«Den Schmerz mit mir herumgetragen»
18.08.2025 PersönlichFranziska Laur zu Gast bei Ueli Mäder
In ihrem Buch «Die Schatten der Ahnen» hat Franziska Laur 2022 ihre Familiengeschichte dokumentiert. Im Rahmen der Reihe «Kultur und Gesellschaft» diskutiert sie am 27. August im Hotel Schützen mit Ueli ...
Franziska Laur zu Gast bei Ueli Mäder
In ihrem Buch «Die Schatten der Ahnen» hat Franziska Laur 2022 ihre Familiengeschichte dokumentiert. Im Rahmen der Reihe «Kultur und Gesellschaft» diskutiert sie am 27. August im Hotel Schützen mit Ueli Mäder.
Die Journalistin Franziska Laur wohnt in Rheinfelden. In ihrem Buch über «Die Schatten der Ahnen» (Zytglogge 2022) beschreibt sie den «Niedergang einer Schweizer Familiendynastie» (die NFZ berichtete). Und im Hotel Schützen geht die Autorin nun im Gespräch mit Ueli Mäder auf weitere Erkenntnisse aus ihren Erfahrungen ein.
Die Einsamkeit der Nachkommen
Laur kam 1956 in Brugg zur Welt. Sie besuchte die Neue Sprach- und Handelsschule (NSH) in Basel und kehrte nach längeren Aufenthalten im Ausland in die Schweiz zurück. Hier zog sie ihre fünf Kinder auf und schrieb für die Weltwoche, Aargauer Zeitung und die Basler Zeitung, für die sie immer noch freiberuflich tätig ist. Ihr Buch dokumentiert gut ein Jahrhundert Schweizer Zeitgeschichte. Es handelt von Traditionen, Patriarchen und davon, wie einsam sich Nachkommen fühlen.
Urgrossvater Ernst Laur, der «Bauerngeneral», führte 1918 den Kampf gegen streikende Arbeiter an. Grossvater Ruedi Laur hütete den Silberschatz in Augusta Raurica. Vater Arnold Laur wollte kein Held sein. Und zwei revoltierende Brüder starben an den Folgen ihres Drogenkonsums.
«Ich habe jahrelang den Schmerz mit mir herumgetragen, meine Brüder sowie den Familiensitz in Effingen, Ort der schönen Erinnerungen, verloren zu haben», stellt Franziska Laur fest. Das Schreiben des Buches habe sie sehr entlastet. «Vom Bauernkönig zum Junkie» könnte der Titel ebenfalls lauten. Ihr Urgrossvater und Grossvater «waren sehr ehrgeizig, was sich im grossen Erwartungsdruck auf die männlichen Erbfolgenden entlud.» Diesem hielten ihr Vater und ihre Brüder «leider eine selbstzerstörerische Lebensweise entgegen». Das gehöre zum Schatten.
Im Kampf zerbrochen
«Es war für mich schwierig, Vater und Brüder in diesem Auflehnungskampf zerbrechen zu sehen», führt Franziska Laur aus. Das Schreiben half ihr, einen Umgang zu finden.
Sie empfiehlt deshalb allen, «die einen nagenden Schmerz in sich tragen, Ähnliches zu tun». Es müsse ja nicht unbedingt ein Buch sein. Wichtig sei, auch helle Seiten zuzulassen. «Wir hatten einen guten Familienzusammenhalt», fährt die Autorin fort. «Wir feierten in Effingen und auch in Basel beglückende Feste. Und zu meiner Grossmutter hatte ich einen besonderen Draht. Sie gab mir in schwierigen Zeiten viel Halt.»
Aber aufgepasst, oft trüge der Schein, so Laur. «Das Schwierigste für uns Kinder war, dass über die Schatten nicht gesprochen wurde. Sie hingen namenlos wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen.» Umso wichtiger sei, auch über Schwächen zu reden. Gerade in der kleinen Schweiz, die sich gerne überhöhe. Da gelte es, Selbstkritik zu üben und auch Sorge zur Natur und Landwirtschaft zu tragen. Das bedeute etwa, Böden zu schonen, statt zuzubetonieren oder mit Chemikalien und riesigen Maschinen zu malträtieren.
Milder gestimmt
Zentral ist für Franziska Laur zudem, «dass auch Frauen in Politik und Wirtschaft mitbestimmen». Und besser verstehe sie nun, wie sehr wir alle Kinder unserer Zeit seien. «Von daher bin ich», konkretisiert sie, «mittlerweile milder gegenüber meinen Ahnen gestimmt». Und wenn sie noch einen Rat geben dürfe, dann diesen: «Das Leben ist ein zu grosses Geschenk, um im Schmerz und im Groll zu versinken. Liebe das Leben, auch wenn es zeitenweise mühselig ist!»
Und was hat Franziska Laur, über ihr Buch hinaus, sonst noch bei ihrer vielseitigen Tätigkeit als Journalistin erfahren? Das interessiert am Schützen-Talk ebenfalls. Soviel vorweg: «Ich liebe Menschen und versuchte stets, ihr Wesen zu erfassen und sie im Text atmosphärisch einzubauen», präzisiert die Publizistin. Sie habe begriffen, dass Menschen selten nur gut oder böse seien. Das förderten auch brisante Gerichtsfälle zutage. (mgt/nfz)
«Im Schatten der Ahnen». Am Mittwoch, 27. August, um 19.30 im Hotel Schützen (Bahnhofstrasse 19) in Rheinfelden. Gast: Franziska Laur. Musikalische Begleitung: Peter Schmid. Moderation: Ueli Mäder. Eintritt: 15 Franken. Anmeldung über: https://www.schuetzenhotels.ch/de/entdecken