Halb Erfolg, halb Niederlage

  29.11.2022 Frick

Frick hebt den Steuerfuss um 3, nicht um 6 Prozent an Der Gemeinderat war von Anfang an chancenlos: Von den 335 Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern, die am Freitagabend in die Sporthalle Ebnet kamen, war eine Mehrheit fest entschlossen, gegen die Erhöhung des Steuerfusses von derzeit 99 auf neu 105 Prozent zu stimmen. Am Ende rettete ein Kompromiss-Antrag mit Steuerfuss 102 Prozent das Budget vor der Rückweisung.

Simone Rufli

Als Roland Härri spätabends namens der SVP den Antrag stellte, das Budget zurückzuweisen, ergriff Alt-Gemeindeammann und Ehrenbürger Toni Mösch das Wort. «Wir hatten in den letzten 40 Jahren immer ein Budget und wir gehen auch jetzt mit einem Budget raus!» Dem Vorwurf, der Gemeinderat wisse sein Unternehmen nicht zu führen, hielt Mösch entgegen: «In einem Unternehmen hat man kein Volk im Rücken. Da ist Schalten und Walten relativ einfach.» Dem Votum vorausgegangen war eine lange und teils harte Debatte rund um die Finanzpolitik des Fricker Gemeinderats. Bereits die Stellungnahmen der Ortsparteien im Vorfeld der Gemeindeversammlung hatten darauf schliessen lassen, dass der Gemeinderat mit seinem Antrag auf verlorenem Posten stehen würde. Und so war es dann auch. Voten gegen die Erhöhung gab es viele und sie fielen deutlich aus. Dem Gemeinderat wurde wiederholt vorgeworfen, keinen nennenswerten Sparwillen erkennen zu lassen oder zu geringe Sparbemühungen zu unternehmen.

Unterstützung von der Fiko
Finanzminister Franz Ruder hatte zuvor erklärt, dass nur mit einer Steuererhöhung die Einnahmen und Ausgaben im 37 Millionen-Budget ins Gleichgewicht zu bringen seien. Dass viele der hohen und immer höheren Ausgaben insbesondere in den Bereichen Bildung und Gesundheit gebunden sind. Dass die Pro-Kopf-Verschuldung mit 3000 Franken weit über der Empfehlung des Kantons von maximal 2500 Franken liegt, und dass steigende Zinsen angesichts von 22 Millionen Franken Schulden eine entsprechende Vorbereitung erforderten. «Die Steuererhöhung ist nötig, unabhängig von geplanten Investitionen und Grossprojekten», betonte Ruder. Die Finanzkommission, vertreten durch Vize-Präsident Roger Weber, unterstützte den Antrag des Gemeinderats.

Massive Vorwürfe und Dank
Franz Ruder wie auch Gemeindeammann Daniel Suter begründeten den gemeinderätlichen Antrag mit ungewohnt persönlichen Voten. Vorwürfe wie jene, nicht haushälterisch, ja geradezu verschwenderisch mit dem Geld der Frickerinnen und Fricker umzugehen, vom Volk abgehoben zu agieren und mit dem erneuten Antrag um Steuererhöhung den Volkswillen vom letzten November zu missachten, setzten insbesondere dem Gemeindeammann sichtlich zu. Es gab aber auch Applaus zu Dankesworten von Christian Fricker und es wurden Sparmöglichkeiten angeregt, wie Aufgaben von regionaler Bedeutung kostenmässig auf die Region zu verteilen oder Liegenschaften zu verkaufen (u.a. Rebstock, Kornhaus).

Die zwei Seiten des Souveräns
Ein Vertreter der jüngeren Generation zeigte sich erstaunt über die zwei Seiten des Souveräns. «Ihr stimmt Krediten zu, ohne darüber zu diskutieren. Ihr verlangt vom Gemeinderat mehr Nähe zum Volk, und, wenn er zu einem Infoabend einlädt, wie letztes Jahr vor der Budget-Versammlung geschehen, dann kommen gerade mal zehn Personen. Ihr sprecht den Mitgliedern des Gemeinderats bei den Wahlen das Vertrauen aus und entzieht es ihnen bei nächster Gelegenheit wieder.»

Kompromiss aus der Mitte
Einen Ausweg aus der verfahrenen Situation brachte schliesslich der Antrag von Stéphanie Haberthür-Binder von der Mitte-Ortspartei. Der am Ende siegreiche Antrag, den Steuerfuss um lediglich 3 Prozent auf 102 Prozent anzuheben, wurde zum Zeitpunkt gestellt, als sich abzeichnete, dass der gemeinderätliche Antrag (105 Prozent) kläglich scheitern würde und Frick am Ende gar ohne Budget dastehen könnte. Mit 230 Ja-Stimmen sprach sich die Einwohnergemeindeversammlung für eine Erhöhung des Steuerfusses um 3 Prozentpunkte von bisher 99 auf neu 102 Prozent aus. Damit resultiert im Budget 2023 neu ein Minus von 198 000 Franken.

Zuvor hatte eine Zwischen-Abstimmung wiederholt werden müssen: Bei der Gegenüberstellung der Steuerfüsse 102 und 99 Prozent hatte eine einzige Stimme den Ausschlag für 102 Prozent gegeben. Der Auszählvorgang wurde aus dem Publikum angezweifelt und es wurde der Antrag gestellt, die Abstimmung zu wiederholen. Im zweiten Durchgang setzte sich der Steuerfuss 102 Prozent dann mit 166 zu 164 Stimmen gegen den Steuerfuss 99 Prozent durch, so dass sich in der Endabstimmung die Steuerfüsse 102 und 105 Prozent gegenüberstanden.

Alles andere kurz und knapp
Vor der langen Budgetdebatte waren in aller Kürze und ohne Diskussionen drei Verpf lichtungskredite genehmigt worden: für den Ersatz der Fenster am Schulhaus C im Oberstufenzentrum, für die Vorbereitung der Umsetzung einer ersten Etappe der Schulraumplanung, für den Ersatz des Schlauchverlegefahrzeugs der Stützpunktfeuerwehr. Zustimmung erhielten auch sämtliche Kreditabrechnungen, die alle mit Kreditunterschreitungen abgeschlossen werden konnten. Die Versammlung endete mit der Verabschiedung von Franz Wülser, Gemeindeschreiber II, der am 7. Dezember seinen letzten Arbeitstag auf der Gemeindeverwaltung hat. Seine Nachfolge tritt Isabelle Hirsbrunner an. Sie ist seit 2018 auf der Kanzlei in Frick tätig.

Unter Verschiedenem informierte Daniel Suter darüber, dass die Einsprachen zu Tempo 30 auf der Dammund Bahnhofstrasse zurückgezogen wurden. Das Tempo-Limit wird im Frühling 2023 eingeführt. Der Gemeindeammann schloss die Versammlung mit dem Aufruf, das hohe Gut der Demokratie zu schützen.


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