«Bitte bedienen Sie sich!»

  21.12.2023 Frick

Noch ist die Scham, aus dem Kirchenregal zu nehmen, gross

In Frick hat die Spendenaktion des Katholischen Frauenbunds ein riesiges Echo ausgelöst. Zurzeit kommen aber mehr Spenden ins Regal, als Waren daraus entnommen werden. «Scham», vermutet Irène Wittlin als Hinderungsgrund und ruft dazu auf, diese zu überwinden.

Simone Rufli

«Wenn Menschen, denen es gut geht, etwas ins Regal legen, kommen jene, die weniger Glück haben, besser durch den Winter», so hat es Irène Wittlin vom Katholischen Frauenbund formuliert, als die NFZ vor zwei Wochen zum ersten Mal über die Spendenaktion Kirchenregal geschrieben hat. Seither hat sich viel getan. «Sehr viel», betont Irène Wittlin. Die NFZ trifft sie beim Nachfüllen des Regals. Sie sei immer nur kurz da und trotzdem habe sie schon ergreifende Momente erleben dürfen. Sichtlich bewegt, erzählt sie von der Begegnung mit einem Mann, der tiefgerührt und den Tränen nahe, die mitgebrachte Tasche gefüllt habe.

Enormes Echo
Trotzdem: «Der Schrank mit den Reserven ist gut gefüllt. Was wir uns erhoffen, ist, dass sich noch mehr Menschen getrauen, Waren mitzunehmen. Seien Sie mutig und bedienen Sie sich! Dafür sind die Sachen da», fordert Irène Wittlin all jene Menschen auf, die gerade nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. «Das Echo, das der Zeitungsbericht bei Spenderinnen und Spendern ausgelöst hat, ist hingegen enorm.» Das Katholische Medienzentrum habe sich gemeldet und den Artikel verlinkt und auch «Radio Live Channel» hat für einen Beitrag angefragt. «Es ist so schön, dass so viele Menschen hierher in die Kirche kommen und Waren abgeben.» Lebensmittel, Pflegeprodukte, Sachen für den täglichen Bedarf. «Auf diese Unterstützung sind Alleinstehende, Rentner und ganz besonders alleinerziehende Mütter in prekären finanziellen Verhältnissen dringend angewiesen.»

Hoffnung auf weitere Spenden
Not lindern und Freude bereiten, das war und ist der Antrieb für diese Spendenaktion. Zusammen mit ihren drei Vorstandskolleginnen vom Katholischen Frauenbund, Béatrice Beck, Marlene Schilling und Susanne Weiss, hat Irène Wittlin nach einem Weg gesucht, unbürokratisch Hilfe anzubieten und ohne viel Aufwand jenen Menschen eine Freude zu bereiten, die Unterstützung gebrauchen können. Unterstützung erfährt die Aktion seither bei vielen Anlässen: Bei Konzerten der Musikgesellschaft, bei der Samichlaus-Feier und auch im Religionsunterricht in der Schule wurde und wird auf das Kirchenregal aufmerksam gemacht. Und doch weiss Irène Wittlin, dass in keiner anderen Jahreszeit die christliche Botschaft der Nächstenliebe in der Öffentlichkeit so präsent und die Spendenfreudigkeit so gross sind wie gerade jetzt. Deshalb sagt sie auch: «Wir hoffen, dass der Schwung ins neue Jahr mitgenommen wird und Spenden auch nach Weihnachten noch so grosszügig eintreffen. Denn wer Unterstützung braucht, benötigt sie auch in den kommenden Monaten.»

Die Spendenaktion Kirchenregal läuft bis im März 2024. Und eins könne sie schon jetzt sagen, weggeworfen wird nichts: «Sollten am Ende zu viele Waren zusammenkommen, würden wir sie an ‘Tischlein deck dich’ weitergeben.» Irène Wittlin hofft aber, dass das nicht nötig sein wird. Stattdessen fordert sie dazu auf, die falsche Scham zu überwinden: «Wir hoffen, es finden jetzt noch viel mehr Menschen den Mut, sich aus dem Regal zu bedienen.»


Kirchenregal in der kath. Kirche Frick

Täglich von 8 bis 19 Uhr. Haltbare Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs für in Not geratene Menschen. Initiiert vom Katholischen Frauenbund. Kontakt: frauenbund@kath-frick.ch. – Das Projekt funktioniert nach dem Bringen-Holen-Prinzip und baut auf die Ehrlichkeit der Menschen. Der Frauenbund kontrolliert das Regal regelmässig. Nicht erwünscht sind bereits abgelaufene Sachen sowie Alkohol. – Wer die Spendenaktion lieber mit einem Batzen als mit Waren unterstützt, darf das Geld im Briefkasten des Pfarrhauses oder bei einem Vorstandsmitglied abgeben.


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