Der liberale Geist von Rheinfelden
05.08.2025 RheinfeldenStadtführer Robi Conrad sprach bei der diesjährigen Bundesfeier in Rheinfelden auf der Kurbrunnenanlage. Für Stadtammann Franco Mazzi war es ein Abschied im Amt: Er führte nach 20 Jahren ein letztes Mal den Lampionumzug an.
Boris Burkhardt
«Ich mache ...
Stadtführer Robi Conrad sprach bei der diesjährigen Bundesfeier in Rheinfelden auf der Kurbrunnenanlage. Für Stadtammann Franco Mazzi war es ein Abschied im Amt: Er führte nach 20 Jahren ein letztes Mal den Lampionumzug an.
Boris Burkhardt
«Ich mache das schon 20 Jahre», antwortet Franco Mazzi freundlich auf die entsprechende Frage des Buben, der neben ihm läuft. Von Amts wegen zum letzten Mal führte der scheidende Stadtammann am 1. August den Lampionumzug durch die Innenstadt an. Wie die rund 30 Kinder, die ihn begleiten, hat Mazzi einen roten Lampion mit dem weissen Schweizerkreuz am Stecken in der Hand. Den traditionellen Umzug mit den Kindern lässt sich das Stadtoberhaupt nicht nehmen. «Man muss die Vorderen immer etwas bremsen; sonst entzerrt sich das Ganze zu schnell», verrät er der NFZ das Geheimnis eines guten Lampionumzugsführers.
Feuerwerk wird nicht in Frage gestellt
Auch, was das Wetter betrifft, hat Mazzi viel Erfahrung und war deshalb unbesorgt. Obwohl es während des Programms auf der Kurbrunnenanlage, wo Italorocker Angelo Pisano mit seiner Band sowie der Männerchor Rheinfelden singen, immer wieder regnet, bleibt es während des Umzugs von oben trocken – auch während des zehnminütigen Feuerwerks um 23 Uhr, bevor zwei Stunden später das Gewitter über die Stadt hinweg zieht. Dabei sei das Wasser bereits vor dem Platzregen auf dem Inseli so hoch gestanden, dass das Feuerwerk von dort gerade noch möglich gewesen sei.
Das Feuerwerk generell stellt die Stadt Rheinfelden bisher nicht in Frage, anders als etwa im Baselbiet, wo nicht einmal mehr eine Handvoll Gemeinden ein Feuerwerk am 1. August veranstaltet. Gegner und Befürworter von Feuerwerken hielten sich in Rheinfelden die Waage, sagt Mazzi: Bei der kantonalen Abstimmung hätten sich in der Stadt 65 Prozent gegen ein generelles Verbot ausgesprochen. Die Stadt empfehle aber, auf private Feuerwerke zu verzichten, was dieses Jahr mässig funktioniert. Redner für die Bundesfeier sucht die Stadt Rheinfelden immer passend zu ihrem Jahresmotto, wie Stéphanie Berthoud, Geschäftsführerin von Tourismus Rheinfelden, erklärt. Zum Motto «Altstadt Rheinfelden neu entdecken» passt da niemand besser als Robi Conrad, seit 18 Jahren Stadtführer in Rheinfelden. Nicht eine schöne Altstadt, sondern, die Menschen, die hier wohnten, machten Rheinfelden so lebens- und liebenswert, lobte der Basler seine heutige Heimat, in die er vor 26 Jahren der Liebe wegen gezogen sei. 1700 Stadtführungen habe er bereits hinter sich: «Jedes Mal entdecke ich wieder etwas Neues, sei es eine Baustelle, sei es die Sonne, die in einem speziellen Winkel auf einen Ort fällt», sagte er humorvoll.
Der liberale Geist in Rheinfelden habe ihn von Anfang an beeindruckt, umso mehr, als er gesehen habe, wie tief die Zusammenarbeit mit der Schwesterstadt auf deutscher Seite sei und wie selbstverständlich das Hin und Her über die Alte Rheinbrücke funktioniere: «Hier nimmt keiner wahr, dass es eine Grenze gibt: Man sieht gar nicht, wo die Schweiz aufhört und Deutschland anfängt.» Als er sich mit der lokalen Geschichte befasst habe, die bis vor ca. 220 Jahren tatsächlich keine Grenze kannte, sei ihm auch klar geworden, warum das so sei. Als Seitenhieb konnte er sich aber nicht verkneifen, dass das Schönste an Badisch Rheinfelden der Blick auf die Schweizer Altstadt sei.
Mit Blick auf den Geburtstag der Schweiz mahnte Conrad, in welch glücklicher Lage das Land sei: «Wir dürfen über jeden Hafekääs abstimmen, ohne um unseren Job fürchten zu müssen; wir dürfen Leserbriefe schreiben, ohne mit Polonium vergiftet zu werden.» Daran müsse die Schweiz festhalten in einer Zeit, in der immer mehr Demokratien unter Druck gerieten. Nach dem libanesischen Philosophen Khalil Gibran warnte Conrad: «Man entdeckt den Wert einer Sache erst, wenn man sie verloren hat.» Mazzi verriet bei der Übergabe des Geschenks, dass Conrad selbst am 1. August Geburtstag habe: Das Publikum sang ihm ein Ständchen.
Tourismuschefin Berthoud versucht, für das Rheinfelder Programm eine Mischung aus Tradition und Moderne zu erreichen, wie sie auf Nachfrage sagt. Pisano mit seiner Band habe sich in vielen Jahren bewährt; statt dem Männerchor übernähmen sonst etwa Alphörner oder Trachtengruppen den traditionellen Part. Die Bewirtung erfolgte durch das Restaurant Gambrinus.