Er gewinnt Radrennen, ohne den Beruf zu vernachlässigen
19.07.2025 PersönlichCyrill Steinacher gibt Wissen an junge Fahrer weiter
Der Fricktaler Radrennfahrer Cyrill Steinacher reitet im Moment auf einer Erfolgswelle. Der in Brugg lebende Sulzer gewann das Pfingstrennen von Ehrendingen, holte sich den Sieg in den drei ersten Brugger Abendrennen und wurde vor Wochenfrist in Kaisten auch Aargauermeister.
August Widmer
«Mit 26 Jahren bin ich, realistisch gesehen, zu alt, um noch als Profi unterzukommen. Für mich ist das also kein Thema mehr», macht Cyrill Steinacher gleich zu Beginn des Gespräches klar. Der Sulzer fährt einfach gerne Radrennen und gibt sein Wissen auch an die jungen Fahrer weiter: «In der Sportgruppe Bauer-Sport/Glatttal-Garage in Wettingen, für die ich die zweite Saison bestreite, bin ich der älteste und erfahrenste Fahrer. Meine Team-Kollegen sind fast alle im U-23-Alter. Da kann ich ihnen einiges vermitteln.»
Aus der Radsportschule hervorgegangen
Von den Jungen kommt oftmals auch etwas zurück: «Ich hätte am Pfingstmontag in Ehrendingen nicht gewonnen, wenn mich meine Teamkollegen nicht unterstützt hätten. In der Spitzengruppe, aus der ich zwei Runden vor Schluss mit einem anderen Fahrer entwischen konnte, waren zwei meiner Teamkollegen dabei. Sie haben dafür gesorgt, dass es mit der Nachführarbeit nicht mehr klappte.» Steinacher kann allerdings auch alleine gewinnen: Als er bei den drei ersten Brugger Abendrennen obenaus schwang, war er meistens der einzige seines Teams, der an den Start ging.
In der Radsportschule Sulz-Gansingen kam Steinacher als Jugendlicher mit dem Radsport in Kontakt: «Da ich rasch Erfolg hatte, durchlief ich alle Kategorien. Jetzt bin ich bei der nationalen Elite angelangt und so wird es auch bleiben.»
Im Juniorenalter duellierte sich Steinacher oft mit Doppel-Schweizermeister Mauro Schmid, der jetzt die Tour de France fährt. Obwohl er Schmid damals das eine oder andere Mal hinter sich liess, gab Steinacher dem Beruf den Vorrang: «Ich liebe den Radsport zwar noch immer. Aber ich habe stets gearbeitet und so auch den Kontakt zu meinem Beruf nicht verloren.» Seit bald vier Jahren ist Steinacher bei der IBB, den Industriellen Betrieben Brugg, im Controlling mit einem 80-Prozent-Pensum angestellt.
Corona hatte Einfluss
Die Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 trug dazu bei, dass aus Cyrill Steinacher kein Profi, sondern ein guter Elite-Fahrer wurde: «In den Corona-Jahren war ich noch jung genug, um irgendwo als Profi unterzukommen. Aber wegen der Pandemie war die Renn-Saison in diesen Jahren kurz. Da hatte man nur wenig Chancen, sich an Rennen zu zeigen. Die Talent-Späher, die es inzwischen in jeder Profi-Mannschaft gibt, konnte man so kaum auf sich aufmerksam machen.»
Steinacher fand 2021 für kurze Zeit Unterschlupf in einem in Neuseeland lizenzierten Conti-Team: «Das war ein richtiges Abenteuer. Rennen in Übersee bestritt ich für das Team keine. Aber einige Male konnte ich in Europa für diese Mannschaft starten. Da merkte ich, dass vieles nicht organisiert und chaotisch war». Nach diesen dürftigen und abenteuermässigen Erfahrungen setzte der gelernte Kaufmann auf den Beruf: «Ich machte eine Zusatzausbildung im Rechnungswesen und arbeite nun an vier Tagen in der Woche im Controlling». Auf den Radsport verzichtet hat Steinacher deshalb nicht: «Ich fühle mich in der derzeitigen Situation wohl. Ich bin in einem nationalen Team, fühle mich dort gut aufgehoben und kann die Rennen in der Schweiz bestreiten. Das gefällt mir. Ich muss mit dem Radsport kein Geld verdienen.»
Bahnfahrer aus dem Fricktal
Auch auf der offenen Rennbahn in Zürich-Oerlikon ist Steinacher zu Hause. Er startet zwischen Mai und September jeden Dienstagabend an den Bahnrennen. Seit zwei Jahren fährt er auch Steher-Rennen: «Hinter dem Motorrad mit hoher Geschwindigkeit zu fahren, verlangt Mut und Erfahrung. Bei 70 km/h fühle ich mich noch ganz wohl. Wenn drei Steherpaare mit 90 km/h miteinander in die Kurve liegen, kann es manchmal schon ganz kribbelig werden.»
Mit Dino Rey hat Steinacher allerdings einen erfahrenen Schrittmacher, auf den er sich verlasssen kann. Eine Medaille an der Steher-Schweizermeisterschaft vom 16. September ist das Ziel. Bis dann sind die Brugger Abendrennen schon ein Monat lang fertig, findet das letzte Rennen doch am 13. August statt. Deshalb ist für Steinacher auch klar: «Bevor ich eine Steher-Medaille hole, möchte ich noch die Gesamtwertung der Abendrennen gewinnen.» Die Gesamtwertung führt er nach den Siegen in den ersten drei Abendrennen an. Von den fünf noch anstehenden Rennen wird Steinacher deren vier bestreiten. Das sollte für den Gesamtsieg genügen. Schliesslich liess der Sulzer an der Aargauermeisterschaft in Kaisten auch Robin Kull (Villmergen), den letztjährigen Gesamtsieger der Brugger Abendrennen, hinter sich.