Ein bisschen Magie
25.12.2025 Rheinfelden«Die Leute sind freundlicher an Weihnachten»
Isabel Equey, selbstpublizierende Autorin aus Rheinfelden, erzählt von ihrem neu veröffentlichten Buch, von fehlender Solidarität in unserer Gesellschaft und vom Zauber der Weihnacht.
Yasmin Malard
...«Die Leute sind freundlicher an Weihnachten»
Isabel Equey, selbstpublizierende Autorin aus Rheinfelden, erzählt von ihrem neu veröffentlichten Buch, von fehlender Solidarität in unserer Gesellschaft und vom Zauber der Weihnacht.
Yasmin Malard
«Ich bin nicht auf die Idee gekommen, Autorin zu werden, es war eher ein plötzliches Bedürfnis, voilà. Irgendwann muss etwas geschrieben werden und dann kommt es von selbst.» So erklärt die 67-jährige Isabel Equey ihren Werdegang als Autorin. Jetzt, in der Pension, werden ihre Gedanken und Worte aufs Papier gebracht. An Geschichten herumstudiert hat sie aber schon lange. Schmunzelnd erinnert sie sich an ihre Schulzeit, als sie in der dritten Klasse während des Unterrichts immer Geschichten geschrieben hat. «Ich habe das Schreiben zuerst nicht ernst genommen. Ich habe immer gedacht, man könne nicht davon leben. Dann bin ich Übersetzerin geworden. Ist schliesslich auch schreiben. Und nicht unbedingt weniger kreativ». Denn man müsse nicht eins zu eins übersetzen, sondern einen Weg finden, der die Kultur und Nuancen einer Sprache berücksichtigt. Als ihre Tochter noch ein Baby war, übersetzte sie freiberuflich deutschf ranzösisch, ma nch ma l ei ne Gebrauchsanweisung, manchmal Werbung für Babypulver, je nach Anfrage. «Es war eigentlich sehr lustig», erinnert sie sich zurück.
«Im wahren Leben hat die Geschichte nicht so gut geendet»
Zurück zu den Geschichten. In Isabel Equeys Pension sind schon zwei Bücher entstanden. Die erste Geschichte entwickelte sich zu einem persönlichen Roman, den sie letztes Jahr veröffentlicht hat und einer von der Realität inspirierten Geschichte entspricht, die sie schon dreissig Jahre lang begleitete. Ein Junge sitzt im Rollstuhl und ist frustriert und wütend über seine Lage, findet im Verlauf des Buchs am Schluss aber trotzdem noch sein Glück. «Im wahren Leben hat die Geschichte nicht ganz so gut geendet. Vielleicht ist es so, wie ich sie gern gehabt hätte.»
Buch über Freundschaft und Solidarität
Das zweite Buch hat sie erst kürzlich veröffentlicht; ein Genre-Wechsel zur Kinderliteratur. Bei «Merci l’épouvantail ou Le triple miracle de Noël» handelt es sich um einen Obdachlosen, ausgeschlossen aus der Gesellschaft, der in der Stadt keine Freunde findet, seine Hoffnung aber nie verliert und aufs Land geht. Dort hört er von einer verrückten Vogelscheuche mit dem Namen «Merci», die sein bester Freund wird. Zusammen möchten sie einem traurigen Mädchen helfen. Sie wollen, wie Equey sagt, «ihr das Lächeln zurückbringen», sozusagen «la mission impossible». Das ist auch ihre Botschaft an die Welt: «Man soll nie verzweifeln. In meinem Buch sind es Lebewesen ohne Mittel, aber sie können trotzdem ein Wunder bewirken. Einsamkeit ist nie absolut.» Man könne immer jemanden finden. Ein Buch über die Freundschaft und über die Solidarität, Themen, die ihr sehr wichtig sind. «Die Solidarität fehlt in unserer Gesellschaft, habe ich das Gefühl. Es fängt schon an, wie man die Leute im Rollstuhl anschaut», sagt sie nachdenklich.
«Ein Buch kann dein Freund sein, TikTok niemals»
Isabel Equey empfindet unsere Gesellschaft als zu individualistisch; viele seien nur mit sich selbst und dem Smartphone beschäftigt. «Es gibt schon auch Sachen, die Spass machen in den sozialen Medien, alte Gedichte oder Bilder zum Beispiel, die jüngeren Generationen nähergebracht werden oder Nachrichten auf Instagram von Eltern, deren Kinder mein Buch gelesen und geliebt haben. Das bewegt.» Als gefährlich erachte sie vor allem den Algorithmus, der die Meinungsvielfalt einschränkt und schon gefestigte Überzeugungen bestätigt und verstärkt, ohne sie zu hinterfragen, gerade bei Themen wie Verschwörungstheorien. «Ein Buch kann dein Freund sein, TikTok niemals.»
Faszination Schreiben
«Das Schreiben hat etwas zutiefst Faszinierendes», erklärt die Autorin. Die Figuren würden sich von selbst entwickeln und die Handlung sich nach und nach entfalten. Oft wisse sie das Ende der Geschichte nicht, wenn sie mit dem Schreiben anfängt. Das Schwierige sei am Schluss, Inspiration zu haben, denn ohne diese funktioniere gar nichts. Ein wenig geheimnisvoll sei es schon, wie diese Idee sich dann zeige. «Jemand hat mal gesagt, Inspiration entsteht, wenn eine Idee eine wichtige Lücke in deiner Seele füllt.» Damit ist es aber noch nicht getan. Nachdem ein Buch fertiggeschrieben wurde, muss die Leserschaft auch davon erfahren. Marketing sei zweimal so viel Arbeit wie das Schreiben selbst, findet Isabel Equey. Ob sie nun noch immer denkt, dass man vom Schreiben nicht leben kann? «Soll ich ehrlich sein? Ja, ist immer noch der Fall.» Sie lacht. «Aber das Buch läuft gut. Aber ich bin froh, noch eine AHV zu beziehen, sagen wir es so.» Sie hat ihr Buch auf Amazon selbst publiziert, was eine grössere Marge und Unkompliziertheit verspricht, als wenn sie das Buch einem Verlag geben würde. Dafür gibt es einen Ozean an Büchern auf Amazon. So viele, dass Amazon verboten habe, mehr als drei Bücher pro Autor pro Tag zu veröffentlichen. Unter die Bücher würden sich auch viele KI-generierte Bücher schleichen. «Ich habe mal von einem KI-Buch über Pilze gehört, das vorgeschlagen hat, man solle, wenn man sich nicht sicher sei, ob das ein giftiger Pilz ist, einfach ein kleines Stückchen probieren.»
«Ich habe am Anfang Seich in der Migros erzählt»
Seit 33 Jahren wohnt Isabel Equey, ursprünglich aus Fribourg, nun schon in Rheinfelden. «Was soll ich sagen? Das Mittelalterliche der Stadt gefällt mir sehr gut und auch die Sicherheit hier möchte ich nicht missen.» Ebenso die gute Organisation. «Ich könnte nie mehr nach Fribourg gehen, ich bin nicht mehr gewohnt, dass Dinge nicht funktionieren, ich müsste alle erwürgen.»
Die ersten vier Jahre habe sie sich in Rheinfelden wie eine Ausländerin gefühlt. Sie glaubte, von den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Misstrauen gegenüber Romands zu spüren und nahm die Leute als ein wenig steif wahr. «Am Anfang habe ich irgendeinen Seich in der Migros erzählt, da musste ich immer sagen, nein, das ist ein Witz. Man lacht halt nicht über die gleichen Sachen hier.» Mittlerweile fühlt sie sich integriert, arbeitet als Aufsicht im Fricktaler Museum und gibt Nachhilfe-Unterricht auf Französisch. Nichtstun fände sie langweilig, aber sie würde jetzt nur noch Sachen unternehmen, die ihr Spass bereiten. «In der Pension muss man nichts mehr machen, kein Muss, nur Spass.»
Weihnachtswünsche
Passend zur jetzigen Jahreszeit spielt auch Equeys Buch in der Weihnachtszeit. Ihr Weihnachts-Wunsch dieses Jahr ist es, eine Idee zu haben für eine nächste Geschichte. «Bitte Weihnachtsmann», sagt sie und faltet die Hände zusammen. Für die Welt wünsche sie sich in erster Linie Frieden. «Alle wollen aufrüsten im Moment. Ich kann schon verstehen; man will nicht Vegetarier bleiben, wenn alle um dich herum Fleischfresser werden, aber wenn all die Zeit, Energie und Ressourcen, die wir in die Entwicklung von Bomben und Drohnen investieren, in die Entwicklung von Frieden gehen würden, wäre die Welt vielleicht ein besserer Ort.»
Die Weihnachtszeit ist für Isabel Equey ganz besonders. An Weihnachten erlebe sie eine Konzentration von Gefühlen. «Jeder probiert, Harmonie und Besinnlichkeit zu fördern.» Man vergisst Aggressivität und Beleidigungen. Man wünscht sich schöne Festtage. «Die Leute sind freundlicher an Weihnachten, finden Sie nicht auch? Ich habe das Gefühl, da gibt es echt ein bisschen Magie.»

