Er will Familien mit Kleinkindern zu besserem Schlaf verhelfen
17.09.2025 PersönlichAls Kinderarzt trifft Oliver Gemperle aus Zeiningen täglich Familien, bei denen der Schlaf ihrer Babys und Kinder ein grosses und oft belastendes Thema ist. Mit der «baby-sleepdoctors»-App sollen Kleinkinder besser ein- und durchschlafen können.
Janine Tschopp
...Als Kinderarzt trifft Oliver Gemperle aus Zeiningen täglich Familien, bei denen der Schlaf ihrer Babys und Kinder ein grosses und oft belastendes Thema ist. Mit der «baby-sleepdoctors»-App sollen Kleinkinder besser ein- und durchschlafen können.
Janine Tschopp
Oliver Gemperle erzählt von ein paar Schlüsselmomenten in den letzten Jahren, die ihm für das grosse Projekt Mut gemacht haben. So war er 2017 Teilnehmer an einem Pädiatrie-Kongress in Obergurgl mit weiteren 300 Kinderärzten. Einer der Referenten war Bertrand Piccard, der von seinen Visionen und der Weltumrundung mit dem Solar-Flugzeug erzählte. «Später auf der Skipiste kam mir dann der Gedanke, dass es eigentlich gar nicht so schwierig ist, eine Erfindung umzusetzen, wenn man ein gutes Team hat.» Als ein Jahr später – am selben Kongress – eine Berliner Professorin berichtete, dass die Digitalisierung in der Medizin in den folgenden Jahren immer wichtiger würde, war Oliver Gemperle von seiner Idee noch stärker überzeugt.
Von Anfang an grosses Interesse
Oliver Gemperle begann seine Idee zu konkretisieren und für das Projekt interessierte Personen zu suchen. Schnell wurde er fündig und zusammen mit Studierenden der FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz) und ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) ging die Schweizer Schlaf beratungs-App 2019 in die Startphase. «Das Interesse der Studierenden an den Fachhochschulen war von Anfang an gross», erzählt der Kinderarzt. 2020 folgte die Gründung der baby-sleep-doctor GmbH. Vom Hightech Zentrum Aargau erhielt das Unternehmen finanzielle Unterstützung, um in die Programmierung der App investieren zu können.
Die Weiterentwicklung lief auf Hochtouren. So wurden von Studentengruppen Businesspläne sowie Markt- und Konkurrenzanalysen erstellt. Zudem konnte das Unternehmen die Unterstützung von Innosuisse und des Kinderspitals Zürichs gewinnen.
Derzeit befindet sich die App in der Testphase. Oliver Gemperle führt aus: «Die Premium-Version unserer App kann im Oktober und November 2025 kostenlos getestet werden. Ab 1. Dezember wird sie kostenpflichtig sein.»
Warum eine App?
Die Idee der App ist, Familien mit Kleinkindern einen besseren Schlaf und somit mehr Lebensqualität zu ermöglichen. Als Kinderarzt und Schlafexperte weiss Oliver Gemperle, dass jedes dritte Kind bis vierjährig unter Schlafproblemen leidet. Dies führt auch zu Schlaf losigkeit bei Eltern, die wiederum zu Stress, Freudlosigkeit bis hin zur Depression führen kann.
Bisherige Methoden, das Schlafproblem bei Kleinkindern in den Griff zu bekommen, basieren auf manuellem Erfassen des Schlafverhaltens. Die neue App soll weltweit – so lautet das Versprechen des Unternehmens – rund 300 000 Familien pro Jahr zu besserem Schlaf verhelfen. «Die App ist günstiger und niederschwelliger als ein Besuch in der Arztpraxis.»
Wie Gemperle erzählt, gibt es weltweit auch andere Schlaf-Apps. Das Spezielle an der App seines Unternehmens sei das Zürcher-3-Stufen-Beratungskonzept. In der App wird in der ersten Phase der grundsätzliche Schlafbedarf des Kindes ermittelt. Dann trainiere man einen gewissen Rhythmus, welcher individuell auf das Kind angepasst ist. Bei der dritten Phase gewöhnt man das Kind daran, selbstständig einzuschlafen. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) gibt die App unter anderem Vorschläge, wie das Schlaf-Wach-Verhältnis des Kindes angepasst werden könnte. Auch können Eltern mit der App auf einfache Art während zwei Wochen ein 24-Stunden-Protokoll erstellen, welches anschliessend durch KI ausgewertet wird. Die erhobenen Daten können als Basis für die Beratung beim Kinderarzt oder beim Schlaftherapeuten dienen.
Gemperle ist mit der ersten Testphase sehr zufrieden: «Bisher wurde die App durch zwölf Familien über mehrere Wochen getestet, bei elf Familien hat das Kind danach besser geschlafen.»
Traumberuf: Kinderarzt
Oliver Gemperle interessierte sich schon früh für Biologie und Medizin. «Der Mensch ist ein Wunder», kommt er heute noch ins Schwärmen. Als Jugendlicher wusste er, dass ihn ein Beruf in Zusammenhang mit Kindern interessieren würde. Er entschied sich nicht für Lehrer, sondern für Kinderarzt. Nach dem Studium arbeitete er zuerst in der Kinderchirurgie. Während einiger Jahre war er auch in Spitälern in Israel und Afrika tätig, eineinhalb Jahre davon in Madagaskar, wo er im Spital in Mandritsara als Oberarzt Pädiatrie viel Entwicklungshilfe leistete.
Zurück in der Schweiz begann er 2007 als Kinderarzt in der Gemeinschaftspraxis «Villa Vesta» in Rheinfelden und seit 2020 bei «Kinder- und Jugendärzte am Werk».
«Als ich noch im Spital tätig war, arbeitete ich manchmal bis zu 100 Stunden in sieben Tagen», erinnert sich der leidenschaftliche Arzt. Er war sehr glücklich, als er – nach vielen Jahren im Spital – die Arbeit in der Praxis wieder aufnehmen durfte. Auch heute noch erfüllt sie ihn sehr. «Es ist sehr vielseitig und man kann jeden Tag helfen.»
Helfen will der Kinderarzt aus St. Gallen, der seit 2011 mit seiner Familie in Zeiningen wohnt, auch mit der «baby-sleep-doctors»-App. Er will damit nicht nur jährlich weltweit 300 000 Familien zu besserem Schlaf verhelfen. Nachhaltig möchte er auch die Lebensqualität der Familien verbessern und die Gesundheitskosten senken. «Zudem sollen in Zukunft 30 Prozent der durch die App generierten Gewinne in Kinderprojekte f liessen», erklärt Oliver Gemperle.
www.baby-sleep-doctors.ch oder Instagram: @babysleepdoctors
«baby-sleepdoctors»-App in der «Höhle der Löwen Schweiz»
Oliver Gemperle durfte die Geschäftsidee seiner Schlaf-App für Kleinkinder kürzlich in der 3+-Sendung «Die Höhle der Löwen Schweiz» vorstellen. Bei dieser Sendung präsentieren Gründerinnen und Gründer von Start-Ups ihre Projekte und versuchen, Investoren und Investorinnen von ihrer Geschäftsidee zu überzeugen. Ob Oliver Gemperle dies geschafft hat oder nicht, darf er noch nicht verraten. Die Folge mit seinem Auftritt und den Reaktionen allfälliger Geldgeber wird am 23. September 2025, um 20.15 Uhr auf dem Fernsehsender 3+ ausgestrahlt. (jtz)

