Einen Weg gehen – seinen eigenen

  04.01.2025 Fricktal

Leitartikel zum Jahresanfang

Walter Herzog

Wenn ein Kind als erstes in ein Neuschneefeld springt, freut es sich über seine Spuren, die es hinterlässt. Ein Fussabdruck hier, ein zweiter dort, vielleicht sogar der Abdruck des ganzen Körpers, nach einem mutigen Sprung in den weichen Schnee. Wunderbar: Eigene Spuren in der unberührten Natur!

Später im Leben wird es zunehmend schwieriger, mit den eigenen Spuren. Vieles ist oder wird vorgespurt. Von den Eltern, den Erwartungen der Gesellschaft oder den Normen der Schule: «Dies macht man nicht, dies gehört sich nicht» oder «dies stört die Anderen», heisst es oft. Häufig werden dabei den heranwachsenden jungen Menschen enge Grenzen gesetzt. Zu enge?

Ein Verhalten nach der «Norm» wird angestrebt, trainiert und verlangt. Aber bleiben da nicht die Individualität und Kreativität jedes Einzelnen teilweise auf der Strecke? Jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeit, seine Stärken und Schwächen und seine ihm eigene Art.

Gewiss, immer gemeinsam in einer Gruppe unterwegs zu sein, den allgemeinen Normen und Erwartungen zu entsprechen und einem Leader zu folgen, erweist sich auf den ersten Blick für die meisten als viel einfacher und angenehmer. Doch Hand aufs Herz, ist dieser gemeinsame Weg in der Gruppe immer auch für jedermann und jede Frau das Allerbeste? Entspricht dies denn auch wirklich in jedem Fall den eigenen Zielen und wahren Bedürfnissen? Oder kann es sein, dass man diesen Weg einfach mitgeht, weil er am bequemsten ist? Der Weg des geringsten Widerstands?

Wie viel anstrengender hingegen kann es sein, einmal einen anderen, einen eigenen Weg zu gehen. Möglicherweise ist man dabei auf sich allein gestellt und der Weg führt ins Unbekannte.

Ja, dies kann so sein. Doch vielleicht kann nur dieser, zuweilen beschwerlichere, eigene Weg einem dorthin führen, wo man im Leben wirklich hinwill. Dort, wo die individuellen Lebenserwartungen und -wünsche auch wirklich erfüllt werden.

Diesen eigenen Weg zu gehen, erfordert zuweilen Mut und viel Energie, kann jedoch auch ungeahnte Kräfte und viel Kreativität entfalten.

Nach dem ersten Schritt in eine neue, eigene Richtung, folgt der zweite und der dritte – und plötzlich erreicht man, dank viel Ausdauer und Energie, seinen bisher als «unmöglich» geglaubten Berufswunsch, nimmt eine abenteuerliche Reise in Angriff – alleine, zu zweit oder mit der Familie – geht eine Freundschaft ein mit einer besonderen Person, erlernt im Alter ein seltenes Musikinstrument, startet ein ausgefallenes Hobby, lernt eine neue Sprache kennen, setzt eine verrückte Idee um oder beginnt ein gewagtes Unternehmen.

Plötzlich spürt man auf diesem eigenen Weg möglicherweise auch eine grosse Zufriedenheit, Freude und Gefühle des Glücks – so wie das Kind mit seinen Sprüngen im Neuschnee, die Spuren hinterlassen.

Die ersten Tage im Jahr haben gerade begonnen. Es bleiben also noch viele weitere Tage, um einen neuen Weg zu gehen – seinen eigenen.

 


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