Mit einem Berg voller Kleider und ein paar guten Freundinnen ging Sandra Ledermann an die Börse. Der Aktienkurs dieser Idee ging durch die Decke.
Ronny Wittenwiler
Ein bisschen nervös war sie schon. Was, wenn niemand vorbeikommt, der sich für all die bunten ...
Mit einem Berg voller Kleider und ein paar guten Freundinnen ging Sandra Ledermann an die Börse. Der Aktienkurs dieser Idee ging durch die Decke.
Ronny Wittenwiler
Ein bisschen nervös war sie schon. Was, wenn niemand vorbeikommt, der sich für all die bunten Klamotten interessiert? Das hatte sie nun davon, Sandra Ledermann: eine Frau mit Diagnose Fasnachts-Fieber und einem Ehemann, der vor lauter Kostümen seinen Platz im Hobbyraum sucht. Immerhin, das Lachen verging Ledermann auch an diesem Samstagmorgen nicht: «Seit Kindsbeinen mache ich Fasnacht. Später habe ich dann die eigenen Kinder ‹mitgeschleikt›, die sind mittlerweile fünfzehn und zwanzig und ich, Mitte fünfzig, hatte das Gefühl, endlich mal den Keller mit all den Kostümen räumen zu müssen.» Auf einer Irlandreise mit ihrer Mutter Heidi – gelinde gesagt auch nicht gerade eine Anti-Fasnächtlerin – nahm dann die Idee Gestalt an und so stand sie nun da, Sandra Ledermann mit Tochter, mit Mutter, weiteren Freundinnen inmitten dieser Klamotten, aufgereiht ab Stange, sortiert und nummeriert. In wenigen Minuten sollte sie beginnen: Die 1. Fasnachts-Kleiderbörse in Möhlin.
350 Kostüme abgegeben
«Wir haben die Welt nicht mehr verstanden», sagt Ledermann dann noch mit einem Lachen, kurz bevor es losgeht. Regelrecht überrannt wurden sie. 350 Kostüme, Einzel- und Mehrteiler, stehen zum Verkauf, vorbeigebracht ins christkatholische Pfarreizentrum hatten die Kleider am Vorabend unzählige Personen, die dem Aufruf von Ledermann gefolgt waren und ihren Fasnachts-Fundus «plünderten». Die Idee hinter dem Projekt: Statt die Kleider zu horten oder sie gar wegzuwerfen, einfach an andere weitergeben.
«Du möchtest ein neues Kostüm oder vielleicht zum ersten Mal die Fasnacht verkleidet geniessen?» Dieser zweite Teil des Plans richtete sich schliesslich an all jene, auf die Ledermann am Samstagmorgen gespannt wartete. Und tatsächlich: Weit über zweihundertfünfzig Personen kamen vorbei und suchten sich zu moderaten Preisen ihr Kostüm für die kommende Fasnacht aus. «Es war der absolute Hammer, wir schweben jetzt noch auf einer Wolke», sagt Ledermann später am Telefon, Mutter, Tochter, ihre Freundinnen, sie hatten alle Hände voll zu tun. Weit über zwei Drittel aller Kostüme gingen weg. «Das Schöne daran: viele Gesichter haben wir noch nie gesehen. Es sind Privatpersonen, die etwas kauften, weil sie die Fasnacht verkleidet am Strassenrand erleben wollen. Besonders Kinderkostüme waren sehr gefragt.»
Ode an die Freude
Und so ist für Sandra Ledermann und ihre Mitstreiterinnen jetzt schon klar, dass die Fasnachts-Kleiderbörse keine Eintagsfliege bleibt. Doch jetzt heisst es erst einmal: rein in die Klamotten, ran an die Fasnacht. Der Erlös der verkauften Kostüme ging an all die ursprünglichen Besitzerinnen und Besitzer. «Abzüglich zwanzig Prozent», sagte Ledermann am Samstag, bevor es losging. «Damit decken wir die Unkosten. Und wenn dann noch etwas übrigbleibt, spenden wir den Rest für einen guten Zweck.» Dann, am Telefon, nach einem unvergesslichen Tag, sagt sie glücklich: «Es ist ein schöner Betrag übriggeblieben. Den lassen wir den Spitalclowns zukommen.» Auf dass Fröhlichkeit und Farbe nicht nur an der Fasnacht Einzug halten mögen. Und der Mann von Sandra Ledermann? Hat wieder etwas Platz im Hobbyraum.