«Es ist schön, wenn man helfen kann»
10.02.2024 RheinfeldenHilfsprojekt von Sarah und Christoph Roduner
Seit vielen Jahren setzen sich Sarah und Christoph Roduner aus Rheinfelden für ein Dorf in Äthiopien ein. Sie wollen den jungen Menschen im bürgerkriegsgeplagten Land eine Perspektive geben.
Valentin Zumsteg
...Hilfsprojekt von Sarah und Christoph Roduner
Seit vielen Jahren setzen sich Sarah und Christoph Roduner aus Rheinfelden für ein Dorf in Äthiopien ein. Sie wollen den jungen Menschen im bürgerkriegsgeplagten Land eine Perspektive geben.
Valentin Zumsteg
Sarah Roduner lacht gerne – doch wenn sie an ihr Heimatland Äthiopien denkt, wird sie ernst. «Derzeit geht es dort ganz schlecht. Es herrscht Bürgerkrieg und es gibt viele politische Probleme. Darunter leiden die Menschen», erklärt die 48-Jährige. Über 500 000 Menschen dürften bislang im Krieg getötet worden sein – weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit. Ein grosser Teil der Bevölkerung lebt noch immer in grösster Armut. «Da geht es nur darum, den Alltag zu meistern und genug zum Überleben zu haben», sagt Sarah Roduner.
Mädchen können in die Schule gehen
Sie ist in Äthiopien mit zwölf Geschwistern aufgewachsen. Das Land, das über 120 Millionen Einwohner und rund 90 verschiedene Ethnien zählt, liegt im Nordosten des Kontinents. Der Vielvölkerstaat gilt als eine der Wiegen der Menschheit und als Herkunftsland des Kaffees. 1996 hat Sarah ihre Heimat verlassen, um in Paris Französisch zu lernen und zu arbeiten. Als sie 2001 eine Cousine in Basel besuchte, lernte sie Christoph Roduner aus Rheinfelden kennen. Es war Liebe auf den ersten Blick, wie die beiden mit einem Lachen erzählen. Von da an reiste Christoph, der bei einer Bank arbeitet, fast jedes Wochenende nach Paris – oder Sarah kam in die Schweiz. Später verlegte sie ihren Wohnsitz nach St. Louis, um den Weg abzukürzen. 2005 heirateten sie schliesslich und Sarah zog zu Christoph nach Rheinfelden.
An der Hochzeit wurde der Grundstock für ihr späteres Hilfsprojekt gelegt: Die beiden verzichteten auf Geschenke, sammelten aber Spenden für Äthiopien. So kamen 15 000 Franken zusammen. Damit finanzierten sie unter anderem eine Wasserleitung ins Dorf Korke, in dem Sarah Roduner zuletzt in Äthiopien gelebt hatte. «Bevor es die Leitung gab, brauchte es einen Marsch von fünf Kilometern, um Wasser zu holen. Das mussten vor allem die Mädchen machen, deswegen konnten viele von ihnen nicht in die Schule», erzählt Christoph Roduner. Seit es fliessendes Wasser gibt, können alle den Unterricht besuchen. Das führte zum zweiten Projekt: Sarah und Christoph sammelten erneut Geld, um das Schulgebäude zu erweitern und eine Oberstufe zu ermöglichen. Heute gibt es dort auch eine Bibliothek.
Damit ist die Schulbildung gesichert – doch wie geht es danach weiter? Mit dieser Frage beschäftigten sich Sarah und Christoph Roduner, die einen gemeinsamen Sohn haben, ebenfalls. Ihr nächstes Projekt war eine Bäckerei, die sowohl Arbeitsals auch Ausbildungsplätze bietet: «Wir wollen den Jugendlichen eine Perspektive geben.» Mittlerweile verfügt die Bäckerei auch über ein Auto, das für den Warentransport verwendet werden kann.
«Es braucht erst Frieden»
Das Dorf hat sich unter anderem dank diesen Investitionen stark entwickelt. Vor ein paar Jahren zählte es erst rund 3000 Einwohner, mittlerweile sind es zirka 7000. Sarah und Christoph Roduner haben bereits weitere Pläne: Sie möchten die Bäckerei zu einem Gewerbezentrum erweitern, das Platz für zahlreiche kleine Werkstätten und Geschäfte bietet. Eine grosse Solaranlage soll für den Strom sorgen, denn die Elektrizitätsversorgung ist heute unzuverlässig. Doch durch die Kriegswirren lässt sich dieses Projekt derzeit nicht umsetzen. «Es braucht erst Frieden», sagt Sarah Roduner. Deswegen beschränkt sich das Engagement derzeit auf Nothilfe. Sarah und Christoph Roduner übernehmen – dank Spenden aus der Schweiz – beispielsweise die Kosten für das Mittagessen von über 30 Schulkindern, die sonst hungrig bleiben würden.
Sarah Roduner lebt gerne in Rheinfelden, es ist ihre neue Heimat geworden. Doch ihr Herz schlägt auch für Äthiopien. Deswegen sagt sie: «Es ist schön, wenn man helfen kann.» Zusammen mit ihrem Mann tut sie das tatkräftig.
Kaffee mit Weihrauch und Popcorn
Äthiopien gilt als Ursprungsland des Kaffees. Der Genuss des heissen Getränks wird traditionellerweise bei einer Zeremonie gepflegt. Beim Besuch der NFZ gibt Sarah Roduner einen Einblick in das Ritual: Auf einer kleinen Herdplatte am Boden wird das Wasser in einer Jabana (ein bauchiges Gefäss mit einem langen schmalen Hals und einem separaten Ausguss) zum Kochen gebracht. Wenn das Wasser kocht, wird das Kaffeepulver durch den langen Hals der Jabana hineingegeben und mehrfach aufgekocht. Gleichzeitig wird in einer Schale Weihrauch verbrannt, so dass sich der Duft von Kaffee und der Weihrauch mischen. Der Kaffee wird anschliessend in kleinen henkellosen Tassen – meist mit etwas Zucker – genossen. Dazu isst man nichts Süsses, sondern Popcorn. Normalerweise werden drei Tassen pro Zeremonie getrunken. (vzu)