruppe waren die öffentlichen Diskussionen über die Eröffnung der kantonalen Unterkunft im Werkhof A3. Während die Gemeinde pragmatisch mit der Situation umging, forderten besorgte Bürgerinnen und Bürger unter anderem Rayonverbote bei der Schule oder im Schwimmbad. Es hat sich gezeigt, dass die Entscheidung gegen solche Verbote bis heute richtig war und zu keinerlei Konflikten geführt hat. Gewissermassen wollten wir den Vorurteilen und Ängsten etwas entgegensetzen und aktiv auf die gef lüchteten Menschen zugehen. Sie können es sich schliesslich nicht aussuchen, wo sie leben müssen, dann bieten wir ihnen wenigstens Unterstützung, um hier anzukommen.

Eine Unterstützung, welche die Gruppe auch mit dem Treffpunkt im ACLI bietet. Was können Sie über diesen sagen?
Den Treffpunkt definierten wir nebst Sprachkursen bald als ein zentrales Angebot, um mit den Menschen auf Augenhöhe in Kontakt zu kommen, sie kennenzulernen und ihnen den Einstieg hier in Frick, im Aargau und der Schweiz zu vereinfachen. Zu Beginn war die Suche nach einem Standort nicht ganz einfach, weshalb wir dann froh waren über den Tipp beim ACLI anzufragen. Dass wir nun schon seit acht Jahren dort zur Miete unseren Treffpunkt haben dürfen, ist eine schöne Geschichte. Was die italienischen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter hier aufgebaut haben, steht nun auch Menschen aus anderen Teilen der Welt zur Verfügung. Da es in Frick kein öffentliches Gemeinschaftszentrum gibt, übernimmt das ACLI diese wichtige Funktion und ermöglicht die Begegnung von einheimischen und migrantischen Menschen.

Im August 2017, als ihr den Treffpunkt eröffnet habt, waren im ehemaligen Werkhof A3 in Frick rund 150, vorwiegend junge, männliche Asylsuchende untergebracht. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine steht der Werkhof für geflüchtete Menschen aus der Ukraine zur Verfügung. Darunter auch viele Kinder. Hat sich diese Veränderung auch auf die Benutzung des Treffpunkts ausgewirkt?
Die Veränderungen im Werkhof A3 hatten Auswirkungen auf unsere Angebote. Während in der ersten Phase viele Menschen lange auf Deutschkurse warten mussten, war dies im Jahr 2022 nicht ganz so arg und die Menschen besuchten bald offizielle Kurse. Darum ist die Anzahl unserer Sprachkurse heute kleiner und auch das Programm ist ein wenig anders gestaltet. Der Fokus liegt auf der Konversation und der mündlichen Anwendung. Die Sportgruppe der Männer trifft sich nicht mehr so regelmässig wie noch zu Beginn. Dafür gibt es mittlerweile einen Familiensportkurs, der bewusst Eltern und Kinder aus der Schweiz, aber auch solche mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung miteinbezieht. Seit diesem Jahr haben auch die Frauen eine eigene Sportgruppe.

Im Treffpunkt hat sich schon bald nach der Eröffnung ein Effekt eingestellt, dass Menschen aus der ganzen Region zu uns kommen. Darum war der Wechsel der Bewohnenden im Werkhof A3 hier nicht so deutlich spürbar. Es kamen schon vorher auch Familien, Frauen und Kinder zu uns.

Könnt ihr alle diesen Menschen auch bei der Integration helfen?
Seit Anfang an unterstützt unsere Gruppe gef lüchtete Menschen bei der Integration. Dazu gehört das Verständnis für die Schweiz und die Gepflogenheiten. Die Menschen wollen rasch arbeiten und unabhängig sein. Dabei gibt es viele, teilweise unsichtbare Hürden. Nebst der Sprache gibt es viele Faktoren, die darüber entscheiden, ob und wie schnell die Menschen sich selbständig zurechtfinden. Die meisten unserer Freiwilligen unterstützen darum bewusst auch einmal bei der Stellensuche oder bei einem Verständigungsproblem mit einer Behörde. Wir wählen dabei niederschwellige Ansätze, rufen einmal in Vertretung an oder nutzen unsere eigenen Kontakte, zum Beispiel wenn es um die Suche einer Arbeitsstelle, einer Wohnung oder einfach eines Gegenstandes zur Ausleihe geht. Daraus sind viele schöne Kontakt entstanden, die weit über unsere Beziehung im Treffpunkt hinausgehen. Wir konnten für viele Menschen eine Lehrstelle finden, die allermeisten haben sie erfolgreich abgeschlossen. Andere fanden dank ersten Einsätzen, die wir vermittelt haben, eine dauerhafte Arbeitsstelle. Wieder andere sind in Vereine eingetreten und haben ausserhalb unserer Strukturen ein völlig neues Umfeld mit Einheimischen aufgebaut. Gewissermassen fangen wir auch auf, wo die staatlichen Strukturen zu wenige Ressourcen haben oder wenn einzelne Betreuende nicht willens sind, die Notwendigkeit der Unterstützung zu erkennen.

Die Kontaktgruppe und der Treffpunkt funktionieren sicher auch nur, wenn genügend Leute ihre Zeit für die geflüchteten Menschen zur Verfügung stellen.
Wir sind immer auf der Suche nach Verstärkung. Gerade auch, weil es nie zu viel Kontakt zu Einheimischen geben kann. Neue Freiwillige bringen neue Erfahrungen und Wissen mit in die Gruppe. Das ist auch für unsere Teilnehmenden äusserst wertvoll. Wir können nicht erwarten, dass sich Menschen in einem hohen Mass für ein Engagement verpflichten. Wünschenswert ist sicher, dass eine Beziehung entstehen kann, indem neue Freiwillige vielleicht zweimal im Monat bei uns mithelfen. In unseren Angeboten sind aber auch Einsätze von lediglich einmal pro Monate oder im Quartal möglich.

Welche Voraussetzungen müssen die Freiwilligen mitbringen?
Um bei uns mitzumachen, braucht es lediglich die notwendige Offenheit und etwas Neugier, vermeintlich fremden Menschen zu begegnen und voneinander lernen zu wollen. Gerade auch für die Sprachkurse am Dienstagmorgen wird nicht vorausgesetzt, dass Freiwillige schon Erfahrung mit dem Unterrichten haben.

Was freut besonders?
Besonders wertvoll an unserem Treffpunkt ist, wenn Menschen, die früher bei uns um Rat suchten, heute selbst anderen Menschen, nicht einmal zwingend aus der gleichen Kultur, ihr Wissen und ihre Erfahrung weitergeben. Diese Kontakte und Begegnungen entstehen an solchen Orten und haben einen grossen Einf luss auf das Zusammenleben.


Treffpunkt im ACLI

Der Treffpunkt ACLI in Frick ist jeweils am Dienstagmorgen und am Donnerstagabend geöffnet. Am Dienstag liegt der Fokus auf dem Spracherwerb, das heisst in mehreren Gruppen, aufgeteilt nach Niveau, lernen die Teilnehmenden primär über Konversation die deutsche Sprache. «Wir orientieren uns dabei an alltagsnahen Situationen. Interessierte können jederzeit dazustossen, müssen sich dann mit dem offiziellen Start aber etwas gedulden, weil wir immer wieder eine Warteliste einführen müssen», so Rolf Schmid von der Kontaktgruppe. Am Donnerstagabend findet der eigentliche Treffpunkt statt. Ab 18 Uhr treffen sich Menschen aus über zehn Ländern bei Kaffee, Tee und Gebäck. «Wir diskutieren über verschiedene Themen, machen Spiele oder kochen leckere Gerichte aus der ganzen Welt. Ab und an gibt es ein Spezialprogramm, etwa einen Bingo-Abend oder wie kürzlich einen thematischen Dorfrundgang.» (sh)


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote