Eintauchen in die Blütezeit der Ansichtskarten

  24.12.2022 Gansingen

Im Alter von zirka 30 Jahren hat Bruno Erdin das Sammelfieber gepackt. Zuerst waren es Briefe mit alten Poststempeln, die der mittlerweile pensionierte Posthalter von Gansingen sammelte, später faszinierten ihn Ansichtskarten und Lithographien.

«Die Blütezeit der Ansichtskarten und Lithographien war ab 1900 bis etwa 1914», erzählt der 73-jährige Bruno Erdin. Zu jener Zeit war es «trendig», dass zu Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Neujahr Glückwunschkarten verschickt wurden; später seien Künstlerkarten zu Festen dazugekommen. Wie der ehemalige Gansinger Posthalter gegenüber der NFZ sagt, dienten solche Karten auch zu Reklamezwecken, so wurde etwa für chemische Produkte, für Hustensirup oder für Kur-Hotels und -Orte geworben. Auch Postkutschen, alte Postautos oder Schiffe waren begehrte Sujets.

Auch wenn Bruno Erdin mittlerweile zirka 4000 Ansichtskartenund Lithographien besitzt, drängt er sich nicht ins Rampenlicht. Er erzählt von André Weibel aus Lausen, der wohl die grösste Ansichtskartensammlung der Schweiz hat. Weiter auch von der Turnhalle in Lausen, wo sich jeweils zirka 120 Händler trafen. Ebenso von Prägekarten des Künstlers Emil Nolde, welcher Eiger, Mönch und Jungfrau festhielt. Erdin berichtet weiter von humoristischen Karten oder von solchen mit Sujets wie Velos, Motorrädern und sogar einem Dreirad; «der Vorgänger des Behinderten-Fahrzeugs». Dannzumal sei die Produktion von Ansichtskarten eine richtige Industrie gewesen. «Alles wurde fotografiert. Die Fantasie, die die Leute damals hatten, war enorm», so der Gansinger weiter.

«Es waren schöne Treffen», erinnert sich Erdin an die Auktionen. Speziell erwähnt er die Gebote (bis 1200 Franken) für eine Karte vom Hotel Platanenhof in Frick. «Erstaunlich, keiner der Bieter wohnte in Frick», so Erdin. Früher galt die Schwalbe als Glücksbote und entsprechend fand sie auf Glückwunschkarten ihren Platz. Apropos Platz: bis im Jahr 1905 war gemäss Erdin die Beschriftung nur auf der Bildseite der Karte erlaubt und die kleinste Karte war gerademal so gross wie eine Briefmarke; Soldaten schickten oft von ihrem Aufenthaltsort Ansichtskarten heim, «die teilweise extra gedruckt wurden».

Stolz von Laufenburg
Gemäss Erdin gab es auch Karten-Serien, die meistens aus sechs Sujets wie etwa Nostalgie, Brauchtum oder Frömmigkeit bestanden. Eine besondere Sammelleidenschaft hegt Erdin für Ansichtskarten von Fricktaler Ortschaften. «Alleine von Laufenburg sind es etwa 1200 Karten», hält er mit einem Schmunzeln fest. So etwa vom Hotel Pfauen um 1910, welches für zirka 600 Personen Platz hatte oder das Hotel Solbad. «Dieses war einst der Stolz von Laufenburg», hält der Gansinger fest. Von allen Gemeinden im Bezirk Laufenburg hat Erdin Karten; «aus Frick besitze ich wohl einige Ansichten, die speziell sind.» In den Dorfansichten finden sich oft Kirchen, da diese das markanteste Gebäude in der Gemeinde waren. Am wenigsten Ansichtskarten aus dem Mettauertal hat Erdin von Oberhofen.

Eines ist jedoch allen Karten aus der Sammlung von Bruno Erdin gleich: sie verstauben nicht in einer Kammer, sondern sind in Fotoalben geordnet abgelegt.

In einer losen Serie zeigt die NFZ weitere Ansichtkarten aus der Sammlung von Bruno Erdin.


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