«Dass er mit dieser Verletzung weiterleben konnte, ist erstaunlich», sagt Sauriermuseums-Leiterin Andrea Oettl. Forschende haben kürzlich anhand des Skeletts eines in Frick ausgegrabenen Plateosauriers eine Knochenentzündung diagnostiziert.
Simone Rufli
...
«Dass er mit dieser Verletzung weiterleben konnte, ist erstaunlich», sagt Sauriermuseums-Leiterin Andrea Oettl. Forschende haben kürzlich anhand des Skeletts eines in Frick ausgegrabenen Plateosauriers eine Knochenentzündung diagnostiziert.
Simone Rufli
«Verletzungen sieht man immer wieder, das allein ist nichts Aussergewöhnliches, bei dieser Plateosaurier-Schulter aber handelt es sich um eine richtig wilde Sache», erklärt Andrea Oettl. Die NFZ hat die Leiterin des Sauriermuseums in Frick im Zusammenhang mit einer kürzlich erschienenen Publikation der Universität Zürich – sie wurde in Auszügen publiziert in der medizinischen Fachzeitschrift «ars medici» – kontaktiert. Sie treffe im Rahmen ihrer Arbeit immer wieder auf verheilte Knochenbrüche, knöcherne Verwachsungen, Missbildungen, nicht selten auch auf Arthrose, so Oettl, noch nie aber habe sie eine infizierte Fläche von diesem Ausmass angetroffen.
«Die Untersuchungen haben ergeben, dass der Plateosaurier, obwohl krank, noch lange weitergelebt hat.» Mit der chronischen Entzündung an Schulter und Oberarm müsse er aber stark eingeschränkt gewesen sein. «Mit Sicherheit hat er seinen rechten Arm nicht mehr gebrauchen können; die Hand vielleicht, der Arm aber war auf jeden Fall steif.» Sein Weiterleben könne nur mit dem Zusammentreffen einer ganzen Reihe von glücklichen Faktoren zusammenhängen. «Meistens endeten Verletzungen innert kurzer Zeit tödlich.»
Ungewöhnlich raue Strukturen
Mehr als 220 Millionen Jahre nachdem der Dinosaurier zur Zeit der späten Trias durchs heutige Fricktal gestreift und im Schlamm in Frick steckengeblieben war, liegt jetzt die medizinische Diagnose vor, woran er damals gelitten hat: Osteomyelitis, eine Infektion des Knochengewebes. Vorausgegangen war eine Entdeckung von Forschenden des Paläontologischen Instituts und des Naturhistorischen Museums der Universität Zürich sowie des Sauriermuseums Frick. Sie hatten ungewöhnliche raue Strukturen bis hin zu Deformationen an diesem im Jahr 2018 in der Tongrube in Frick ausgegrabenen Plateosaurier-Skelett entdeckt.
Mit Hilfe der Empa
Die Untersuchung möglich gemacht hat aber erst die Empa, die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in Dübendorf. Dank deren Computertomographen, die mit ihren Röntgenstrahlen Proben mit einer Grösse von bis zu 70 mal 200 Zentimeter und einem Gewicht von bis zu einer Tonne scannen können, liessen sich die veränderten Strukturen von Oberarm- und Schulterknochen des Dinosauriers bis ins Detail untersuchen. Dass Osteomyelitis bei Dinosauriern wie bei Menschen und vielen lebenden Säugetieren sowie Vögeln vorkommt, war bereits bekannt. Gemäss der wissenschaftlichen Publikation handelt es sich in diesem Fall aber um den bislang ältesten bekannten Fall dieser Krankheit mit dem flächenmässig grössten Infektionsherd.
Für Andrea Oettl ist das Untersuchungsergebnis ein weiterer Beweis dafür, dass es sich lohnt, die ausgegrabenen Skelette detailliert zu untersuchen. «Es gibt noch viel zu entdecken.» Weil es dafür immer Fachleute und finanzielle Mittel brauche, sei es gut, dass die Öffentlichkeit sehe, wenn neue Erkenntnisse gewonnen werden.