Die unterschätzte Top-Squasherin
08.11.2024 Frick, Sport«Ich hoffe, das Eis ist gebrochen», sagt Nadia Pfister nach dem Gewinn des Swiss Open. Doppelt die 29-Jährige von Squash Fricktal nun am Bern Open nach?
Stefan Kleiser
«Es gibt viele schöne Faktoren», erklärt Nadia Pfister, warum sie so ...
«Ich hoffe, das Eis ist gebrochen», sagt Nadia Pfister nach dem Gewinn des Swiss Open. Doppelt die 29-Jährige von Squash Fricktal nun am Bern Open nach?
Stefan Kleiser
«Es gibt viele schöne Faktoren», erklärt Nadia Pfister, warum sie so viel in Squash investiert. 2015 hat die heute 29-Jährige die Matura gemacht, seither ist sie Berufssportlerin. «Ich kann beim Squash an mir arbeiten, ich kann vieles selbst bestimmen und ich lerne verschiedene Kulturen kennen», zählt sie auf. «Squash-Profi ist kein 9-to-5-Job: Es ist ein interessanter Lebensstil.»
Gerade jetzt kann sich die Spitzenspielerin von Squash Fricktal vorstellen, noch einiges länger auf der Profi-Tour unterwegs zu sein. Denn vor einer Woche hat sie zum ersten Mal ein Turnier der Challenger-Serie der Professional Squash Association gewonnen: Das Swiss Open, das in Uster ausgetragen wurde, wo Pfister regelmässig trainiert. Der Lohn: 470 Franken Preisgeld und die Trophäe, eine kleine Kuhglocke.
Die Sachen funktionieren
«Ich habe immer wieder die Kurve gekriegt», freut sich die Siegerin. «Natürlich ist es das, worauf du hinarbeitest: gut zu spielen in den wichtigen Momenten; auch wenn es dir nicht so toll läuft.» Ihr sei das bisher nicht gelungen – oder nicht lange genug. An den Swiss Open habe sie nun nach verlorenen Sätzen «gesehen, dass meine Strategien immer schnell wieder funktionieren».
Dass das am Swiss Open geklappt hat, überrascht die Sportlerin. Vier Wochen lang habe sie wegen Corona nicht richtig trainieren können, auch gegenwärtig sei das Pensum minimiert. Nadia Pfister war wegen einer entzündeten Achillessehne in Behandlung, «schnell bin ich seit Wochen nicht mehr». Stattdessen übte die Squasherin schlagfokussierter. Nun sind die Fehler weniger geworden, die Winner häufiger.
Sie hoffe, der Gewinn des Swiss Open sei der «Eisbrecher». Schon lange wartet sie auf den Durchbruch. 2018 rückte sie in die Top 100 der Welt auf, doch der Vorstoss in die Top 50 ist danach nicht gelungen. Dabei bringt die 1,79 Meter grosse Powerfrau aus Ramlinsburg vieles mit für den Erfolg. «Doch es gibt Menschen, die mit mehr Selbstbewusstsein geboren sind», sinniert sie.
Nicht mehr an allem schuld sein
Den Anfang ihrer Karriere bezeichnet Pfister als «Trial-and-Error-Geschichte». Es fehlten ihr das professionelle Umfeld und andere Talente, um an ihnen zu wachsen. «Bis 12 hatte ich keine Trainingsstruktur. Manchmal denke ich sogar, dass ich erst seit 25 richtig trainiere.» Als Juniorin war sie nie europäische Spitze und galt darum vielen nicht als talentiert. Doch sie hat sich stetig verbessert.
Zuletzt hat Nadia Pfister ihr Trainingsumfeld optimiert. Sie geht nun auch nach Schengen, um bei Marc Thrill, dem Trainer ihres luxemburgischen Clubteams, an Fortschritten zu arbeiten. Während der Swiss Open begleiteten sie gleich vier Personen. «Ich habe von ihnen klare Inputs erhalten mit Dingen, die wir trainiert haben.» Das habe sie dann gut umsetzen können.
«Seit einigen Jahren habe ich mehr Möglichkeiten, um mich positiv zu steuern», meint die Sportlerin. «Wenn ich Probleme habe, ob auf oder neben dem Platz, ist das Schwierigste für mich, nicht alles beeinf lussen oder besser machen zu können.» Als Squasherin stecke man viel ein, verzichte etwa auf eine Karriere im Beruf und lebe mit wenig Geld. «Aber es gibt auch positive Punkte: Der Sieg am Swiss Open ist so einer.»
Ein Erfolg, der bleibt
Nun steht Nadia Pfister am Bern Open in Kehrsatz im Court, wo sie, topgesetzt, am liebsten auch gewinnen würde. In den Wochen danach folgen Turnierstarts in Kuala Lumpur und Philadelphia. Allein schon der Start dort bringt ihr mehr Punkte für das Ranking ein als der Turniersieg von Uster. «Aber wenn ich drei Sätze zu 9 gegen die Weltnummer 22 verliere, dann interessiert das eben niemanden.» Der Gewinn des Swiss Open schon. «Plötzlich schreiben dir Leute, von denen du jahrelang nichts gehört hast.» Die Organisatoren des Northern Open von Manchester, wo Pfister Ende November antritt, haben sie sogar auf dem Plakat gedruckt. «Der Turniersieg ist ein Erlebnis, das mir zeigt, dass es klappen kann. Und er lässt sich immer wieder ins Gedächtnis zurückrufen.» Weil zuhause nun diese Glocke steht.