Adieu nach 40 Jahren

  25.11.2022 Frick

Heinz Schmid verlässt den Arbeitskreis Dorfgeschichte

Am Sonntag wird im Rampart der 14. Band «Frick – Gestern und Heute» vorgestellt. Es ist die 14. Vernissage mit Heinz Schmid – und seine letzte. Vier Jahrzehnte nachdem er den Anstoss zur Fricker Dorfgeschichte gegeben hat, tritt der Präsident der gemeinderätlichen Kommission ab. Warum er den Schlüssel zum Archiv dennoch behält, wie er einem Komma zum Durchbruch verhalf und warum er den Schlusspunkt jetzt setzt.

Simone Rufli

FRICK. «Wir haben viel gelacht in den Sitzungen des Arbeitskreises», erzählt Heinz Schmid. «Hie und da auch miteinander gerungen, aber so richtig in die Haare geraten sind wir uns nur selten.» Er lacht. «Ich werde nie vergessen, wie wir einmal eine halbe Ewigkeit über ein Komma gestritten haben, bis mir dieses Formulierungsgefecht zu bunt wurde, ich auf den Tisch gehauen habe und über das Komma abstimmen liess.»

Nie vergessen werde er auch seinen, im Zusammenhang mit der Gaststätten-Forschung für Band 8 gemachten Besuch bei Dr. Max Mettler in Teufen, einem Nachkommen der einstigen Engelwirteund Gemeindeammänner-Dynastie Mösch. «Ich war echt sprachlos, als Dr. Mettler an die Wand im Wohnzimmer zeigte und sagte, ich solle die beiden Bilder seiner Vorfahren abhängen und gleich mitnehmen. Er schenke sie der Gemeinde Frick. ‹Das sind Mösch und die gehören nach Frick›, hat er gesagt.» Es sind die Mösch-Bilder im grossen Sitzungszimmer des Gemeindehauses.

Es begann mit einem Unfall
Angefangen hat alles im April 1967. Heinz Schmid war noch keine 16 Jahre alt und Verwaltungslehrling, als er nach einem Sportunfall eingeschränkt, tief im Keller des 1950 bezogenen Gemeindehauses, auf der Suche nach den eigenen Wurzeln in die Geschichtsforschung rutschte. «Meine Leidenschaft galt den ab 1682 vollständig erhaltenen Tauf-, Ehe- und Sterbebüchern.» Was dann folgte nennt er eine «Archivbereinigung mit Folgen». Ab Ende Februar 1979 erschien im «Fricktaler Bote» eine Folge von fünf ganzen Zeitungsseiten über die Archivbereinigung – verfasst von Heinz Schmid. Darin integrierte der Gemeinderat einen Aufruf an die Bevölkerung für einen Meinungsaustausch über die Weiterentwicklung der Dorfgeschichte. «Zwei Möglichkeiten standen zur Wahl», erinnert sich Schmid, «entweder eine akademisch abgefasste Dorfgeschichte, die womöglich im Bücherregal verstaubt oder eine volkstümliche Schriftreihe als Gemeinschaftswerk unter Mitwirkung von Laien.» Im November 1982 fällt der Gemeinderat einen Entscheid zugunsten des Laienhaften und setzte eine Arbeitsgruppe mit dem Status einer gemeinderätlichen Kommission ein. Heinz Schmid übernahm schon bald das Präsidium. Der erste Band «FRICK – Gestern und Heute» kam im März 1985 heraus.

Ein Dienstleister alter Schule
Heinz Schmid wurde 1951 in Laufenburg geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Frick an der Hauptstrasse unterhalb des «Adler» und in der Zwidelle, wo er 1990 auch sein eigenes Haus baute. Nach der Bezirksschule machte er eine KV-Lehre auf der Fricker Gemeindeverwaltung und wurde 1970 deren Kanzlist. Er begann in Basel ein Wirtschafts-Studium, verfolgte daneben seine militärische Lauf bahn bis zum Hauptmann, besuchte in London die Swiss Mercantile School und trat 1976 eine Stelle als Kanzleisekretär im Justiz-Departement des Kantons Solothurn an. Im Jahr darauf heiratete er Verena Treyer aus Herznach. 1985 kehrte er mit Frau und zwei Kindern nach Frick zurück, und zwar als Gemeindeschreiber. Ein Amt, das er bis zu seiner Pensionierung Ende 2016 mit Herzblut und Leidenschaft ausübte.

Rückblickend sagt er: «Ich war immer stolz auf mein Fricker Bürgerrecht und wollte bei allem, was ich tat, mit Herzblut zum Wohl meiner Heimatgemeinde beitragen.» Er habe sich nie als Beamten mit starrem Pflichtenheft und fixer Arbeitszeit gesehen, sondern als Dienstleister, notfalls rund um die Uhr ansprechbar. Ein Engagement, das weitherum geschätzt wurde: Kurz vor der Pensionierung wurde ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen. Er ist Ehrenaktuar bei den Ortsbürgern, Ehrenmitglied im Aargauischen Gemeindeschreiberverband und seit Februar 2019 Ehrenpräsident der Stiftung Pro Fricktal, die er 2001 mitgegründet hat.

Mitautor diverser Werke
Heute staunt er selber, welche Blüten seine Leidenschaft trieb, dass er – neben seinem anspruchsvollen Amt, der Mitarbeit in vielen Gremien und der wiederkehrenden Arbeit an der Fricker Dorfchronik – noch eine Reihe anderer Werke schreibend mitgeprägt hat: 2001 erschien das Jubiläumsbuch des Aargauischen Gemeindeschreiberverbands, dessen erster Fricktaler Präsident Heinz Schmid von 1994 bis 1998 war; 2014 publizierte er eine Chronik zum Rotary- Club Laufenburg-Fricktal, den er 1989 mitgegründet hat und dem er seither angehört; 2018 arbeitete er mit an der Jubiläumsschrift «300 Jahre Kirche Frick», in der er einst als Ministrant und Lektor tätig war und 2019 an der Festschrift «30 Jahre Gemeindepartnerschaft Frick/Frickingen».

Im Ruhestand blieb er bis heute umtriebig und dies, obwohl er offen zugibt, dass all die vielen Tätigkeiten und das Jederzeit-verfügbar-Sein, seiner Gesundheit nicht förderlich waren. «Ich spüre, dass die Zeit jetzt gekommen ist, die Verantwortung an neue Kräfte abzugeben», und mit einem Augenzwinkern, «wenn ich noch nicht zum himmlischen Dienst abberufen bin, werde ich mit ‹Gwunder› im 15. Band blättern und mich über neue Erkenntnisse freuen.» An die Nachrückenden gerichtet setzt er hinzu: «Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, Nachfolgern nie dreinzureden. Neue Leute werden neue Ideen einbringen und das ist gut so.»

So weit als wie zuvor
Zum Schluss des Gesprächs kommt ihm dann doch noch etwas in den Sinn, wo er sich weiter engagiert: «Ich bin seit 1998 Mitglied im Stiftungsrat der weltweit tätigen Geschwister Keller Stiftung für Waisenkinder.» Einen Heinz Schmid lässt man eben nicht einfach so gehen. Ja, sagt er und lächelt, «Ich bin noch immer für viele Leute Ansprechperson.» Immer wieder erhalte er auch Anfragen aus der ganzen Welt von Nachkommen der zahlreichen Fricker Auswanderer. Er lacht und mit dem zufriedenen Schmunzeln des Mannes, der einer ruhigeren Lebensphase entgegensieht, sagt er: «Neuerdings verweise ich zu meiner Entlastung gerne darauf, dass die Bände 1 bis 13 unserer Dorfchronik dank der ETH-Bibliothek auf www.e-periodica.ch online verfügbar sind.»

Und was ist eigentlich aus der eigenen Familiengeschichte geworden? Heinz Schmid verwirft die Hände und lacht: «Damit bin ich nicht viel weiter als vor 50 Jahren. Sie bleibt mein letztes Forschungsprojekt und soll die Verwandtschaft aller Schmid-Stämme der einstigen Vogtei Frick klären.» Man werde ihn wohl noch länger im Gemeindearchiv antreffen können. «Den Schlüssel zum Archiv habe ich auf jeden Fall behalten.»


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