Wo die Generationen zusammenkommen

  26.11.2023 Wegenstetten

Wo die Generationen zusammenkommen

 

Ein gemütlicher Nachmittag in Wegenstetten

Seit zehn Jahren gibt es in Wegenstetten das Generationen-Café. Der Anlass, der vom Elternverein einmal pro Monat durchgeführt wird, hat sich zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt. Bei Kaffee und Kuchen wird die Gemeinschaft gepflegt. Die NFZ hat sich dazugesetzt.

Valentin Zumsteg

Was macht ein Dorf aus? Es sind nicht die Gebäude und Strassen, sondern die Menschen, die dort leben und nicht nur wohnen. Menschen, die sich engagieren und begegnen, die aufeinander zugehen und sich auch zuhören. So wie zum Beispiel beim Generationen-Café in Wegenstetten, das einmal pro Monat vom Elternverein durchgeführt wird. Hier treffen Familien mit Kindern auf Seniorinnen und Senioren, man trinkt gemeinsam Kaffee, plaudert und geht so gemeinsam ein kleines Stück des Lebensweges.

«Ein Ort der Begegnung»
«In Wegenstetten gibt es viele ältere Menschen, welche die jungen Familien nicht kennen – und umgekehrt. Unsere Idee war, einen Ort der Begegnung zu schaffen», beschreibt Moni Wendelspiess, Präsidentin des Elternvereins, den Gedanken, der 2013 zur Gründung des Generationen-Cafés geführt hat. Begonnen wurde damals im Pfarrsaal, seit ein paar Jahren wird der Anlass in der Aula der Mehrzweckhalle durchgeführt. Die Gemeinde stellt den Raum kostenlos zur Verfügung, für die Nutzung der Küche zahlt der Verein eine Miete. «Heute ist es unser Ziel, den Seniorinnen und Senioren sowie allen anderen Besuchern ein paar unbeschwerte Stunden zu bescheren. Ich glaube, das gelingt uns», sagt Wendelspiess.

Die Frauen vom Elternverein sind mit viel Herzblut dabei. Jede von ihnen backt für den Anlass mindestens einen Kuchen oder eine Torte. Beim Besuch der NFZ sind die Organisatorinnen gerade dabei, das Selbstgebackene in einer Vitrine schön zu präsentieren. Es gibt Apfelschnitten, Marmor-Kuchen, Schoggi-Muffins, Mandarinen-Torte und Marroni-Kuchen – um nur einige aufzuzählen. «Sechs bis sieben Kuchen sind es jedes Mal. Wir probieren gerne immer wieder Neues aus und schauen, wie es ankommt», erzählen die Frauen, die sich alle ehrenamtlich engagieren. Die Tische sind bereits gedeckt. Das Geschirr, das der Elternverein extra für das Generationen-Café angeschafft hat, steht bereit. Jedes Mal ist es für die Frauen spannend zu sehen, wer kommt. «Es gibt auch Leute, die sich gegenseitig abholen, um gemeinsam teilzunehmen», berichten sie.

«Wir sind Stammgäste»
Kurz nach 14 Uhr tröpfeln die ersten Besucherinnen herein. Es braucht keine Anmeldung, jeder kann kommen, wie es gerade passt. «Die Bandbreite der Besucherinnen und Besucher ist gross. Sie reicht von Familien mit kleinen Kindern bis zu 90-jährigen Senioren. Wir freuen uns jedes Mal, wenn jemand kommt, der noch nie da war. Wenn dies gelingt, haben wir schon gewonnen», sagt Moni Wendelspiess mit einem Lachen.

Die ersten Gäste werden an diesem Nachmittag begrüsst, man kennt sich. Kaffee und Kuchen stehen bald bereit, das gemütliche Beisammensein kann beginnen. Zu den ersten Besucherinnen an diesem Tag gehören drei Frauen, die gemeinsam eingetroffen sind. Sie sind bester Laune: «Ich komme regelmässig. Wir sind Stammgäste. Hier trifft man auch Leute, die man sonst nicht so oft sieht und man kann gemeinsam einen Nachmittag sinnvoll verbringen», sagt Carmen Pawlitschek. Die 76-Jährige freut sich jeweils auf die gemeinsamen Stunden. Das Gleiche gilt für die 79-jährige Monika Wendelspiess, nicht zu verwechseln mit der Elternverein-Präsidentin gleichen Namens: «Hier ist es gemütlich. Ich bin mittlerweile alleinstehend und freue mich, auf dieses Treffen», sagt sie. Linda Vuillaume ist die Dritte in der Runde: «Männer hat es häufig nicht so viele. Die trauen sich weniger», sagt sie mit einem Lachen. Die ehemalige Pöstlerin bedauert, dass es in Wegenstetten kein Restaurant mehr gibt. «Vor Corona gab es Tischchen im Volg, wo man Kaffee trinken konnte. Das ist heute aber nicht mehr so», erklärt Carmen Pawlitschek. Alle drei leben gerne in Wegenstetten: «Im Dorf kennt man sich – aber auch nicht mehr alle», meint Monika Wendelspiess.

«Ich fühle mich wohl hier»
Ein paar Minuten später stösst Anna Buder zur Runde. «Ich finde es schön, dass man hier jemanden zum Reden hat. Ich bin alleinstehend und komme immer, wenn ich es einrichten kann.» Buder (73) stammt ursprünglich aus Basel, sie zog nach Wegenstetten, als sie 61 Jahre alt war. «Ich bin im Dorf sehr gut aufgenommen worden. Die Nachbarin, eine gute Seele, hat mich anderen vorgestellt. So hatte ich schnell Kontakt. Ich finde, in Wegenstetten werden tolle Anlässe organisiert. Ich fühle mich wohl hier.» Am Tisch wird auch besprochen, wer die geplante Filmvorführung des Elternvereins besuchen will. Man kann sich hier gleich anmelden. Auch das ist eine Initiative des Vereins, die sehr gut ankommt.

Der Kuchen schmeckt, der Kaffee sowieso. Es wird diskutiert und erzählt. «Ein bisschen Klatsch gehört auch dazu», sagt eine Frau lachend. Es treffen immer mehr Leute ein. Darunter auch Marianne Hürbin – sie ist nicht alleine gekommen, sondern mit ihrer Enkeltochter Mia. Eigentlich ist der heutige Besuch sogar Mia zu verdanken. «Sie hat mich gestern gefragt, ob wir wieder ins Generationen-Café gehen. Sie kennt Präsidentin Moni Wendelspiess von der Spielgruppe und freut sich immer auf den Besuch im Café», erzählt Marianne Hürbin. Am gleichen Tisch sitzt Julia Raggenbass. «Ich komme wegen der Gesellschaft und dem feinen Kuchen. Ich will aber auch den Elternverein unterstützen», sagt die 60-Jährige. Ähnlich tönt es von Rosmarie Schmid (73): «Hier kann man sich ein bisschen unterhalten, ich schätze das sehr.»

«Es kommt so viel zurück»
Was macht ein Dorf aus? Es sind solche unkomplizierten Treffpunkte wie das Generationen-Café, bei dem jeder willkommen ist. Wer Anschluss sucht, findet ihn hier. Wer reden will, stösst auf offene Ohren. Und wer dazu noch Kuchen und Kaffee geniessen möchte, ist sowieso an der richtigen Adresse. Das ist gelebte Dorfgemeinschaft.

Für die Frauen vom Elternverein sind diese Nachmittage mit viel ehrenamtlicher Arbeit verbunden, ohne sie gäbe es diesen Anlass nicht. «Wir machen das gerne. Es kommt so viel Dankbarkeit und Freude zurück», betonen sie – und man glaubt es ihnen aufs Wort.


Die Zukunft des Generationen-Cafés

Der Vorstand des Elternvereins Wegenstetten besteht heute aus Moni Wendelspiess (Präsidentin), Corinne Schreiber, Monika Müller, Dominique Tschudin und Marion Müller. Auf die nächste Generalversammlung im Februar 2024 hören die fünf Frauen auf. «Wir haben Nachfolgerinnen und Nachfolger gefunden», erklärt Monika Wendelspiess erfreut. Vier der fünf bisherigen Vorstandsmitglieder werden künftig das Generationen-Café weiterführen, das damit quasi ausgegliedert wird. Das Angebot besteht also weiter, aber nicht mehr unter der Führung des Elternvereins. (vzu)

 

 


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