Die Vielseitige
05.08.2023 Aargau, DensbürenMargrit Stüssi liebt es, gefordert zu sein
Die Aarauerin Margrit Stüssi sucht die Herausforderungen. Gefunden hat sie diese als Untersuchungsrichterin, als Feuerwehrkommandantin und nicht zuletzt als Gemeindeschreiberin im beschaulichen Densbüren. Das Malen holt sie aus ...
Margrit Stüssi liebt es, gefordert zu sein
Die Aarauerin Margrit Stüssi sucht die Herausforderungen. Gefunden hat sie diese als Untersuchungsrichterin, als Feuerwehrkommandantin und nicht zuletzt als Gemeindeschreiberin im beschaulichen Densbüren. Das Malen holt sie aus dem hektischen Alltag herunter.
Yvonne Zollinger
Die Sommerferienzeit ist auch in Densbüren eine Zeit, in der es auf der Gemeindeverwaltung etwas ruhiger zu und her geht. Die Anliegen der Densbürer sind weniger, das Telefon klingelt seltener und die Angestellten nehmen ihren verdienten Urlaub. Gemeindeschreiberin Margrit Stüssi wird sich ebenfalls in eine Ferienwoche verabschieden, zusammen mit ihrem Partner und dem vierbeinigen Familienmitglied Ira. Die verkürzten Arbeitstage während des Sommers, werden sich zu einer weiteren Ferienwoche summieren. «Auch wenn ich jeden Tag in die Gemeindekanzlei komme, fühlt sich das für mich an, als hätte ich Urlaub», sagt die 63-jährige Aarauerin.
Allzu ruhig darf es für Margrit Stüssi jedoch nicht werden. Sie liebt es, gefordert zu sein. Darum steht für sie schon jetzt fest, dass ihre bevorstehende Rentenzeit keinesfalls ins «dolce far niente» münden wird.
Mehr als 30 Jahre lang war Stüssi Untersuchungsrichterin beim Bezirksamt in Aarau. Der richtige Platz für jemanden, der sich gerne schwierigen Aufgaben stellt. «Unter anderem hat mir der Pikettdienst immer gut gefallen», sagt sie. «In dieser Zeit gab es selten eine Nacht, in der ich nicht zu einem Einsatz gerufen wurde.» Der Pikettdienst der Untersuchungsrichterin bedeutete, dass sie während einer Woche, 24 Stunden am Tag, für die Polizei bereitstehen musste. So zum Beispiel bei schweren Verkehrsunfällen, Verbrechen, unbeobachteten Todesfällen und für die Anordnung von Zwangsmassnahmen war ihre Anwesenheit erforderlich. Damit musste nicht nur sie selbst, sondern auch ihr Mann und die beiden Söhne klarkommen. «Es funktionierte sehr gut», sagt sie. «Meine Familie und auch die Freunde wussten, wenn ein Anruf kommt, sei es von der beruflichen Seite oder von der Feuerwehr, dann bin ich weg».
«Das war kein Problem»
Die Eigenschaft, hinzusehen, anzupacken und Entscheidungen zu treffen, wo andere vielleicht zurückschreckten, kam ihr auch bei der Aarauer Feuerwehr entgegen. 10 Jahre war sie deren Kommandantin. Zu 120 bis 130 Einsätzen pro Jahr werden die 120 Eingeteilten gerufen. Die Herausforderung für Margrit Stüssi bestand darin, dieses Korps verschiedenster Altersgruppen und unterschiedlichster Berufsrichtungen, zu einem Team zusammenzuschweissen, das in allen Notfällen funktionierte. Als Frau an der Spitze der Feuerwehr? «Das war kein Problem», sagt Stüssi. «Ich wusste immer, ich muss meine Leistung bringen, einen Frauenbonus gibt es für mich nicht.» Einzig bei der Ausbildung zur Instruktorin, die sie wohl als eine der ersten Frauen schweizweit absolviert hatte, sei sie etwas schräg angeschaut worden. Was Margrit Stüssi jedoch nicht davon abhielt, ihr Ziel zu erreichen.
Vor zehn Jahren kam die berufliche Neuausrichtung. «Ich wollte nochmal etwas Neues machen, eine neue Herausforderung.» Die Stelle in Densbüren war genau, was ich suchte, mit allem Drum und Dran», schwärmt Stüssi. Die Gemeinde mit ihren 750 Einwohnern und der stattlichen Fläche von 12,5 Quadratkilometern war Margrit Stüssi aus der Zeit als die Bezirksämter noch die Gemeindeinspektionen inne hatten bekannt. Das Bezirksamt Aarau war damals auch für Densbüren zuständig.
Bei aller Begeisterung für den neuen Job, die Umgewöhnung nahm einige Zeit in Anspruch. Am Anfang habe sie den Pikettdienst beim Bezirksamt und das Amt der Feuerwehrkommandantin, welches sie auf Ende 2014 aufgab, vermisst. «Es war ungewohnt, dass keine Telefone mehr kamen, die mich mitten in der Nacht oder am Wochenende wegholten, von wo auch immer ich gerade war.»
Aber auch wenn sie sich nicht mehr im Epizentrum der Katastrophen rund um Aarau befand, der Job als Gemeindeschreiberin hielt seine eigenen Herausforderungen bereit.
«In den vergangenen Jahren hatten wir eine enorme Bautätigkeit, die die Gemeinde forderte.» Vor wenigen Wochen wurde im Technologiepark Kaisermatt ein weiterer Neubau der Bevölkerung vorgestellt. Das Gewerbe tue der Gemeinde in Sachen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze gut. Aber dazu müsse sie auch die Infrastruktur bereitstellen. Densbüren befindet sich ausserdem im dritten Jahr der Gesamtrevision der Nutzungsplanung, was sehr anspruchsvoll sei.
Von der Kanzlei in die Restaurant-Küche?
Margrit Stüssi zählt weitere Themen auf, mit denen sie sich in ihrem Job befasst und es wird klar, die Freude an der Arbeit ist auch ein Jahr vor der Pension noch gross. Deshalb verwundert es nicht, dass für sie die 64 nur eine Zahl und keineswegs ein Datum ist, das das Ende ihrer Berufslaufbahn einläutet. «Ich habe bereits mit dem Gemeinderat vereinbart, dass ich bis nach der Gesamterneuerungswahl 2025 im Amt bleibe.» Danach könnte sie sich vorstellen als Aushilfe auf einer Gemeinde zu arbeiten oder auch in einem ganz anderen Bereich oder als Köchin in einem Restaurant. Denn Kochen ist eine ihrer Leidenschaften. Ausserdem ist da noch das Präsidium der Stadtmusik Aarau, das sie seit 2014 innehat, und mit grosser Freude und Bewunderung für das Engagement der Musiker ausübt.
Das Loslassen
Die Ideen, wie auch die Energie, scheinen bei Margrit Stüssi unerschöpflich. Nur eines weiss sie sicher, eine Vollzeitmalerin wird sie nach der Pensionierung nicht. Das Arbeiten in der Stille des Ateliers, sei für sie immer ein Ausgleich gewesen. Einen, den sie mal mehr, mal weniger gebraucht habe. Sie sieht sich als Hobbymalerin. Wenn ihre Werke in Mischtechnik auf Leinwand ein Publikum finden, wie zuletzt bei der Einweihung des Gewerbehauses in der Kaisermatt, dann tut sie sich schwer damit, eines davon loszulassen.
«Wenn ich mich von einem Bild trenne, sage ich immer: Bring es mir wieder, wenn du es nicht mehr magst.»