Bezahlkarte für Asylsuchende - Rolf Schmids Bericht aus dem Grossen Rat
28.08.2025 AargauDer Grosse Rat nimmt jeweils die Jahresberichte der Aargauischen Gebäudeversicherung zur Kenntnis. In diesem Jahr gab vor allem der Wechsel des Logos zu reden. Die Behandlung im Rat wird aber auch dafür genutzt, den Mitarbeitenden der AGV zu danken.
Im Anschluss kam es zur ...
Der Grosse Rat nimmt jeweils die Jahresberichte der Aargauischen Gebäudeversicherung zur Kenntnis. In diesem Jahr gab vor allem der Wechsel des Logos zu reden. Die Behandlung im Rat wird aber auch dafür genutzt, den Mitarbeitenden der AGV zu danken.
Im Anschluss kam es zur heissen Debatte über die Ein - führung einer Bezahlkarte für Asylsuchende. Die FDP reichte einen Vorstoss erneut ein, der bereits im letzten Sommer knapp abgelehnt wurde. Dabei geht es darum, dass die Asylsozialhilfe nur noch mittels Bezahlkarten ausbezahlt wird. Damit soll verhindert werden, dass vom Verpf legungsgeld von 10 Franken pro Tag Geld ins Ausland überwiesen wird. Die Gegnerinnen und Gegner argumentierten hingegen, dass Einkäufe in Brockenhäusern, bei Lebensmittelabgabestellen oder das Sackgeld für die Kinder nicht mehr möglich seien. Die Mehrheit von SVP-FDP hat die Gesetzesänderung gegen den Willen der restlichen Parteien überwiesen.
Das darauffolgende Traktandum drehte sich um die Finanzierung für die Sicherheitsdienstleistungen in kantonalen Asylunterkünften. Nach kurzer Diskussion und wenigen Gegenstimmen wurde der Kredit für die Jahre 2026-2029 genehmigt. Danach stand die Anpassung des Richtplans für die Erweiterung der Deponie Babilon im Freiamt im Fokus. Als Vorteil für die Vergrösserung der bestehenden Deponie spricht, dass die Auswirkungen für die Umwelt und die Bevölkerung geringer ausfallen als bei einem neuen Standort, weil dafür die bestehende Infrastruktur genutzt werden kann. Die Gegnerschaft bemängelt an der Erweiterung jedoch den Wegfall wertvoller Fruchtfolgeflächen und die Tatsache, dass auch Aushubmaterial aus den angrenzenden Kantonen Zürich und Zug in den Aargau importiert werden soll. Letztlich stimmten 80 Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu, während 53 dagegen votierten.
Klarer war das Verdikt bei den weiteren Geschäften. Der Verpflichtungskredit für den Hochwasserschutz in Wettingen über 6,1 Millionen Franken wurde mit grosser Mehrheit angenommen. Obwohl der massive Entlastungsstollen, der das Wasser direkt in die Limmat führen soll, nach Ansicht einer Minderheit veraltet sei und das Projekt die heutigen Wasserstrategien zu wenig berücksichtige. Beim Umbau und der Erweiterung des landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg gab es keine kritischen Voten. Der Bedarf ist deutlich ausgewiesen. Besonders gelobt wurde die vorbildliche Umsetzung mit nachhaltigen und klimaverträglichen Technologien. Der notwendige Kredit über 9,17 Millionen Franken wurde mit einer Gegenstimme genehmigt.
Hochseilbahn überwiesen
Erwähnenswert am Sitzungstag ist das Postulat der Fricktaler Grossrätinnen und Grossräte betreffend Prüfung einer Hochseilbahn über den Rhein im Raum Sisslerfeld. Der Regierungsrat nimmt das Anliegen entgegen und ist bereit, die Idee in die Gesamtverkehrsplanung einzubeziehen.
KOMMENTAR
Konstruktive Politik – quo vadis?
Der Aargau hat im Herbst 2024 gewählt. Seit diesem Jahr verfügt das Parlament darum über eine rechte Mehrheit. Diese macht sich im politischen Alltag stark bemerkbar. Diskussionen verlaufen anders, Entscheide fallen anders aus. Linke Meinungen waren schon früher in der Minderheit, aber die aktuelle Übermacht von SVP und FDP verkommt in vielen Geschäften zu einem Powerplay. Selbst wenn die ebenso bürgerliche Regierung, die Kantonsverwaltung oder ein Fachverband, wie jüngst bei der Einführung der Bezahlkarte für Asylsuchende, darauf hinweisen, dass ein Vorstoss nicht praktikabel ist, Fakten anders als vermutet oder die gesetzlichen Grundlagen etwas verunmöglichen, drückt die neue Mehrheit ihr (Wahl-) Programm eisern durch. Bei allem Verständnis für den Wählerwillen: lösungsorientierte und kompromissbereite Politik sieht anders aus. Das stimmt mich für die nächsten drei Jahre äusserst nachdenklich, sollte doch das Wohl der ganzen Bevölkerung im Vordergrund stehen und nicht die eigenen (Macht-) Interessen.
ROLF SCHMID, FRICK