Düstere Aussichten für die Kantonsfinanzen
23.11.2023 AargauBericht aus dem Grossen Rat
Die Ratssitzung vom Dienstag beginnt zunächst mit der Inpflichtnahme des neuen Ratsmitgliedes Selena Rhinisperger (SP, Baden) und Ersatzwahlen für die Kommissionen. Unter anderem werden Daniele Mezzi (Mitte, Laufenburg) in die Geschäftsprüfungskommission (GPK), Carole Binder-Meury (SP, Magden) in die Kommission für Bildung, Kultur und Sport (BKS) und Alfons Paul Kaufmann (Mitte, Wallbach) in den Oberrheinrat (ORR) gewählt. Christoph Riner (SVP, Zeihen) gab seinen Rücktritt bekannt, da er in den Nationalrat gewählt wurde.
Danach befasste sich der Grosse Rat mit dem Asylwesen. Der anhaltend grosse Zustrom an Migranten führt dazu, dass der Kanton stetig auf der Suche nach geeigneten Unterkünften ist, um diese Menschen unterbringen zu können. Die Hoffmann La Roche schenkt dem Kanton Aargau einen Modulbau aus dem Jahr 2016, der für 10 Jahre im Baurecht auf einer Parzelle der Gemeinde Oftringen aufgestellt wird. Dort kann der Kanton künftig 150 Personen unterbringen, nachdem der Grosse Rat einem einmaligen Bruttokredit für 4,6 Millionen Franken zugestimmt hat.
Ein Sitzungstag kostet 50 000 Franken
Anschliessend hat der Grosse Rat acht Verpflichtungskredite über 19,4 Millionen Franken und zwei Nachtragskredite über 3,9 Millionen Franken beraten und genehmigt. Ein Nachtragskredit betraf dabei den Grossen Rat selbst: Weil die Arbeitslast gestiegen und mehr Geschäfte zu behandeln sind, mussten im Jahr 2023 mehr Sitzungen abgehalten werden. Budgetiert waren 16 Sitzungstage oder 32 Sitzungen, durchgeführt werden voraussichtlich 19 Sitzungstage mit 36 Sitzungen, was zu Mehrkosten von rund 100 000 Franken führt. Ein Sitzungstag im Grossen Rat kostet folglich rund 50 000 Franken.
Den restlichen Tag befasste sich der Grosse Rat mit dem Budget 2024. Zahlreiche Voten wurden gehalten; es wurde hitzig debattiert und insbesondere im Bereich Bildung, Kultur und Sport wurden zahlreiche Anträge gestellt und um Mehrheiten gerungen. Mehrere Minderheitsanträge, die zu Mehrausgaben, aber auch zu Einsparungen geführt hätten, wurden teils nur äusserst knapp abgelehnt. Der Präsident durfte sogar einen Stichentscheid fällen, weil aus den Reihen der GLP eine Parlamentarierin nicht rechtzeitig an ihren Platz zurückgekehrt ist und ihre Stimme zu spät abgegeben hat. Es dürfte diese Parlamentarierin sicherlich gewurmt haben, dass der Präsident mit dem Stichentscheid gegen ihre Fraktion gestimmt hat.
Letztlich konnte der Grosse Rat die Anträge zu den einzelnen Aufgabenbereichen aus zeitlichen Gründen nicht abschliessen, weshalb die Beratung und insbesondere die Abstimmung zu den Hauptanträgen, wie Lohnerhöhungen und kantonaler Steuerfuss, erst am kommenden Dienstag stattfinden werden.
KOMMENTAR
Geringer Sparwille
Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat ein Budget 2024 mit einem Defizit von 123,3 Millionen Franken unterbreitet. Weil die Nationalbank keinen Gewinn ausschüttet und mit den Anträgen aus den Kommissionen droht gar ein Defizit von 230,6 Millionen Franken. Nur durch die Entnahme aus der Ausgleichsreserve kann ein ausgeglichenes Budget erreicht werden.
An der heutigen Budgetdebatte
– meine erste als Grossrat – musste ich feststellen, dass von einem effektiven Sparwillen und haushälterischen Umgang mit Steuergeldern nicht wirklich viel zu spüren war. Offensichtlich ist es einem Teil der Mitglieder des Grossen Rates immer noch nicht bewusst, dass zuerst jeder Steuerfranken durch die Bevölkerung hart erarbeitet werden muss, bevor dieser Franken ausgegeben werden kann.
Für die kommenden Budgetdebatten wünsche ich mir, dass der Grosse Rat konsequent zwischen notwendigen und wünschbaren Ausgaben unterscheidet und sich seiner Verantwortung bewusst ist.
STEPHAN MÜLLER, MÖHLIN