Die Suche nach einem «vernünftigen» Weg in die Energiezukunft

  24.07.2023 Aargau

Regierung will tragbare Umsetzung des Energiegesetzes

Der Aargau soll einen weiteren Schritt in Richtung einer nachhaltigen Energiezukunft gehen. Hauptziele sind eine Dekarbonisierung, der Erhalt der Versorgungssicherheit und der Ausbau der erneuerbaren Energien.

Walter Herzog

Die kantonale Energiepolitik steht auf drei Säulen: Die nahtlose und unverminderte Weiterführung des Förderprogramms Energie im Gebäudebereich, die Umsetzung einer Solaroffensive sowie eine schlanke Teilrevision des Energiegesetzes, die nun vom Regierungsrat überarbeitet und zuhanden des Grossen Rats verabschiedet wurde.

Die energie- und klimapolitische Diskussion hat durch das Thema der Energie-Versorgungssicherheit beziehungsweise einer drohenden Stromund Gasmangellage zusätzliche Relevanz erhalten. Zudem haben die Annahme des Klimaschutzgesetzes auf Bundesebene sowie die gleichzeitige Ablehnung der kantonalen Klimaschutz-Initiative am 18. Juni 2023 weitere klare Signale gesetzt: Die Schweiz und der Kanton Aargau müssen weitere Schritte in Richtung des Ziels Netto Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 machen; die Massnahmen müssen aber nachhaltig, umsetzbar und wirtschaftlich tragbar sein. Dieses Ziel verfolgt auch die Energiestrategie des Regierungsrats.

Ausbau des Gebäudeprogramms
Der Zusatzkredit für die nahtlose und unverminderte Weiterführung des Förderprogramms Energie im Gebäudebereich 2021–2024 wurde im Dezember 2022 vom Grossen Rat angenommen und bildete den Kern des Gegenvorschlags zur erwähnten, vom Stimmvolk abgelehnten, Aargauischen Klimaschutzinitiative. Der Zusatzkredit über 52,8 Millionen Franken war nötig geworden, da der ursprünglich gesprochene Verpflichtungskredit aufgrund der sehr hohen Nachfrage vorzeitig ausgeschöpft sein wird. Insbesondere die Anzahl Förderungen für den Ersatz von fossilen Heizungen und die geplanten Fernwärmenetzausbauten liegen weit über dem Budget.

Umsetzung der Solaroffensive
Die vom Grossen Rat beschlossene vertiefte Prüfung und das Testen von Massnahmen im Rahmen der Solaroffensive sollen längerfristig einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung des Zubaus erneuerbarer elektrischer Energie leisten. Damit soll auf freiwilliger Basis das vorhandene Potenzial besser ausgeschöpft werden. Um die Ziele der kantonalen Strategie energieAargau zu erreichen, ist eine rasche, wirtschaftliche und effiziente Ausschöpfung des Solarpotenzials nötig – in erster Linie auf den Dächern der Gebäude im Kanton Aargau.

Teilrevision des Energiegesetzes
Die Auswertung der öffentlichen Anhörung hat ergeben, dass die Erwartungen hinsichtlich der vorzunehmenden Änderungen im Energiegesetz in völlig entgegengesetzte Richtungen gehen: Auf der einen Seite wird eine viel griffigere und wirkungsvollere Ausgestaltung erwartet und ein Neustart gefordert; auf der anderen Seite wird die Handlungsnotwendigkeit grundsätzlich in Frage gestellt und es wird auf die aktuelle Entwicklung aufgrund der hohen Energiepreise verwiesen sowie auf die Eigenverantwortung der Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer. Das Stimmvolk hat mit der Annahme des Klimaschutzgesetzes am 18. Juni 2023 dem Netto-Null Ziel des Bundesrats und den damit in Verbindung stehenden Anreizmechanismen zugestimmt. Weiter wurde mit dringlichem Bundesbeschluss eine auch für den Kanton Aargau bindende Verpf lichtung zur Nutzung von Solarenergie bei Neubauten ab 300 Quadratmetern anrechenbarer Gebäudefläche per 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt. Zuletzt hat sich der Grosse Rat im Rahmen der Beratung einer Motion aus den eigenen Reihen gegen ein Verbot fossiler Heizungen ausgesprochen.

Kein Verbot fossiler Energieträger
Herzstück der vom Regierungsrat vorgeschlagenen Teilrevision des Energiegesetzes sind Massnahmen im Fall eines Heizungsersatzes. Wie bis anhin soll dabei auf ein Verbot fossiler Energieträger verzichtet werden. Bei einem Heizungsersatz sollen künftig maximal neunzig Prozent der Energie des massgebenden Bedarfs einer Wohnbaute durch nicht-erneuerbare Energie bereitgestellt werden. Das kann geschehen durch (auch bereits getätigte) Effizienzmassnahmen, alternative Technologien oder durch die Beimischung von Biogas, falls Erdgas verwendet wird. Zudem soll bei einem Heizungsersatz eine einfach anwendbare Härtefallregelung eingeführt werden, die Hausbesitzerinnen und -besitzer mit Schwierigkeiten bei der Finanzierung der erforderlichen Massnahmen entlastet.

Anders als in der 2020er-Vorlage verzichtet der neue Vorschlag des Regierungsrats auf die Pflicht einer Eigenstromproduktion auf Neubauten. Dagegen sieht er eine Ersatzpflicht bestehender zentraler Elektro-Wassererwärmer (in Wohnbauten) innert einer Frist von 15 Jahren vor. Damit kann ein entscheidender Beitrag zur Reduktion des Verbrauchs elektrischer Energie geleistet werden. Neubauten ab einer bestimmten Grösse sollen generell mit einer Gebäudeautomation ausgerüstet werden, nicht betroffen von dieser Bestimmung sind Wohnbauten.

Für die Realisierung von Luft/ Wasserwärmepumpen soll das Baubewilligungs- durch ein einfaches Meldeverfahren ersetzt werden. Weiter soll eine Verpflichtung zur Erstellung eines GEAK Plus (Gebäudeenergieausweis der Kantone) für Gebäude erlassen werden, die eine zentrale oder dezentrale Elektroheizung aufweisen. Mit einem GEAK Plus sollen die Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden mit elektrischen Widerstandsheizungen Klarheit über die Kostenfolge und frühzeitig Informationen darüber erhalten, welche Alternativen bestehen, um im Zuge allfälliger Auffrischungs- oder Modernisierungsarbeiten, bereits Vorbereitungsarbeiten für einen späteren Heizungsersatz tätigen zu können. Die Teilrevision des Energiegesetzes wird voraussichtlich im dritten Quartal 2023 in erster Lesung im Grossen Rat behandelt.


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