«Der wichtigste Entscheid seit Jahrzehnten»

  07.03.2024 Rheinfelden, Gemeinden

«Der wichtigste Entscheid seit Jahrzehnten»

 

Interview mit dem Rheinfelder Stadtammann Franco Mazzi zur «Neuen Mitte»

 

Am 26. März entscheidet eine ausserordentliche Einwohnergemeinde-Versammlung über die ersten drei Geschäfte im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Rheinfelder Bahnhofareals. «Es geht um viel», sagt Stadtammann Franco Mazzi.

Valentin Zumsteg

NFZ: Herr Mazzi, was verspricht sich der Stadtrat von der Entwicklung des Bahnhofs und der umliegenden Areale für die Zukunft von Rheinfelden?
Franco Mazzi:
Der Bahnhof ist wichtig für den Standort Rheinfelden. Wenn man die Bewohnerinnen und Bewohner fragt, warum sie in Rheinfelden leben, dann sind die guten Verkehrsverbindungen mit dem öffentlichen Verkehr einer der Hauptgründe. Wir müssen den Bahnhof und die umliegenden Areale jetzt fit für die Zukunft machen. Der Kanton und die SBB rechnen mit einer Zunahme der Personenfrequenzen beim Bahnhof Rheinfelden um rund 50 Prozent in den nächsten 20 Jahren. Dazu braucht es nicht nur gute Verbindungen mit der Bahn, sondern auch einen funktionierenden Busbahnhof.

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger entscheiden an einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung am 26. März über drei Geschäfte im Zusammenhang mit dieser «Neuen Mitte». Wie zuversichtlich sind Sie, dass es grünes Licht gibt?
Zustimmung gibt es dann, wenn die Stadt gut informiert und gute Argumente präsentieren kann. Wir haben uns sehr lange mit dem Thema «Neue Mitte» beschäftigt und wir sind überzeugt, dass wir über gute Argumente für das Projekt verfügen und diese auch gut kommuniziert haben und weiter kommunizieren werden. Deswegen bin ich zuversichtlich und hoffe, dass wir die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger erhalten werden. Es ist der wichtigste Entscheid seit Jahrzehnten.

Rechnen Sie mit Widerstand gegen einzelne Punkte?
Es wird wohl zu einzelnen Punkten Fragen geben. Wir hoffen aber, dass wir Argumente haben, welche die Bürgerinnen und Bürger überzeugen.

Gehen wir etwas ins Detail: 3,95 Millionen Franken beantragt der Stadtrat für den Kauf der Liegenschaft Quellenstrasse 1 (ehemaliges Restaurant Quelle). Ist das nicht ein stolzer Preis für ein Gebäude, das danach abgebrochen werden soll, damit dort der Busbahnhof gebaut werden kann?
Es ist der Preis, den wir bezahlen müssen, für ein Gebäude, das heute ein funktionierendes Büro mit modernem Standard ist. Wenn wir dort den Busbahnhof realisieren wollen, dann müssen wir dieses Geld in die Hand nehmen. Ohne den Abbruch der bestehenden Liegenschaft lässt sich das Projekt nicht realisieren. Der Preis wird gestützt von einer Schatzung – und wir konnten ihn noch etwas nach unten verhandeln.

Beim Areal rund um den Bahnhofsaal ist eine Teiländerung der Bau- und Nutzungsordnung vorgesehen, dadurch soll dort mehr gebaut werden können, als dies mit der aktuellen BNO möglich wäre. Wieso braucht es das, wieso reicht die heutige Ausnützung nicht?
Raumplanerisch ist es sinnvoll, an jenen Orten zu verdichten, die mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossen sind. Das beabsichtigt die Realstone SA als Eigentümerin mit ihrem Projekt; nicht zuletzt auch, weil die Stadt gesagt hat, an diesem Standort sollte man verdichten.

Die Realstone SA kann dadurch mehr Wohnungen und Geschäftsräume bauen und eine höhere Rendite erwirtschaften. Was hat die Stadt davon?
Wir haben mit der Eigentümerin eine Mehrwertabgabe verhandelt, dadurch können wir den Bahnhofsaal günstiger kaufen. Den entsprechenden Kaufvertrag hat die Stadt bereits abgeschlossen. Dieser tritt aber nur in Rechtskraft, wenn die Gemeindeversammlung der Teiländerung der BNO zustimmt.

Vorgesehen ist ein Kaufpreis von 2,2 Millionen Franken für den Bahnhofsaal. Abzüglich der Mehrwertabgabe resultiert ein Nettopreis von einer Million Franken, welche die Stadt bezahlen muss. Ist das aus Ihrer Sicht ein guter Preis?
Ja, die Million Franken, die wir netto bezahlen müssen, ist ein guter Preis.

Wieso will der Stadtrat bei der geplanten Überbauung rund um den Bahnhofsaal keine Vorgaben zu den Mietpreisen machen?
Die Stadt erhält als Mehrwertabgabe den tieferen Kaufpreis für den Bahnhofsaal. Damit haben wir unsere Möglichkeiten ausgeschöpft. Die Realstone SA hat aber alles Interesse daran, dass sie die geplanten neuen Wohnungen zügig vermieten kann. Da soll der Markt spielen.

Wenn die Stadt den Bahnhofsaal wie geplant kaufen kann, soll er anschliessend für rund zehn Millionen Franken saniert werden. In welcher Frist soll das geschehen?
Die Realstone SA braucht den Bahnhofsaal als eine Art Baubüro während der Realisierung ihrer Überbauung. Der Saal wird der Stadt erst abgetreten, wenn die neuen Gebäude erstellt sind. Wir rechnen damit, dass wir ab 2027 mit der Sanierung beginnen können. Diese wird voraussichtlich zwei Jahre in Anspruch nehmen. Der Bahnhofsaal steht also ein paar Jahre nicht zur Verfügung.

Direkt gegenüber des alten Bahnhofgebäudes will die Realstone SA einen Kopfbau mit einer Höhe von rund 26 Metern erstellen. Ist das an diesem Standort nicht zu hoch?
Nein, das ist nicht zu hoch. Es ist ein markanter Eckbau, der Identifikationspotential hat. Ich bin überzeugt, dass die geplante Höhe an diesem Standort gut verträglich ist.

Beim dritten Geschäft geht es um einen Verpflichtungskredit über 550 000 Franken für die Erarbeitung eines Betriebskonzepts und die Durchführung eines Projektwettbewerbs zur Sanierung des Bahnhofsaals. Auch das scheint ein hoher Betrag zu sein.
Es müssen verschiedene wichtige Fragen beantwortet werden: Was soll aus dem Bahnhofsaal künftig werden? Welche baulichen Massnahmen sind nötig, damit der Saal wieder funktioniert? Wie wird er saniert? Und schliesslich auch: Wie wird der Saal in Zukunft betrieben? Wir brauchen diesen Kredit, um die Fragen fundiert beantworten zu können.

Wenn es an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 26. März bei allen drei Geschäften Zustimmung gibt, wie geht es dann weiter?
Wenn der Beschluss der Gemeindeversammlung rechtskräftig ist, muss die Zonenplan-Ä nderung auch noch vom Regierungsrat bewilligt werden. Parallel dazu muss der Stadtrat den Gestaltungsplan genehmigen, gleichzeitig kann die Realstone SA ihr Baugesuch einreichen. Wenn alles rund läuft, könnte die Realstone SA voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 mit dem Bau beginnen.

Wie wäre die Situation, wenn am 26. März einer der Anträge abgelehnt würde?
Alle Anträge sind miteinander verknüpft. Ein Nein bei einem Geschäft würde bedeuten, dass wir mit der ganzen komplexen Aufgabenstellung wieder auf Feld 1 starten müssten. Eine Ablehnung würde uns sehr stark zurückwerfen, sowohl zeitlich als auch finanziell.


Die Weichen für die «Neue Mitte» werden gestellt

Informationsveranstaltung zur ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 26. März

Gleich drei wichtige Geschäfte stehen an der ausserordentlichen Einwohnergemeindeversammlung vom Dienstag, 26. März, im Fokus: der Erwerb der Liegenschaft des ehemaligen Gasthofs «Quelle», die Anpassung der Bau- und Nutzungsordnung für das Areal Bahnhofsaal sowie der Antrag eines Verpflichtungskredits für die Erarbeitung eines Betriebskonzepts und die Durchführung eines Projektwettbewerbs zur Sanierung des Bahnhofsaals, welcher, im Falle der Zustimmung der Gemeindeversammlung zur Anpassung der Bau- und Nutzungsordnung, ins Eigentum der Stadt übergeht. Diese drei Geschäfte legen das Fundament für die Weiterentwicklung der «Neuen Mitte». «Die Realisierung dieses neuen Stücks Rheinfelden ist kein Luxus, sondern notwendig. Sie legt den Grundstein für eine optimierte Verkehrsdrehscheibe und ermöglicht der Stadt Rheinfelden, die Zukunft des Bahnhofsaales als kulturelles und politisches Zentrum zu gestalten», wird Stadträtin Claudia Rohrer, Vorsteherin des Ressorts Bau und Planung, in einer Medienmitteilung zitiert.

Infoveranstaltung und Spaziergang
Vorgängig zur Einwohnergemeindeversammlung findet am Dienstag, 12. März, von 19 bis 21 Uhr im Bahnhofsaal eine Informationsveranstaltung statt, bei welcher der Stadtrat die drei Geschäfte vorstellen und erläutern wird. Anschliessend können Fragen gestellt werden. Verschiedene Expertinnen und Experten sind anwesend, um Auskunft über die einzelnen Planungen zu geben. Zudem findet am Montag, 18. März, um 17 Uhr ein Spaziergang zu Bauhöhen und -dichten in der «Neuen Mitte» statt, Treffpunkt ist beim Infobaum «Neue Mitte» am Bahnhof.

Bis die ersten Bauarbeiten ab 2025 stattfinden können, müssen die drei Planungen Bahnhof, Bahnhofsaal und Roniger-Park auch durch den Regierungsrat bewilligt werden und die Baugesuche für die einzelnen Projekte durch die Stadt Rheinfelden genehmigt werden.

Die drei Geschäfte im Detail
An der ausserordentlichen Einwohnergemeindeversammlung ersucht der Stadtrat im Zusammenhang mit der Arealentwicklung Bahnhof die Kompetenzerteilung, die Liegenschaft Quellenstrasse 1 am Bahnhofplatz zum Preis von 3,95 Millionen Franken zu erwerben. So kann die Stadt die Liegenschaft des ehemaligen Gasthofs Quelle kaufen, die später zurück gebaut wird. Damit wird Platz für den neuen Busbahnhof mit seinen acht Haltekanten geschaffen. Zudem ersucht der Stadtrat die Genehmigung zur Teiländerung der Bau- und Nutzungsordnung betreffend Areal Bahnhofsaal.

Im Weiteren möchte die Stadt Rheinfelden den Bahnhofsaal als identitätsstiftenden Kultur- und Begegnungsort etablieren und ihn so für die nächsten Generationen nicht nur erhalten, sondern auch gestalten. Für die Erarbeitung eines Betriebskonzeptes und die Durchführung eines Projektwettbewerbes zur Sanierung des Bahnhofsaals sei ein Verpf lichtungskredit von 550’000 Franken zu genehmigen. (mgt/nfz)


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