Emotional und authentisch

  18.11.2022 Fricktal

Die «Gospel Family» feiert ihr 50-Jahr-Jubiläum

Mit dem Konzert der «Gospel Family» in der römisch-katholischen Kirche Rheinfelden, wenige Tage vor Weihnachten, lassen sich viele auf das schöne Fest einstimmen.

Janine Tschopp

«Wir wurden gebeten aufzuhören, weil die Menschen dort nicht damit klarkamen, dass weisse Leute ihre Musik so singen, dass es sie berührt. Eine Frau sagte zu einer Solistin unseres Chors ‹Du hast Gott in der Stimme›», erzählt Ingo Stäubli von einem Erlebnis mit seiner «Gospel Family», das er nie vergessen wird. Sein Chor war auf einer Reise in Miami und besuchte einen Gottesdienst, der durch schwarze Menschen abgehalten wurde. «Eigentlich wollten wir nur Besucher sein. Sie haben uns aber gebeten zu singen.» Was dann geschah, war eine Bestätigung von Ingo Stäublis Philosophie. «Wir wollen nicht kopieren, sondern selber singen.» Der Chorleiter erklärt es so: «Unser Publikum hört an den Konzerten keine kopierten Original-Stimmsätze US-amerikanischer Gospelchöre. Sondern von Blues, Reggae, Soul, Rock und Swing gefärbter und geprägter Gospel. Gelebt und gesungen mit den uns Weissen gegebenen Interpretations- und Intonationsmöglichkeiten.»

Es gab viele Höhepunkte rückblickend auf die letzten 50 Jahre der «Gospel Family»: Reisen, grosse Werke, die aufgeführt wurden, Fernsehaufnahmen. «Wirkliche Höhepunkte sind auch viele kleine, unvergessliche Konzerte. Dann, wenn die Leute Tränen in den Augen haben und so berührt sind, dass sie vergessen zu klatschen. Wenn Chor, Band und Publikum wie ein Ganzes sind, das man nicht mehr trennen kann.»

Wie alles begann
Dass Ingo Stäubli mit seinem Chor eines Tages das 50-Jahr-Jubiläum feiern würde, hätte er am Anfang nicht gedacht. «Ich war ungefähr 20 Jahre alt und konnte nur vier, fünf Akkorde, als ich mich beim Jugendchor von Lothar Zagst als Organist meldete.» Kurz darauf vertrat er einen Chorleiter von Lothar Zagst in Olten und wurde später fester Dirigent dort. Nach einem schweren Schicksalsschlag f lüchtete sich Stäubli in die Musik. Das Gründen weiterer Chöre half ihm beim Verarbeiten. In seiner intensivsten Zeit leitete er sechs Chöre mit insgesamt 250 Personen. Bald konzentrierte er sich auf Qualität statt Quantität und auf die drei Teilchöre in Rheinfelden, Zofingen und Worb. Das war der Anfang der heutigen «Gospel Family».

Aus dem Jugendchor wurde bald nach der Gründung ein Chor aller Altersgruppen, und die Lieder wurden nicht mehr auf Deutsch, sondern auf Englisch gesungen. Ansonsten ist in den letzten 50 Jahren vieles gleich geblieben. «Es gibt zahlreiche Mitglieder, auch in der Band, die schon seit Jahrzehnten dabei sind», spricht Ingo Stäubli die Kontinuität an. Er freut sich, dass auch sein Bruder Peter, der seit Beginn für die Technik verantwortlich ist, zu seinen treuen Wegbegleitern gehört. «Auch mein Sohn Philipp spielt schon seit zehn Jahren in der Band mit. Und mein zweiter Sohn Raffael hört mir schon seit Jahrzehnten zu», schmunzelt er.

Trotz viel Kontinuität gibt es auch eine gewisse Wellenbewegung über eine so lange Zeit. In den letzten zwei Jahren gab es Austritte, die vereinzelt mit der Pandemie zusammenhängen könnten. Nach wie vor ist Ingo Stäubli fest überzeugt: «Die Leute sollen rausgehen und singen.» Für die Menschen gebe es kaum Besseres, als Musik zu machen. Beispielsweise wirke dies auch gegen Alzheimer und Demenz. Stäubli ist sich auch seiner sozialen Verantwortung bewusst. Diese gehe weit über das Singen hinaus.

Auch mit Verzichten verbunden
Seit 50 Jahren probt Ingo Stäubli wöchentlich mit jedem der drei Teilchöre in Rheinfelden, Zofingen und Worb. Wegen seiner Verantwortung als Chorleiter verzichtete er schon auf Auslandpläne und vieles mehr. Ein Erfolgsrezept, dass es die «Gospel Family» heute noch gibt, könnte sein, dass Stäubli immer ziemlich restriktiv war. «Ich bin ein bisschen altersmild geworden», überlegt er. Aber er weiss, dass es zum Erfolg gehört, als Chorleiter eine gewisse Linie zu haben. «Ich merke, dass ich wieder etwas restriktiver werden muss. Schliesslich ist es auch eine Ehre, dass man beim Chor mitsingen darf.»

Zum 50-Jahr-Jubiläum plant die «Gospel Family» im Frühling einen neuen Tonträger mit dem Titel «Nobody knows» live aufzunehmen. Neue Stücke werden auch am Weihnachtskonzert präsentiert. Wird das Konzert anlässlich zum 50-Jahr-Jubiläum anders sein als sonst? «Das Spezielle wird sein, dass das Konzert normal sein wird», schmunzelt Ingo Stäubli, «es ist unser Geburtstagskonzert, und wir wissen, dass es unser Fest ist.»

Das Weihnachtskonzert der «Gospel Family» findet am 21. Dezember, 20 Uhr, in der römisch-katholischen Kirche Rheinfelden statt. Kostenlose Tickets sind im Stadtbüro erhältlich.


Männer gesucht

Ingo Stäubli sucht neue Mitglieder in seinem Chor in Rheinfelden. Besonders gefragt sind Männerstimmen jeglichen Alters.

www.gospelfamily.ch


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