Simone Rufli
Es herbstelt. Der frühe Morgen bereits dunkler und kühl, die ersten Blätter fallen. Noch 110 Tage, dann ist das Jahr 2025 schon wieder Geschichte. Am Montag war der Weltalphabetisierungstag der Unesco und mir gehen auf der Tastatur die ersten Buchstaben aus ...
Simone Rufli
Es herbstelt. Der frühe Morgen bereits dunkler und kühl, die ersten Blätter fallen. Noch 110 Tage, dann ist das Jahr 2025 schon wieder Geschichte. Am Montag war der Weltalphabetisierungstag der Unesco und mir gehen auf der Tastatur die ersten Buchstaben aus – A, S und D, E, R und T. Am Sonntag, der 14. Tag des Monats September, ist «Tag der Ruhe» – allerdings nur in Grossbritannien. Wobei, Ruhe und September, das passt nicht zwingend zusammen.
Ich erinnere an den Laubbläser – ein zutiefst ambivalentes Wesen. Einerseits steht er für Fortschritt und Effizienz, den Triumph der Technik über das Chaos der Natur. Andererseits erinnert er uns daran, dass nicht alles, was laut ist, auch sinnvoll sein muss. Denn während er das Laub vom Trottoir pustet, bläst er es oft nur auf die Strasse, wo es dann kurze Zeit später von Wind und vorbeifahrenden Autos wieder zurück aufs Trottoir getragen wird. Ein ewiger Kreislauf, fast schon philosophisch.
Man kann sich den Laubbläser daher auch als Figur in einem Theaterstück vorstellen: ein tragischer Held mit Gehörschutz, der gegen die Unordnung kämpft, im Kampf gegen die Botanik aber nie wirklich gewinnt. Laub, das muss der tragische Held gegen Ende des Stücks erkennen, ist kein Fan von Symmetrie.
Doch Hilfe naht, vom guten alten Rechen. Ein Zug, ein leises Knistern, Ordnung entsteht.
Das Stück endet, kaum hörbar, mit dem Fallen von Laub und Vorhang.