«Blühende Landschaften des Klangs»
08.07.2025 FricktalDas Solsberg-Festival feierte mit einem Jubiläumskonzert seinen 20. Geburtstag.
So erzählte es Sol Gabetta einmal der NFZ: «Ich war auf der Suche nach einer schönen Behausung. Ruhig, auf dem Lande, aber doch in der Nähe von Basel. Und so standen wir plötzlich ...
Das Solsberg-Festival feierte mit einem Jubiläumskonzert seinen 20. Geburtstag.
So erzählte es Sol Gabetta einmal der NFZ: «Ich war auf der Suche nach einer schönen Behausung. Ruhig, auf dem Lande, aber doch in der Nähe von Basel. Und so standen wir plötzlich in der Klosterkirche von Olsberg und ich wusste: Das ist es, hier möchte ich wohnen und hier möchte ich eigene Konzerte veranstalten.» Das Solsberg-Festival war geboren.
Edi Strub
Im Sommer 2006 gab es drei Konzerte, dieses Jahr sind es dreizehn. Die meisten finden noch immer in Olsberg in der Klosterkirche statt, andere, wie am Donnerstag das Jubiläumskonzert, in Rheinfelden. Anwesend am Konzert zum 20. Geburtstag von «Solsberg» war auch «Kulturministerin» Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. «Ich wollte Sol Gabetta für ihr musikalisches Engagement ehren und ihr danken», sagte sie in ihrer kurzen Ansprache. Gabetta habe das Solsberg-Festival mit ihrem unglaublichen Netzwerk von Künstlerinnen und Künstlern zu einem der wichtigsten Fixpunkte im Schweizer Musikleben entwickelt. «Ohne Sol Gabetta wären wir heute nicht hier. Und ohne Sol Gabetta, würden nicht jeden Sommer tausende von Musikfreunden nach Olsberg pilgern, um den Konzerten zu lauschen.» Am Anfang standen, in der Tradition der Basler Schola Cantorum, wo Sol Gabetta gelernt und gelehrt hat, vor allem Werke des Barocks auf dem Programm, seit einiger Zeit aber immer häufiger Kompositionen aus der Klassik und Romantik. Am Donnerstag in der Stadtkirche in Rheinfelden waren es zum Beispiel zwei Schlüsselwerke von Johannes Brahms: Das Streichquintett Nr. 1. in F-Dur und das grossartige, fast wie eine Symphonie daherkommende Streichsextett Nr. 1 in B-Dur.
Das Streichsextett war der erste grosse Erfolg von Johannes Brahms auf dem Gebiete der Kammermusik. Lange hatte Brahms auf diesen Erfolg warten müssen. Zwanzig Streichquintette insgesamt soll er zuvor komponiert haben. Am Ende warf er sie alle verzweifelt in einen Fluss. Die grossen klassischen Meister dieses Genres – Haydn, Mozart, Beethoven – vermochte er nicht zu erreichen, fühlte er. Dazu kamen «satztechnische Probleme», wie er einmal erklärte. Es sei zwar nicht schwer zu komponieren, aber fabelhaft schwer, alle überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen. Mit dem Streichsextett, das am Donnerstag in der Rheinfelder Martinskirche erklang, ist ihm das dann endlich gelungen. In höchster Vollendung. Blühende Landschaften des Klangs strömten durch diese Musik, schrieben vormalige Kritiker. Und das bestätigte sich am Donnerstag vom ersten Ton an. Es klang so «wonnig» und farbenprächtig, wie es sich Brahms vorgestellt hatte. Besonders hervorgetan haben sich in Rheinfelden dabei die Bratscher, der warme Klang ihrer Instrumente gehört wesenhaft zu Brahms. Die Musiker des Gabetta-Ensembles hatten sich ständig im Blick, führten Zwiegespräch miteinander. An den Geigen waren Vilde Frang und Hana Chang. An den Bratschen Lawrence Power und Timothy Ridout und schliesslich an den Celli Sol Gabetta und Victor Julien-Laferrière.
Nicht ganz so zu überzeugen vermochte der Klang im Streichquintett, mit dem das Konzert eröffnet worden war. Zeitweise war es schwierig, die grossen Linien zu erkennen. Die Martinskirche ist kein Konzertsaal, sondern ein Sakralbau, der für andere Bedürfnisse gebaut worden ist als für Klassikkonzerte. Dennoch war das Konzert eine würdige Jubiläumsfeier mit grossartigen Musikern, die sich, wie immer in Solsberg, in stundenlangem intensivem Proben aufeinander abgestimmt hatten. Schnell zusammenkommen und mehr oder weniger ab Blatt etwas herunterspielen, das gibt es am Solsberg-Festival nicht. Das Publikum bedankte sich mit grossem Applaus.
Christoph Müller – der Mann im Hintergrund
Viel zu verdanken hat das Solsberg-Festival nicht nur der Namensgeberin Sol Gabetta, sondern auch dem Intendanten, der dahintersteht: Christoph Müller. Er hatte 2002 das Gstaader Menuhin-Festival gerettet, nachdem der Gründer und Namensgeber Yehudi Menuhin gestorben war und sein Nachfolger als Festival-Organisator krachend scheiterte. In Olsberg hat er ab 2006 zusammen mit Sol Gabetta etwas aufgebaut, was in vieler Hinsicht einzigartig ist. Das Schlüsselwort hiess immer Qualität. Und das Festival hat es dank Christoph Müller und Sol Gabetta geschafft, immer wieder hochbegabte, topmotivierte junge Musikerinnen und Musiker ans Festival zu bringen. Am ersten Festival 2002 trat zum Beispiel Patricia Kopatchinskaja auf. Wer kannte sie damals? Vor zwei Jahren spielte die junge Geigerin Hana Chang zum ersten Mal in Olsberg zusammen mit Sol Gabetta und im letzten und auch diesem Jahr die fantastische erst achtzehn Jahre alte Pianistin Alexandra Dovgan. Das sind nur ein paar Beispiele von Dutzenden.