Der Kaiser betet für das Ende der Kriege
02.09.2025 FokusReligion und Aberglaube waren Schwerpunkte auf dem Römerfest
Mit 21 000 Besuchern war das Römerfest so gut besucht wie im Vorjahr. Dieses Jahr erhielt die NFZ eine Privataudienz bei Kaiser Hadrian, der zugleich Oberpriester des Römischen Reiches ist.
Boris ...
Religion und Aberglaube waren Schwerpunkte auf dem Römerfest
Mit 21 000 Besuchern war das Römerfest so gut besucht wie im Vorjahr. Dieses Jahr erhielt die NFZ eine Privataudienz bei Kaiser Hadrian, der zugleich Oberpriester des Römischen Reiches ist.
Boris Burkhardt
Bei Kaisers zu Hause geht es polyglott zu: Es wird Italienisch, Französisch, Deutsch, Schweizerdeutsch gesprochen – und natürlich Latein. Kaiser Hadrian (76–138), Imperator des Römischen Reiches, und seine Ehefrau, Imperatorin Vibia Sabina (78–136), gewähren der NFZ am Römerfest im Museum Augusta Raurica in Augst am vergangenen Wochenende eine Audienz im eigenen Zelt. Hadrian und Sabina heissen eigentlich Valerio und Catia Bello und sind auch im wirklichen Leben ein Paar, er Italiener, sie Schweizerin. Zusammen wohnen Kaisers im Glarnerland.
Seit vielen Jahren sind die beiden historischen Darsteller mit ihrer Entourage an Prätorianern und verschiedenen Würdenträgern Teil des Römerfestes, eröffnen das Fest mit einem Weihe-Ritual, führen den Umzug an und sitzen auf der Tribüne beim grossen Spektakel im Amphitheater mit Musik, Tanz und Gladiatorenkämpfen. Das Gebet in der Eröffnungszeremonie richtete Hadrian alias Bello an den Götterkönig Jupiter. Er bat aber auch Mars, er möge die Kriege beenden. «Ich baue immer aktuelle Ereignisse in meine Gebete ein», erklärt Bello nun im Zelt.
Stolz auf Lorbeerkrone
War Mars nicht der Gott des Krieges? Ein Gott, der sich an Gewalt und Tod ergötzt habe, bestätigt Bello: «Ich habe bewusst Hadrian als Figur gewählt, weil er ein pazifistischer Kaiser war, der die griechische Geschichte und Kultur sehr schätzte. Er wünschte sich den Frieden zur Zeit Augustus’ zurück. Deshalb bitte ich den Kriegsgott, sich zu zügeln.» Die Gebetszeremonie führt Bello mit seiner Darstellergruppe jedes Jahr am 21. April, dem mythologischen Geburtstag Roms, auf dem Kapitol durch, wo der Tempel des Jupiter stand. Seit vielen Jahren führt er die Zeremonie auch in Augusta Raurica durch: «Das ist für mich jedes Mal wie eine Heimkunft. Auch Hadrian hielt sich mehr in der Provinz auf als in Roma, wo er die Administration und Politik fürchtete.» Besonders stolz ist Valerio Bello auf die Krone Hadrians in Form eines Lorbeerkranzes, die er dieses Frühjahr nach einer Büste des Kaisers, die im Antikenmuseum in Basel ausgestellt ist, anfertigen liess.
Seine Begeisterung ist spürbar, wenn er berichtet, wie er den Hinweis erhielt und sich das erste Mal vor Ort kundig machte. Die Krone trägt auf der Stirn ein konvexes Glas, das als Lupe fungiert: Das Bild, das man darin sieht, die Siegesgöttin Victoria auf ihrem Wagen, sei in Wirklichkeit winzig, erklärt Catia Bello. Die Krone habe seine Verbindungen zur Nordwestschweiz weiter gestärkt, meint Valerio Bello und sagt scherzhaft: «Das Antikenmuseum und ich sind jetzt gute Freunde.» Trocken fügt er auf Italienisch an: «Sieht aus wie eine Schwingerkrone.»
Segenswünsche und Flüche
21 000 Besucher zählten die Veranstalter des 28. Römerfestes trotz des durchwachsenen Wetters am Samstag, so viele wie im Jahr zuvor. Ein Schwerpunkt lag dieses Jahr auf der Religion und dem Aberglauben der Römer. Im Zelt «Religio Romana» auf dem Forum bereitete zum Beispiel die Ethnobotanikerin Monique Burnand mit dem Mörser Räuchermischungen für den Hausaltar zu. Hier konnten die Besucher auch Segenswünsche auf Talismane schreiben. Ein paar Zelte weiter liess hingegen der Altphilologe Massimo Cè von der Uni Basel seine Besucher Flüche auf Gravurfolie schreiben, die sie dann an ein Brett nagelten.