«Den Ortsbürgern soll wieder eine bedeutendere Rolle zukommen»
09.01.2024 Brennpunkt, UekenSeit einem Jahr sind Herznach und Ueken fusioniert. Dies macht in den Köpfen der Bevölkerung jedoch keinen Riesenunterschied, ist Gemeindepräsident Stephan Gemmet überzeugt. Vielmehr sei es ein harmonisches Weitermachen.
Bernadette Zaniolo
NFZ: ...
Seit einem Jahr sind Herznach und Ueken fusioniert. Dies macht in den Köpfen der Bevölkerung jedoch keinen Riesenunterschied, ist Gemeindepräsident Stephan Gemmet überzeugt. Vielmehr sei es ein harmonisches Weitermachen.
Bernadette Zaniolo
NFZ: Herr Gemmet, am Neujahrsapéro vor einem Jahr, zum Start der neuen Gemeinde Herznach-Ueken, verglichen Sie die Fusion mit dem Generieren von enormer Energie wie man es von Fusionskraftwerken erwartet, jedoch auch mit einer Hochzeit. Ist die Ehe nach einem Jahr immer noch harmonisch?
Stephan Gemmet: Aus meiner Sicht ist dies immer noch so. Ich höre wenig Disharmonie. Wir können es auch nicht mit der Fusion von Böztal vergleichen, dort mussten sich vier Gemeinden finden. Herznach und Ueken haben schon vor der Fusion vieles gemeinsam gemacht.
Wieviel Energie konnten Sie generieren und was hat diese bewirkt?
Es ist bei uns ein harmonisches Weitermachen. Schon im Fusionsvertrag wurde festgehalten, dass wir eine Ortsbürgerkommission ins Leben rufen werden. Das haben wir im Laufe des Jahres gemacht. Den Ortsbürgern soll wieder eine bedeutendere Rolle zukommen. Sie sollen wieder mehr aktiv sein. Die Ortsbürgerkommission ist sich am Finden, beziehungsweise wird in absehbarer Zeit Vorschläge präsentieren.
Spüren Sie das Zusammenwachsen?
Über die Feuerwehr und die Vereine sind wir seit Jahren verbunden. Es macht in den Köpfen der Bevölkerung deshalb wohl keinen Riesenunterschied, dass wir jetzt fusioniert sind. Vor 220 Jahren trennten sich die beiden Dörfer; jetzt sind sie wieder vereint. Und es war schon früher so, dass zum Beispiel die Kirche im einen und die Wasserversorgung im anderen Dorf war. Also war man zwischenzeitlich nicht vollkommen voneinander getrennt.
Im August wurde die Fusion offiziell mit einem dreitägigen Dorffest abgeschlossen. Was ist Ihnen von diesem Fest am meisten in Erinnerung geblieben?
Es war ein echtes Dorffest. Ich habe Bewohner und Bewohnerinnen von beiden Dörfern beziehungsweise Ortsteilen getroffen. Mir persönlich bleibt es als sehr, sehr schönes, gemütliches Fest in Erinnerung. Die vielen Darbietungen fügten sich perfekt ins Programm ein und hinterlassen ein schönes Gesamtbild. Für mich war es wie ein schönes Familienfest.
«Die Bevölkerung vertraut uns mehrheitlich»
In Herznach-Ueken musste der Wasserpreis erhöht werden. Und: der viele Verkehr auf der Staffeleggstrasse beschäftigt die Gemeinde weiter. Im Gespräch mit der NFZ spricht der Gemeindepräsident über mögliche Lösungen sowie künftige Projekte.
Bernadette Zaniolo
NFZ: Fusionen sorgen auch für Nebenschauplätze. So musste der Wasserpreis auf zwei Franken erhöht werden. Für die einen bedeutete dies eine Erhöhung von 1.20 Franken, für die anderen 50 Rappen. Ein Kompromiss wie in einer guten Ehe?
Stephan Gemmet: Nein, denn jedes Dorf hätte in Sachen Wasserkasse etwas machen müssen. Hauptgrund ist ein grosses Leitungsnetz in beiden Ortsteilen, das unterhalten werden muss. Die Wasserwerke wären mittelfristig defizitär. In der Finanzplanung wird mit einem neuen Reservoir gerechnet. Die Kosten dafür wurden mit 1,6 Millionen Franken errechnet. Ob dieses kommt, ist ebenso offen wie, wo dieses gebaut würde.
Die Gemeinde muss also in die Wasserversorgung investieren. Welche Investitionen stehen genau an?
Entweder müssen wir ein grösseres Reservoir bauen oder einen Zusammenschluss. Bei einem gemeinsamen Reservoir gibt es zu bedenken, dass aufgrund eines höheren Druckes Leitungen bersten könnten. Das Herznacher Reservoir befindet sich beim Hübstel; das Reservoir in Ueken liegt 20 bis 30 Meter tiefer, was zwei bis drei Bar Druckunterschied bedeutet. Wir sind jedoch nicht in Not. Wir müssen dies jetzt genauer anschauen und den Fahrplan definieren. Die Leitungen müssen so oder so von Zeit zu Zeit erneuert werden, was natürlich auch im Finanzplan berücksichtigt ist.
Der viele Verkehr, insbesondere die Lastwagen sind ein Dauerthema. Konnten Sie hier dank der neuen Energie schon Verbesserungen aufgleisen?
Der Verkehr ist immer noch viel. Mit dem Kanton sind wir in allen Richtungen am Diskutieren. Der Detailhändler Coop hat von sich aus auf Nachtfahrten verzichtet und gemäss der Migros bestehen keine. Es ist eine Kantonsstrasse und eine Versorgungsroute. Damit ist es auch eine Strasse für Schwer-Transporte. Die LSVA-Abgabe sorgt dafür, dass die Transporteure den kürzesten Weg wählen. Mit einer 2-stufigen LSVA-Abgabe wäre aus meiner Sicht eine Änderung möglich. Hier müssten der National- und Ständerat für eine Veränderung sorgen. Wir sind nicht die Einzigen, die vom vielen Lastwagenverkehr betroffen sind. Auch zum Beispiel das Suhretal ist betroffen. Nebst der LSVA wäre auch ein Basistunnel zwischen Frick und Aarau eine Möglichkeit. Mehr Arbeitsplätze im Tal und der Region bedeutet auch für uns, noch mehr Verkehr. Das ist aus meiner Sicht, der einzige Minuspunkt für unser schönes Dorf. Schade, dass wir nicht selber Massnahmen ergreifen können. Wir werden diesbezüglich total fremdbestimmt.
Nicht fremdbestimmt ist das Dorfleben. Herznach-Ueken hat viele Vereine. Schon vor der Fusion lag der Wunsch nach einer Dreifach-Turnhalle offen. Ist das derzeit ein Thema auf Stufe Gemeinderat?
Ja, wir haben eine Liegenschaftsstrategie in Auftrag gegeben. Dabei geht es nicht nur um die Turnhalle, sondern auch wie Gebäude zukünftig genutzt werden sollen und wie hoch der Investitionsbedarf für die Immobilien ist. Wir haben versprochen, dass wir auch das Thema Dreifach-Turnhalle sehr zeitnah angehen wollen. In den nächsten Tagen werden wir den Vorentwurf der Liegenschaftsstrategie besprechen. Dabei geht es auch um Gebäude, die nicht oder nicht optimal genützt werden. Es geht um die Kernfrage, für was brauchen wir was?
Die Betriebs- und Geschäftsführung der Elektra Ueken wurde per 1. Januar 2024 grösstenteils an die AEW ausgelagert. Was waren die primären Gründe für die Auslagerung und war dieser Entscheid eindeutig?
Es war ein klarer Entscheid. Hauptgrund war der Fachkräftemangel als Miliz, sprich der Elektra-Kommission. Wir haben das wirtschaftlich optimale Angebot angenommen. Die Geschäftsführung und die Elektra-Kommission diskutieren das Strompreis-Angebot. Der Strom-Einkauf ist jedoch nicht zwingend über die AEW erforderlich. Und wir haben das Netz nicht verkauft. Es gibt gewisse reglementarische Bestimmungen, die den Strompreis beeinflussen. Die Netzkosten, beziehungsweise der Unterhalt des Netzes kann jedoch in jeder Gemeinde anders sein. Je verzettelter das Netz, desto mehr kann dies auf die Netzkosten drücken. So sind zum Beispiel unterschiedliche Preise für den Dorfteil Herznach oder Ueken möglich.
Das Wohnbauprojekt «Herdehaus» der gleichnamigen Wohnbaugenossenschaft scheint vorwärts zu kommen. Was bedeutet dieses Projekt für die Gemeinde?
Die Gemeinde hat dafür das Grundstück gegeben und dafür Anteilscheine gekauft. Das Wohnbauprojekt wird von der Gemeinde und der Bevölkerung hier gut getragen. Viele Menschen in den beiden Ortsteilen haben sich beteiligt. Der ganze Gemeinderat freut sich, wenn das Projekt realisiert wird. Da es jedoch zum Teil die Schutzzone Kirchenbezirk tangiert, liegt das Baugesuch bereits seit einigen Monaten beim Kanton zur Prüfung.
Bereits im ersten Jahr nach der Fusion hat Gemeindeschreiber Harry Wilhelm gekündigt. Waren Sie überrascht?
Jeder im Gemeinderat war überrascht. Keiner ist ihm jedoch böse. Er nimmt eine neue beruf liche Herausforderung an. Sein Nachfolger Florian Habegger wirkt auch schon seit drei Jahren als Stellvertreter hier in der Gemeinde. Harry Wilhelm ist bis Februar/März noch mit einem Teilzeitpensum auf der Verwaltung. Dies ermöglicht einen fliessenden Übergang. Ein weiterer Vorteil ist, dass im Führungsgremium alles Personen mit langjähriger Gemeinderatserfahrung sind. Es gerät also nicht gleich alles «unterobsi».
Welche Bilanz ziehen Sie persönlich nach einem Jahr?
Lacht. Herznach-Ueken ist schön. Die Verwaltung funktioniert tadellos. Man hat das Gefühl, die Bevölkerung vertraut uns mehrheitlich. Wer eine andere Meinung hat, kann uns dies natürlich gerne mitteilen. Gewisse Sachen würden wir natürlich schon lieber schneller machen. In der Privatwirtschaft geht vieles gewiss einfacher.
Welches sind die dringendsten Geschäfte im 2024?
Sicher die Liegenschaftsstrategie. Weiter die Erschliessungs- und Finanzierungsreglemente gemäss dem Fusionsvertrag. Für das Gebiet Dorfeingang Nord in Herznach (Höhe Ballon Müller) besteht eine Gestaltungsplanpflicht. Bei dem Gebiet handelt es sich um eine Arbeitszone und beim Sondernutzungsplan geht es darum, den Dorfeingang Nord des Ortsteils Herznach so harmonisch wie möglich zu gestalten.
Gibt es bereits Bauinteressenten für dieses Gebiet?
Die Parzellen sind in Privatbesitz und die Eigentümer möchten gerne diese entsprechend nutzen, dafür muss jedoch das Gebiet zuerst erschlossen werden und der Gestaltungsplan muss vom Kanton bewilligt sein.
Was ist mittelfristig geplant?
Die Einführung eines Strassenzolls (lacht). Vergessen Sie dies gleich wieder. Das können wir natürlich nicht machen. Hingegen wird die Sanierung der Kantonsstrasse K207 in den nächsten zwei bis drei Jahren erfolgen. Wie bereits angesprochen, ist auch der Bau eines neuen Reservoirs vorgesehen und eventuell auch eine Dreifach-Turnhalle. Durch den Anstieg der Schülerzahlen werden wir auch ein Augenmerk auf die Sicherheit des Veloweges werfen.