«Aber, wir leben immer noch»
04.01.2025 MöhlinEin Neujahrsapéro mit vielen Farben
Ohne den Wahnsinn auszublenden: Das offizielle Möhlin startet mit Zuversicht und dem Glauben an die eigene Gestaltungskraft ins neue Jahr.
Ronny Wittenwiler
Noch vor den leichten Häppchen zuerst die schwere Kost. ...
Ein Neujahrsapéro mit vielen Farben
Ohne den Wahnsinn auszublenden: Das offizielle Möhlin startet mit Zuversicht und dem Glauben an die eigene Gestaltungskraft ins neue Jahr.
Ronny Wittenwiler
Noch vor den leichten Häppchen zuerst die schwere Kost. Oder, frei nach den Worten des Gemeindeammanns: «Lässt man ein Jahr Revue passieren, fängt man normalerweise mit dem Negativen an, um dann zum Positiven kommen zu können.» Das Negative, über das er vor Jahresfrist an gleicher Stelle sprach, könne er leider genauso eins zu eins übernehmen, so Markus Fäs: Der Krieg in der Ukraine dauere unvermindert fort, jener im Gazastreifen ebenso. Damit nicht genug. «Demokratische Kräfte stehen fast überall mit dem Rücken zur Wand. Es sind Parteien und Einzelpersonen auf dem Vormarsch, die ihren Wählern das Blaue vom Himmel versprechen und keinen Hehl daraus machen, dass sie nicht bereit sind, ihre Ziele im Rahmen ordentlicher demokratischer Prozesse zu erreichen, sondern Politik als Machtspiel anschauen, in dem der Stärkere alles darf und der Schwächere schauen muss, wo er bleibt. Themen wie Weltfriede, soziale Gerechtigkeit und Klima werden 2025 Probleme sein, die uns weiter treu begleiten.» Soviel zum Wahnsinn, dieser schweren Kost. «Aber, wir leben immer noch», konstatierte der Gemeindeammann, und man näherte sich peu à peu den Canapés.
Eine Auslegeordnung
«Wir leben immer noch und eigentlich leben wir eben sogar ziemlich gut, wenn wir unsere Situation vergleichen mit der Situation von Menschen in anderen Ländern.» Dieser Standard sei nicht selbstverständlich. «Uns ist bewusst, dass grosse Anstrengungen nötig sein werden, um wenigstens die wichtigsten Argumente dieser Standards zu erhalten.» Besonders in seiner Funktion als Gemeindeammann sehe er immer wieder sehr viele Menschen, die sich in Vereinen und Organisationen engagieren. «Und sie tun es nicht mal allein aus persönlichem Vergnügen, sondern aus Pf lichtbewusstsein. Sie engagieren sich für eine Sache, die sie als richtig und wichtig anschauen. Sie wollen, dass diese Sache weiterlebt, und das ist ihnen wichtiger als allabendliches Füsse hochlagern.» Für den Gemeindeammann ist deshalb klar: Dass alles immer schlechter wird, die Menschen zunehmend fauler und egoistischer, dass sie nichts mehr aushalten und bloss fordern und jammern würden – diese hemdsärmeligen Urteile seien sehr oft falsch. Im vergangenen Jahr habe man wieder eine schöne Fasnacht im Dorf erleben dürfen und Freiwillige besuchten unentgeltlich einsame Menschen. Das seien bloss zwei kleine, wenn auch gegensätzliche Beispiele, worüber man sich 2024 wieder freuen durfte in diesem Dorf.
Mit Häppchen End
Es gibt wohl gute Gründe davon auszugehen, dass dem Dorf auch im neuen Jahr all die vielen grossen und kleinen Helfer nicht ausgehen werden. Die Zuversicht und den Glauben an die eigene Gestaltungskraft innerhalb der Gemeinschaft – sie ging am Donnerstag jedenfalls auch aufs Publikum über, das sich von den Klängen des Harmonika-Orchesters unterhalten liess – bevor es sich dann endgültig an die leichten Häppchen machte. Es war ein Neujahrsapéro mit vielen Farbtönen.
Ihnen gehörte die Bühne
Standesgemäss gehörte am Neujahrsapéro die Bühne vor allem den Sportlerinnen und Sportlern: Geehrt wurden jene, die im Vorjahr mit Podestplätzen auf internationaler oder nationaler Ebene von sich reden machten – so etwa die Leichtathleten Fabienne Hoenke und Ben Kull, Pistolenschütze Marco Derrer, die OL-Frauen Priska Gautschi und Margrith Hofer, Bocciaspieler Lisandro Metzger, diverse Radballer, die Kegler von Rot-Weiss 1. Ausserdem wurden Sofia Chautems (Literatur) sowie Christa Heusser und Andreas Burckhardt für ihre ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen (Deutschkurse) geehrt. (rw)