«Es darf nicht sein, dass Armut vererbt wird»
16.09.2023 FricktalNationalratskandidat Andreas Fischer Bargetzi, Grüne, Möhlin
«Neutral ist man nicht, wenn man allen Waffen verkauft, sondern niemandem», findet Andreas Fischer Bargetzi. Wofür er sich als Nationalrat einsetzen würde und wofür er «sehr ...
Nationalratskandidat Andreas Fischer Bargetzi, Grüne, Möhlin
«Neutral ist man nicht, wenn man allen Waffen verkauft, sondern niemandem», findet Andreas Fischer Bargetzi. Wofür er sich als Nationalrat einsetzen würde und wofür er «sehr gerne» Radiound TV-Gebühren zahlt – das sagt der Grüne-Politiker im Interview.
Ronny Wittenwiler
NFZ: Andreas Fischer Bargetzi, in welcher Hinsicht kann sich die heutige Klimajugend von der Generation ihrer Grosseltern eine Scheibe abschneiden?
Andreas Fischer Bargetzi: In jeder Generation gibt es Menschen, die umsichtig mit anderen und der Umwelt umgehen und solche, die nur an sich selber denken. Der Grossvater meiner Kinder zum Beispiel war an der Waldschadenforschung beteiligt und hat mich schon früh gelehrt, dass wir den Wald respektive die Natur bewahren müssen. Damals war auch der sparsame Einsatz von Ressourcen (Energie, Wasser, Essen…) ein grosses Thema – das sollten wir uns auch heute beherzigen.
Welche Menschen im Fricktal würden von Ihrem Wirken als Nationalrat profitieren und warum?
Als Nationalrat würde ich mich – wie ich das jetzt schon als Grossrat tue – für eine solidarische Gesellschaft einsetzen. Fairness und Chancengleichheit sind zwei zentrale Begriffe für mich. Es darf nicht sein, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht und Armut vererbt wird. Hier muss die Politik für Ausgleich sorgen. Und der schulische und beruf liche Erfolg darf nicht von der Herkunft abhängen.
Wie soll die Schweiz künftig ihre Beziehungen zur EU regeln?
Wir sind keine Insel, sondern Teil von Europa. Wenn wir von den Errungenschaften der EU profitieren möchten, müssen wir auch unseren Beitrag leisten. Das heisst aber nicht, dass wir unsere Errungenschaften, wie den Lohnschutz oder die direkte Demokratie, opfern sollten. Einen Beitritt zur EU, wie sie sich derzeit präsentiert, würde ich nicht befürworten. Aber wir brauchen ehrliche, offene Verhandlungen auf Augenhöhe, um die Beziehungen zu unseren Nachbarn wieder zu verbessern.
Wie soll die Schweiz die Neutralität handhaben?
Neutral ist man meines Erachtens nicht, wenn man allen Parteien Waffen verkauft, sondern niemandem. In Konflikten sollte sich die Schweiz stets um den Schutz und die Grundrechte der Menschen bemühen. Daher würde ich zum Beispiel einen Export von Schutzwesten, gepanzerten Krankenwagen oder Ähnlichem an die Ukraine zustimmen. Und wir sollten uns humanitär stärker engagieren. Wichtig ist zudem, dass man Unrecht klar benennt und verurteilt – auch wenn das den eigenen Wirtschaftsinteressen vielleicht schadet.
Welche Sendung auf SRF1 oder SRF2 ist Ihnen die jährliche Fernsehgebühr besonders wert, und was halten Sie grundsätzlich von der Radio- und TV-Gebühr?
Ich bin ein grosser Fan von Kultursendungen und Dokumentarfilmen. Öffentlich-rechtliche Fernsehsender sollten zudem Nachrichten- und Hintergrundsendungen von hoher Qualität ausstrahlen. Dafür zahle ich sehr gerne Radiound TV-Gebühren, es ärgert mich aber manchmal, in welch seichte Formate diese investiert werden. Vor allem brauchen wir Medien, die nicht von der politischen Haltung der Eigentümerschaft abhängig sind – abschreckende Beispiele gibt es genug.
Ganz zum Schluss: Klimakleber bewirken bei ihren Adressaten (Autofahrer) kein Umdenken, sondern provozieren vielmehr Trotzreaktionen. Ja oder nein – und weshalb?
Gegenfrage: Würden Medien und Öffentlichkeit mit der gleichen Intensität über diese Menschen diskutieren, wenn sie mit Transparenten am Strassenrand stehen würden? Und wir im Fricktal wissen, dass heute in Kaiseraugst ein AKW stehen würde, wenn nicht mutige Menschen dies mit einer gewaltfreien Besetzung verhindert hätten. Teilweise kann ich den Frust dieser Leute verstehen: Angesichts des fortschreitenden Klimawandels drängt die Zeit, doch Gesellschaft und Politik reagieren äusserst träge. Aber klar: Wenn man nur über die Botinnen und Boten und kaum über die Botschaft spricht, muss man sich schon überlegen, ob es die richtige Protestform ist.
Andreas Fischer Bargetzi
Alter: 46
Beruf: Archäologe
Politische Tätigkeit: Grossrat, Präsident NWA (Nie wieder Atomkraftwerke) Schweiz.
Hobbys: Volleyballtrainer, Gartenarbeit.
Familie: verheiratet, drei Kinder