«Die Menschen wollen Sicherheit und Kontinuität»
08.09.2024 FricktalDie Partei «die Mitte» sieht Chancen für Sitzgewinne im Fricktal
Die Mitte will bei den Aargauer Grossratswahlen am 20. Oktober im Fricktal ein bis zwei zusätzliche Sitze holen. Der Namenswechsel hat sich aus Sicht der Parteipräsidenten gelohnt.
Valentin ...
Die Partei «die Mitte» sieht Chancen für Sitzgewinne im Fricktal
Die Mitte will bei den Aargauer Grossratswahlen am 20. Oktober im Fricktal ein bis zwei zusätzliche Sitze holen. Der Namenswechsel hat sich aus Sicht der Parteipräsidenten gelohnt.
Valentin Zumsteg
Die Mitte gibt es noch nicht so lange. Per 1. Januar 2021 haben die damalige CVP und die BDP fusioniert und den Namen gewechselt. Damit will die Partei auch ausserhalb ihrer katholischen CVP-Stammlande punkten.
Ausgangslage: Der Bezirk Laufenburg gehört zu diesen Stammlanden. Dort verlor die Partei bei den Grossratswahlen vor vier Jahren 1,74 Prozentpunkte und kam auf 19,1 Prozent. Bei den Nationalratswahlen im vergangenen Herbst akzentuierte sich diese Entwicklung: Im Bezirk Laufenburg verlor die Mitte 3,1 Prozentpunkte und erreichte noch 15,6 Prozent. Im Bezirk Rheinfelden sieht es etwas anders aus, dort konnte die Partei bei den Grossratswahlen 2020 um 1,86 Prozentpunkte auf 13,5 Prozent zulegen. Bei den Nationalratswahlen 2023 gab es ebenfalls ein kleines Plus von 0,75 Prozentpunkten, die Mitte erzielte 14,2 Prozent.
Ziele für die diesjährige Wahl: «Wir wollen bei den Grossratswahlen erneut zulegen. Wenn dies gelingt, haben wir Chancen, einen zweiten Sitz im Bezirk Rheinfelden zu gewinnen», sagt Alfons P. Kaufmann, Grossrat aus Wallbach und Präsident der Bezirkspartei Rheinfelden. Grosses Potential sieht er bei den bisherigen Nichtwählern. Bei den Grossratswahlen 2020 lag die Wahlbeteiligung im Bezirk Rheinfelden bei 27,15 Prozent, das war der tiefste Wert im ganzen Kanton. Wer die bisherigen Nichtwähler mobilisiert, kann gewinnen, so Kaufmann. Ähnlich sieht es Daniele Mezzi, Parteipräsident und Grossrat im Bezirk Laufenburg: «Wir wollen einen zweiten Sitz holen. Vor vier Jahren haben wir diesen knapp an die SP verloren, es ging damals nur um wenige Hundert Stimmen.» Die Mitte möchte im Bezirk Laufenburg wieder zu einer 20-Prozent-Partei werden. Beide Präsidenten sind überzeugt, dass der neue Name hilft, mehr Wähler zu überzeugen. «Die Mitte ist auch für Leute wählbar, die vorher die CVP nicht gewählt hätten», meint Kaufmann. Daniele Mezzi ist derzeit der einzige Mitte-Grossrat im Bezirk Laufenburg. Er rückte im November 2023 für Werner Müller nach, der demissionierte. Mit anderen Worten: Mezzi muss seinen Sitz zum ersten Mal verteidigen. Er ist zuversichtlich, dass dies gelingt. «Ich muss aber aktiv sein und einen guten Wahlkampf führen.»
Wo steht die Partei? Der Mitte wird – von politischen Gegnern – gerne vorgeworfen, dass sie Wischi-Waschi-Politik betreibe. Dagegen wehrt sich Alfons P. Kaufmann, der Fraktionspräsident im Grossen Rat ist. «Ich sehe uns als Brückenbauer zwischen links und rechts, aber auch zwischen der Bevölkerung und den Unternehmen. Wir sind das Bindeglied und sorgen für Lösungen.» Daniele Mezzi schlägt in die gleiche Kerbe und sagt es so: «Wir sind eine staatstragende Partei, welche die Bevölkerung umfassend vertritt. Wir machen nicht jeden Hype mit. Ich glaube, die Menschen wollen wieder Sicherheit und Kontinuität.» Aus seiner Sicht spielt der aktuelle politische Zeitgeist der Partei eher in die Karten. Im Gespräch wird deutlich, dass ihm die christlichen Werte, auf denen die ehemalige CVP fusste, weiterhin wichtig sind.
Politische Ziele: Der Slogan der Mitte Aargau lautet: «Mehr Wir, weniger Ich, mehr Mitte». Was bedeutet das? «Das heisst zum Beispiel, dass wir Unternehmen brauchen, die Arbeitsplätze und Lehrstellen schaffen können. Dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen», so Kaufmann. Die Mitte setze sich ein für eine soziale Marktwirtschaft: «Wenn die Steuern für die Firmen fair sind, dann kann das Unternehmen investieren und die Mitarbeiter profitieren.» Daneben positioniert sich die Mitte als Familienpartei, gleichzeitig sollen aber die Rentnerinnen und Rentner nicht vergessen werden. «Im Gesundheitswesen und in der Betreuung gibt es grosse Herausforderungen, auch im Fricktal», betont Daniele Mezzi.
Ziele für das Fricktal: Ein Thema, das im Fricktal alle Parteien beschäftigt, ist der Verkehr. Auch die Mitte macht sich diesbezüglich Gedanken über die Zukunft. Daniele Mezzi bedauert es sehr, dass das Aargauer Stimmvolk im Juni 2023 den Halbstunden-Takt zwischen Laufenburg und Stein abgelehnt hat. «Es braucht gute Zugverbindungen, gerade im Hinblick auf die Entwicklung des Sisslerfeldes.» Er ist überzeugt, dass der Ausbau der Bahnkapazitäten kommen muss. Auch einen S-Bahn-Halt im Sisslerfeld wünscht er sich. Für Alfons P. Kaufmann ist klar, dass die bestehenden Strassen kaum mehr ausgebaut werden können. Einer zusätzlichen Brücke über den Rhein im Raum Sisseln steht er skeptisch gegenüber. «Nötig sind unkonventionelle Ideen. Wir sollten beispielsweise eine Seilbahn in Stein über den Rhein ernsthaft prüfen.» Ein weiteres wichtiges Anliegen ist den beiden der Erhalt und die weitere Stärkung des Gesundheitszentrums Fricktal mit seinen beiden Spitälern in Rheinfelden und Laufenburg. «Das GZF ist ein wichtiger Player und zentral für die Gesundheitsversorgung in der Region.»
Der Gegenstand: Die NFZ bittet alle Parteipräsidentinnen und -präsidenten, einen Gegenstand zum Gespräch mitzubringen, der für sie oder die Partei eine besondere Bedeutung hat. Alfons P. Kaufmann hat ein Kilo Salz dabei. «Das Salz für die ganze Schweiz stammt aus dem Bezirk Rheinfelden. Wir brauchen Salz zum Leben. Zu viel Salz in der Suppe ist aber nicht gut, zu wenig ebenfalls nicht. Da sind wir wieder bei der Mitte.» Daniele Mezzi hat ein Bild des Kunstmalers Hans Rudigier mitgebracht, es zeigt die beiden Städte Laufenburg und im Vordergrund einen Salmfänger. «Es symbolisiert für mich die Grenzregion und die Wichtigkeit des Brückenbauens.»
Grossratswahlen am 20. Oktober
Am 20. Oktober wird im Aargau das 140-köpfige Kantonsparlament neu gewählt. Der Bezirk Laufenburg kann sieben, der Bezirk Rheinfelden 10 Grossrätinnen und Grossräte nach Aarau schicken. Im Bezirk Rheinfelden treten acht Parteien mit insgesamt 68 Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl an. Im Bezirk Laufenburg sind es neun Parteien mit 54 Kandidatinnen und Kandidaten. Die NFZ stellt die grösseren Parteien vor und zeigt die Gesichter auf den Listen. (nfz)
Stich-Worte
Die Meinung der Mitte zu vier Themen
Sterbehilfe
«Wir entscheiden nicht, wie lange wir auf Erden leben. Wenn es aus gesundheitlichen Gründen nicht anders geht, dann ist die Sterbehilfe, wie es sie in der Schweiz gibt, sicher eine Möglichkeit. Wir würden aber nicht für die Sterbehilfe stimmen, wenn es heute eine Abstimmung gäbe.»
Ohne C
«Der Namenswechsel war sicher der richtige Entscheid. Unsere christlichen Werte haben sich aber nicht geändert.»
Finanzausgleich
«Der Finanzausgleich zwischen den reicheren und den ärmeren Gemeinden und Kantonen ist richtig und wichtig. Er gehört zum Erfolgsrezept der Schweiz.»
Zuwanderung
«Eine gute Migrationspolitik ist entscheidend. Wir brauchen Fachkräfte, auch aus dem Ausland. Bei der Asylpolitik sollte die Schweiz restriktiver sein. Das Geld, das wir heute dafür ausgeben, würden wir besser grösstenteils in die Berufsbildung in den jeweiligen Herkunftsländern investieren. So könnten die Menschen vor Ort profitieren. Man muss nicht in der SVP sein, um solche Positionen zu vertreten. Es ist aber klar, dass die Schweiz Kriegsflüchtlingen Schutz bieten muss.»



