Ein halbes Jahrhundert Musikschule Möhlin
20.04.2023 MöhlinAus aktuellem Anlass: eine kleine Reise durch die Zeit
Die Musikschule Möhlin feiert dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. Wie kam es dazu?
Markus Fäs*
Entstanden ist die Musikschule Möhlin 1973 auf Initiative von Ueli Flückiger, der an der Bezirksschule und(!) bei der Musikgesellschaft als Lehrer angestellt war. Die Umstände, die zur Gründung geführt haben, lesen sich wie eine Reise in eine längst vergangene Zeit – dabei sind fünfzig Jahre doch eigentlich gar nicht so lang! Doch damals gab es nur an der Bezirksschule Musikunterricht. Ob die anderen Schülerinnen und Schüler wohl zu dumm zum Musizieren waren? Oder fand man, dass diejenigen, die es nicht in die «Bez» geschafft hatten, gescheiter lernen sollten, anstatt zu musizieren? Aber auch für die beneidenswerten Bezirksschüler war die Möglichkeit der Instrumentenwahl ziemlich beschränkt: Neben der damals unvermeidlichen Blockf löte konnte man sich noch zwischen Violine, Trompete, Klarinette und Trommel entscheiden. Damit fertig! Kein Klavier, keine Handorgel und schon gar nicht Gitarre: Die unschuldigen Landkinder hätten sonst ja noch auf die Idee kommen können, Beatles oder sonst so neumodisches Zeug spielen zu wollen!
Aber wie gesagt: Zum Glück gab es Ueli Flückiger. Mit viel Engagement und Herzblut hat er die Gründung einer Musikschule in Möhlin vorangetrieben. Sie war eine der ersten Musikschulen im Aargau. Schon bald unterrichteten zehn Musiklehrpersonen zirka 200 Schülerinnen und Schüler, die nun neben den bereits genannten Instrumenten alle Streich- und Blechblasinstrumente, Gitarre, Mandoline und auch Klavier wählen konnten.
Die Veränderung
Wenn wir auf dem Zeitstrahl ins 1993 springen, also zum Zeitpunkt, in dem die Musikschule Möhlin ihr 20-jähriges Bestehen feiern konnte, stellen wir erstaunt fest, wie viel Zeit erneut vergangen ist und was sich in den Köpfen mittlerweile alles verändert hat. Jetzt war der Musikunterricht nicht mehr ein exklusives Vergnügen für die Bezirksschüler, sondern jetzt soll der Musikunterricht ein wichtiges Bollwerk gegen den Kulturzerfall sein. So äusserte der damalige Präsident der Musikschule, Dr. Hans Süess, in einem Zeitungsartikel: «Durch kritisches Zuhören und aktives Spielen wird das Verständnis für die Musik geweckt und in einer Zeit der undifferenzierten musikalischen Dauerberieselung eine sinnvolle und bereichernde Freizeitgestaltung ermöglicht.» Der damalige Leiter der Musikschule, Matthias Müller (der heute noch an der Musikschule Violine und Panflöte unterrichtet), zitierte einen E. Arbenz wie folgt: «Musikausübung ist prinzipiell friedlich, Erziehung zur Musikausübung ist prinzipiell Erziehung zu Friedlichkeit und deshalb Friedenserziehung im echtesten Sinne.» Ausserdem sei Musikunterricht eine «Schulung der Ausdauer» und ein Stimmungsaufheller, so dass sein Fazit lautete: «Die Musikschule möchte als ‹Freizeitschule› ihren bescheidenen und doch wesentlichen Beitrag zum allgemeinen Wohlbefinden jedes musikausübenden Menschen leisten und mithelfen, dass unsere Jugend sich dadurch in unserer (krisengeschüttelten) Gesellschaft und Umwelt besser zurechtfinden kann.»
Und heute?
Schauen wir, wie sich die Musikschule auf ihrer Website vorstellt: «Wir bieten eine qualifizierte und kontinuierliche Musikausbildung an. Ziele sind die Förderung des musischen Laienschaffens, das frühzeitige Erkennen und die gezielte Förderung von musisch besonders Begabten sowie in besonderen Fällen auch eine qualifizierte Berufsvorbereitung. Dazu gehört die Pflege verschiedener Formen des gemeinschaftlichen Musizierens, wobei die Freude an und mit der Musik immer im Vordergrund steht.» Gegenüber 1993 sind die Bildungsziele also sehr viel nüchterner und sachbezogener. Sie beziehen sich jetzt (zumindest vordergründig!) ausschliesslich auf die individuelle Weiterentwicklung und blenden den gesamtgesellschaftlichen Nutzen aus. Möglicherweise ist das dem Geist der Zeit geschuldet, welcher ja vor allem ein «Me First!»- Geist sein soll. Aber ist das die ganze Wahrheit? Sehr offensichtlich ist die Musik immer noch geeignet, Menschen zusammenzubringen, die zusammen etwas leisten wollen, das mehr und grösser ist als das, was jeder Einzelne zu leisten vermag. Ein Orchester, das voll fokussiert ist und so, ich sage mal «gefühlvoll Druck erzeugen» kann, ist immer noch etwas, was es mir im positiven Sinn kalt den Rücken hinunterlaufen lassen kann. Wer wissen will, was ich meine, soll einmal ein Konzert der Musikgesellschaft oder der Jugendmusik besuchen oder das musikalische Treiben der Fasnacht über sich ergehen lassen. Soweit die Musikanten aus Möhlin sind, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sie während kürzerer oder längerer Zeit auch in der Musikschule waren.
Wenn es Berührungspunkte mit «musikalischen Vereinen» gibt, ist die Musikschule gerne offen und aktiv. So ist die Zusammenarbeit mit der Jugendmusik ziemlich institutionalisiert, und es gibt auch ein Projekt «Klassenmusizieren», das Primarschülern den Eintritt in die schöne Welt der Musik vermitteln und erleichtern soll.
Die Musikschule im Jubiläumsjahr
Aktuell unterrichten an unserer Schule 22 Lehrpersonen 353 Schülerinnen und Schüler während 9879 Unterrichtsminuten pro Woche, das sind immerhin 165 Stunden (nicht Lektionen!) pro Woche. Geleitet wird die Schule seit dem 1. Februar 2023 von Diana Bauchinger. Sie ist Trompetenlehrerin und Dirigentin und hat seit 2014 die Knaben- und Mädchenmusik Basel geleitet.
In diesem Jubiläumsjahr gibt es eine ganze Reihe kleinerer und grösserer Anlässe. Der Höhepunkt findet am Samstag, 18. November, statt. Da beschallen wir den ganzen Tag die Mehrzweckhalle mit musikalischen Leckerbissen unserer Musikschülerinnen und Musikschüler. Und das endet dann am frühen Abend 17 Uhr am Ende des Auftritts des Gastsolisten Andrew Bond mit dem neu komponierten Möhlinlied. Lassen Sie sich überraschen!
* Markus Fäs, der Möhliner
Gemeindeammann, ist Präsident der Musikschulkommission Möhlin.