Auf den Zahn gefühlt
30.05.2025 RheinfeldenGut besuchtes Wahlpodium in Rheinfelden
Noch gut zwei Wochen, dann wird in Rheinfelden der fünfköpfige Stadtrat für die Amtsperiode 2026/2029 gewählt. An einem Wahlpodium konnte das Publikum die acht Kandidatinnen und Kandidaten vergleichen.
Valentin Zumsteg
Mit einem solchen Aufmarsch hatten die Organisatoren nicht gerechnet: Rund 130 Personen strömten am Montagabend in den Kurbrunnen, um das Wahlpodium, das von den sechs Ortsparteien durchgeführt wurde, zu besuchen. Zusätzliche Stühle mussten herbeigeschafft werden, damit alle sitzen konnten. «Das ist ein gutes Zeichen für Rheinfelden, wenn so viele Leute kommen», sagte NFZ-Chefredaktor Walter Herzog, der den Abend moderierte.
Kaum Probleme, aber Herausforderungen
Die Ausgangslage ist klar – und spannend. Am 15. Juni wird der neue Stadtrat für die Amtsperiode 2026/2029 gewählt. Acht Kandidatinnen und Kandidaten bewerben sich um einen der fünf Sitze in der Exekutive. Neben den drei Bisherigen Susanna Schlittler (FDP), Claudia Rohrer (SP) und Dominik Burkhardt (GLP) sind dies Michael Derrer (Mehr Farbe für Rheinfelden), Joël Lässer (parteilos), Niklaus Leemann (FDP), Urs Schnyder (SVP) und Benjamin Steiger (parteilos). Alle haben etwas gemeinsam: Rheinfelden liegt ihnen am Herzen, sie wollen sich für die Stadt einsetzen. Bei der Einschätzung, was derzeit das grösste Problem der Gemeinde ist, gehen die Meinungen aber auseinander. «Rheinfelden geht es grundsätzlich sehr gut. Mein Ziel im Stadtrat ist es, dies zu pflegen und auszubauen. Wenn Sie eine Revolution wollen, dann müssen Sie mich nicht wählen. Ich stehe für Kontinuität», sagte Niklaus Leemann. Er sieht aber Herausforderungen: So gelte es, zwei Schulhäuser zu sanieren, das Projekt Neue Mitte zu einem guten Abschluss zu bringen, der Infrastruktur Sorge zu tragen und die öffentliche Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Susanna Schlittler erklärte: «Verkehr und Lärm sind Probleme, die viele Leute beschäftigen. Weiter müssen wir schauen, für was wir unser grosses Vermögen verwenden.» Probleme seien aber da, um gelöst zu werden. Claudia Rohrer sieht die grösste Herausforderung in der laufenden Revision der Nutzungsplanung: «Damit gestalten wir unsere Zukunft räumlich, es hat aber auch Auswirkungen auf die Gesellschaft. Wir definieren, wer wo wohnen kann – und wie die Wege zwischen Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit aussehen.» Weiter sei es wichtig, dass die Verwaltung genügend Ressourcen erhalte, um die vielen Projekte umsetzen zu können.
«Die vorhergehenden Generationen haben uns viele Geschenke gemacht. Aus diesen guten Voraussetzungen könnten wir mehr machen», erklärte Michael Derrer. Vorschläge zur Verbesserung sollten von der Stadt als Anregung und als Diskussionsgrundlage verwendet werden, um weiterzukommen. Private Initiativen müssten gefördert werden, um Rheinfelden weiter zu stärken. Dominik Burkhardt sieht ebenfalls keine riesigen Probleme, aber einige Herausforderungen. «Das eine ist die Stadtentwicklung mit der Zonenplan-Revision und der Neuen Mitte, das andere die demographische Entwicklung.» Auch Joël Lässer sprach nicht von Problemen, sondern von Herausforderungen. Eine davon sei die nachhaltige Entwicklung der Stadt. «Drei Punkte sind dabei relevant: Raum- und Nutzungsplanung, die Energiezukunft und die langfristige Attraktivität als Wirtschafts- und Wohnort.» Benjamin Steiger nannte Verkehr, bezahlbarer Wohnraum und die Infrastruktur als aktuelle Herausforderungen. «Aber, das kann man lösen.» Die Schwierigkeit sei, verschiedene Ideen unter einen Hut zu bringen. «Entscheidend ist: zuhören und gemeinsam gute Lösungen finden.» Für Urs Schnyder verbindet Rheinfelden Tradition und Moderne. «Die Stadt hat sehr viel Schwung, vieles ist gut aufgegleist. Dafür danke ich dem bisherigen Stadtrat. Besondere Aufmerksamkeit benötigt aber der Verkehr. Da braucht es eine strategische Planung», so seine Einschätzung.
Finanziell geht es Rheinfelden sehr gut, rund 76 Millionen Franken hat die Stadt auf der hohen Kante. Was soll mit diesem Geld geschehen, wollte Walter Herzog von den Kandidatinnen und Kandidaten wissen. Dominik Burkhardt betonte, dass das Geld in den kommenden Jahren für geplante grosse Investitionen aufgebraucht werde. Michael Derrer plädierte für eine neue Fussgängerbrücke über den Rhein anstelle des abgelehnten Stegs. Joël Lässer wünscht sich neben den geplanten Grossprojekten auch Mittel für die Unterstützung des Gewerbes. «Wir haben viel Geld auf der hohen Kante, aber auch grosse Projekte. Bei der Infrastruktur für Schulhäuser dürfen wir grosszügiger sein», sagte Susanna Schlittler. Claudia Rohrer bezeichnete die finanzielle Lage ebenfalls als gut: «Neben den grossen Projekten müssen wir aber ein Auge darauf haben, dass wir über genügend Mittel für den laufenden Unterhalt verfügen.» Benjamin Steiger erklärte, dass bei der Stadt immer einige Vollzeitstellen unbesetzt seien: «Im Vergleich zu anderen Gemeinden hat Rheinfelden einen Investitionsstau. Deshalb müssen wir bei der Verwaltung investieren.» Urs Schnyder begrüsst die geplanten Grossinvestitionen. Entscheidend sei, dass diese mit gesundem Menschenverstand umgesetzt würden. «Wir dürfen nicht übermütig werden.» Niklaus Leemann verwies auf die Zahlen: Das Geld werde in den kommenden Jahren durch die geplanten Investitionen aufgebraucht. «Wenn die Projekte realisiert sind und die Stadt zu viel Geld hat, werde ich der Erste sein, der das Thema Steuersenkung anspricht.»
Hier hakte Walter Herzog nach und fragte, wer aktuell für eine Senkung des Steuerfusses wäre. «Jetzt nicht», sagte Dominik Burkhardt. «Aber möglichst bald», meinte Michael Derrer. Auch Joël Lässer, Claudia Rohrer, Benjamin Steiger, Niklaus Leemann und Urs Schnyder sprachen sich gegen einen tieferen Steuerfuss zum jetzigen Zeitpunkt aus. «In der neuen Formation des Stadtrats setzen wir uns mit dem Thema auseinander, ja», sagte hingegen Susanna Schlittler.
Stadtammann? Ja, nein, vielleicht
Schliesslich wollte Walter Herzog von den Kandidierenden wissen, wer nach einer allfälligen Wahl in den Stadtrat auch als Stadtammann antreten würde. Klar Nein sagten dazu Urs Schnyder, Niklaus Leemann, Benjamin Steiger und Susanna Schlittler. Ein deutliches Ja gab es hingegen von Claudia Rohrer, die dies bereits früher bekannt gegeben hatte. «Kommt grundsätzlich in Frage», meinte auch Dominik Burkhardt. Offen ist es bei den zwei anderen Kandidaten: «Kann ich jetzt nicht sagen», erklärte Joël Lässer. «Falls ich mit einem sehr guten Resultat gewählt werde, würde ich es mir überlegen», sagte Michael Derrer.
Im Anschluss bot sich dem Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Davon wurde rege Gebrauch gemacht. Nach gut 90 Minuten war das Podium zu Ende – aber beim Apéro konnte weiter diskutiert und politisiert werden. Jetzt haben es die Wählerinnen und Wähler am 15. Juni in der Hand, wer den Sprung in den Stadtrat schafft.