Die SVP will in die Dreissiger-Zone
02.10.2024 Fricktal, PolitikMit den Parteipräsidenten Andy Steinacher und Christoph Riner im Gespräch
Dem Goliath unter den
Fricktaler Bezirksparteien ist die Bürokratie zu verkopft und das Asylwesen zu lasch.
Ronny Wittenwiler
Da braucht man kein Prophet sein. Die SVP ...
Mit den Parteipräsidenten Andy Steinacher und Christoph Riner im Gespräch
Dem Goliath unter den
Fricktaler Bezirksparteien ist die Bürokratie zu verkopft und das Asylwesen zu lasch.
Ronny Wittenwiler
Da braucht man kein Prophet sein. Die SVP wird im Fricktal als stärkste Partei aus den Grossratswahlen hervorgehen. Was will sie mit ihren Muskeln bewegen – und was verhindern?
Ausgangslage: Ja, die SVP hatte Wähleranteile verloren bei den Grossratswahlen vor vier Jahren. Im Bezirk Rheinfelden resultierte ein Minus von 2,02 und im Bezirk Laufenburg eines von 1,20 Prozentpunkten. Gab es Grund zum Jammern, dann auf bemerkenswert hohem Niveau: Die SVP blieb nämlich im unteren Fricktal mit 28,03 Prozent deutlich stärkste Partei vor der SP (19,41), genauso im oberen Fricktal mit 32,59 Prozent (SP: 19,89).
Ziele für die diesjährige Wahl: Andy Steinacher sagt: «Bei den letzten Nationalratswahlen kamen wir auf 34 Prozent. Erreichen wir diese Marke, bin ich zufrieden. Sind es noch mehr Wähleranteile, dann ist das super.» Die 30 Prozent-Marke nennt er bloss ein Minimalziel. «Unsere drei Sitze wollen wir behalten. Das wird wahrscheinlich auch gelingen.» Mit ebenso breiter Brust geht die Partei im Bezirk Laufenburg in die Grossratswahlen. «32,59 Prozent Wähleranteil vor vier Jahren bedeuteten nach wie vor ein hohes Niveau», sagt Christoph Riner. «Wir wollen aber die damals eingebüssten 1,2 Prozentpunkte zurückholen, lieber noch mehr.» Viel verspricht sich Riner von der Wählerschaft der Fusions-Gemeinde Böztal, deren Ortsteile Bözen, Effingen und Elfingen zuvor zum Bezirk Brugg gehörten. «Das sind sehr bürgerliche Gemeinden.»
Wo steht die Partei? Die SVP gibt sich einen betont volksnahen Anstrich. Steinacher formuliert es so: «Wir stehen für Leute ein, die morgens aufstehen, einer Arbeit nachgehen und Geld verdienen, manchmal mehr, manchmal weniger. Und mit diesem Geld probieren die Leute auch noch, ihre Steuern zu bezahlen.» Mit regionalem Bezug sagt Neo-Nationalrat Riner: «Wir sind die Fricktaler Volkspartei, die in allen Gemeinden breit verankert ist.» Die Wähleranteile stützen diese Behauptung. Doch ist die SVP auch jene Partei, die sich von ihren Gegnern den Vorwurf gefallen lassen muss, die Asylproblematik aus Eigeninteresse köcheln zu lassen, statt sie lösen zu wollen. Steinacher sagt: «Der SVP wird oft vorgehalten, generell gegen Flüchtlinge zu sein. Das ist nicht so.»
Politische Ziele: Verfolgte Menschen hätten ein Recht, hierherzukommen, sagt Christoph Riner. «Dafür stehe ich ein. Wir wollen aber diesen Missbrauch nicht; Leute, die unsere Gesetze missachten und kriminell werden.» Just diese Unterscheidung müsse man «knallhart» machen, sagt Andy Steinacher. «Viele kommen hierher und höhlen unseren Sozialstaat aus, sie schaden dem Ruf der anderen. Das stört den Bürger.»
Weniger Einwanderung also. Und weniger Staat. Ausufernde Bürokratie würde nicht bloss die Wirtschaft zerlegen, genauso Kultur und Freiwilligkeit. Riner nennt als Beispiel einen im Kantonsparlament eingereichten Vorstoss, wonach Grossveranstaltungen ausserhalb der Bauzone unter Umständen einem Baubewilligungsverfahren unterliegen sollen. «Sowas ist einfach unnötig», sagt Riner und Steinacher, aus Schupfart, stellt schon mal die Zukunftsfrage für das dort legendäre Festival. Wir sind bei regionalen Angelegenheiten angelangt.
Ziele für das Fricktal: Gleich lange Hebel für Stadt und Land fordert Christoph Riner. «Ohne fairen Finanzausgleich würde auch das Fricktal leiden. Kleine finanzschwache Gemeinden haben andere Vorzüge als Zentrumsgemeinden. Es nützt aber nichts, wenn sonntags alle zu uns kommen und sagen: schön habt ihr es hier – aber entwickeln könnt ihr euch nicht mehr.» Die Region werde oft als Naherholungsgebiet gesehen, dem man alles vorschreiben will, sagt Steinacher. «Das Fricktal darf aber nicht zum Salenweidli werden. Die Zeit ist gekommen, um im Fricktal zu investieren.» Ausserdem sind sich beide einig: Der Kanton müsse sich dem Verkehr im Fricktal annehmen – mit einem Konzept, das der Entwicklung im Sisslerfeld Rechnung trägt.
Der Gegenstand: Andy Steinacher nimmt Erde mit zum Gespräch. «In solcher Erde habe ich vor einigen Tagen Roggen gesät. Als Bauer den Boden bewirtschaften zu dürfen, sehe ich als Privileg. Boden begleitet mich ein Leben lang. Es ist aber auch ein SVP-Thema: Wir brauchen Leute mit beiden Füssen auf dem Boden, zudem müssen wir diesem Boden Sorge tragen.»
Jonagold aus Oberzeihen hält Christoph Riner in seinen Händen. «Äpfel aus dem Garten meines Elternhauses. Sie stehen für einheimische Wertschöpfung, für einheimisches Schaffen. Das darf man symbolisch verstehen: Vor unserer Haustüre gibt es so viel Gutes.»
Grossratswahlen am 20. Oktober
Am 20. Oktober wird im Aargau das 140-köpfige Kantonsparlament neu gewählt. Der Bezirk Laufenburg kann sieben, der Bezirk Rheinfelden zehn Grossrätinnen und Grossräte nach Aarau schicken. Im Bezirk Rheinfelden treten acht Parteien mit insgesamt 68 Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl an. Im Bezirk Laufenburg sind es neun Parteien mit 54 Kandidatinnen und Kandidaten. Die NFZ stellt die grösseren Parteien vor und zeigt die Gesichter auf den Listen. (nfz)
Stich-Worte
Die Meinung der SVP zu vier Themen
Welthunger
«Das ist traurig und beschäftigt auch mich. Mit gezielter Entwicklungshilfe leistet die Schweiz einen Beitrag. Es bräuchte eine stärkere Zusammenarbeit aller Länder.» (Riner)
Fleischkonsum
«Ich produziere Fleisch und esse es auch gerne. Es kann aber nicht sein, dass wir Billigfleisch importieren. Lieber etwas weniger, dafür qualitativ gutes Fleisch essen. Aber sektiererisch jemandem den Konsum verbieten zu wollen, gefällt mir nicht. Auch hier gilt: Eigenverantwortung.» (Steinacher)
AFD
«Nein. Zu rechts.» (Steinacher)
Linksgrün
«Für mich steht Linksgrün halt für immer mehr Vorschriften und Auflagen statt für Freiheit.» (Riner)