Ein Restrisiko bleibt
27.07.2023 FricktalWie Baufirmen dem Wetter Rechnung tragen
Beim Unwetter vom Montag in La Chaux-de-Fonds haben Sturmböen auch einen Baukran zu Fall gebracht. Die NFZ wollte wissen: Machen sich Fricktaler Bauunternehmen nun noch mehr Gedanken zur Sicherheit?
Simone Rufli
Alle drei befragten Firmen, die Roth Gerüste AG, die Stahlton Bauteile AG und die Erne AG Bauunternehmung weisen darauf hin, dass die Anforderungen punkto Sicherheit bereits sehr hoch seien. Erne, mit zahlreichen Baukränen im Fricktal vertreten, betont: «Wir treffen bereits heute diverse Sicherheitsvorkehrungen. Unsere Kräne montieren wir streng nach den Herstellervorschriften und den geltenden europäischen Normen. Alle unsere Kranführer sind bestens ausgebildet und für die Inbetriebnahme und Ausserbetriebnahme des Krans geschult. Wird ein Kran in einer Sondersituation eingesetzt, lassen wir die sogenannte Balastierung sowie die Turm-Kombination des Krans vom Hersteller berechnen.» Die Mitarbeitenden auf den Baustellen seien es gewohnt, bei jedem Wetter zu arbeiten. «Jedoch wird das Wetter immer unberechenbarer. Dieser Tatsache sollte bei der Terminierung eines Bauprojektes Rechnung getragen werden», hält die Erne Bauunternehmung auf Anfrage fest.
Die Erne AG, die Roth Gerüste AG und die Stahlton Bauteile AG sind sich in einem zentralen Punkt einig: Bei allen Aspekten der Sicherheit und möglichen Anpassungen aufgrund der klimatischen Veränderungen – weisen alle drei Unternehmen auch auf das sogenannte Restrisiko hin. Wie in vielen anderen Bereichen des Lebens müsse man damit leben lernen, dass nicht sämtliche Gefahren abgewendet werden könnten und darauf hoffen, dass schwerwiegende Ereignisse nicht allzu häufig eintreten.
«Verheerend sind vor allem die Böen»
Schäden wie in La-Chaux-de-Fonds gäbe es auch im Fricktal
Wer Baustellen betreibt oder Produkte für den Bau herstellt, muss schon heute strenge Anforderungen erfüllen, wenn es um die Sicherheit geht. Nach dem schweren Unwetter vom Montag im Kanton Neuenburg rechnen zwei Branchenvertreter längerfristig mit weiteren Anpassungen.
Simone Rufli
Am Montag richtete ein Sturm in La Chaux-de-Fonds grosse Schäden an. Ein Baukran stürzte um und tötete einen Menschen, Dächer wurden abgerissen, Bäume entwurzelt, unzählige Gebäude und viele Fahrzeuge wurden beschädigt. Gemäss einem privaten Schweizer Wetterdienst traf eine Böe mit 217 Stundenkilometern auf die Westschweizer Stadt.
Im Fricktal wäre es ganz ähnlich
René Ehresheim aus Frick leitet die Niederlassung Basel der Roth Gerüste AG. Baugerüste der Firma sind im Fricktal viele zu finden. Er sagt: «Wenn wir nur schon die letzten 20 Jahre überblicken, stellen wir fest: Die Stürme werden leider immer schlimmer. Wobei starker Wind allein nicht ganz so schlimm wäre. Verheerend sind vor allem die unberechenbaren Böen.» Zu den Ereignissen in der Westschweiz meint er: «Wären Teile des Fricktals von einem derart heftigen Sturm erfasst worden, wäre es wohl zu ganz ähnlichen Verwüstungen gekommen.» Baugerüste und Kräne müssen bis zu einem gewissen, klar umschriebenen und berechneten Punkt halten. «Wird dieser Punkt überschritten, befinden wir uns im Bereich der höheren Gewalt. Dann sind wir machtlos.» Dann könnten auch korrekt aufgebaute und gesicherte Gerüste und Kräne umstürzen. Ehresheim erinnert an den Sturm «Lothar» vom Dezember 1999. Die Roth Gerüste AG hat auch eine Filiale in Neuchâtel. Wie umfangreich die Schäden auf den Baustellen im vom Unwetter betroffenen Gebiet sind, wisse er noch nicht, so René Ehresheim.
Berechnungen anpassen
Obwohl die Stahlton Bauteile AG mit Sitz in Frick keine eigenen Baustellen betreibt, macht sich auch Geschäftsführer Ernst Gisin zunehmend Gedanken übers Wetter. Die immer extremeren Naturereignisse könnten sich auch auf die Entwicklung und Produktion von Produkten für das Bauwesen auswirken. Was Bauteile an Gebäuden auszuhalten hätten, sei klar geregelt. «Dafür gibt es Berechnungsgrundlagen, vergleichbar mit der Berechnung der Dachlast bei Schnee oder bezüglich der Erdbebensicherheit.» Sollte es zu einer Häufung von schweren Unwetter-Ereignissen kommen, gehe er davon aus, dass die Berechnungen angepasst und die Auflagen verschärft werden müssten. Eine Anpassung werde es allerdings nicht von heute auf morgen geben, sondern erst, wenn alle relevanten Fakten verifiziert seien. «Wir müssen den Naturereignissen aber sicher erhöhte Aufmerksamkeit schenken.»
Die Alternative wäre, das Risiko einfach stehen zu lassen und sich damit abfinden, dass es in gewissen Abständen zu extremen Ereignissen kommt.