«Das ist einfach herrlich»

  05.03.2022 Oeschgen, Wittnau

Wittnau und Oeschgen: Altes Brauchtum flammt wieder auf

Jeweils am Sonntag nach Aschermittwoch findet in Wittnau das Fasnachtsfeuer – der Unteren und der Oberen – statt. In Oeschgen wird das Scheibensprengen zelebriert.

Bernadette Zaniolo

Nach der letztjährigen Auszeit findet das Scheibensprengen in Oeschgen – wie üblich am alten Fasnachtssonntag, heuer 6. März, auf dem Boll statt. «Das ist einfach herrlich. Es ist unser Anlass» freut sich Beat Winter, Aktuar, des Organisationskomitees zum Erhalt dieses Brauchtums. Das letztjährige Scheibensprengen konnte nur in einem kleinen, internen Rahmen durchgeführt werden und Zuschauer mussten dem feurigen Spektakel von Weitem zusehen. Nun am kommenden Sonntag dürfen Klein und Gross wieder wetteifern, wessen glühende Scheibe eleganter den Hang hinuntersegelt.

«Die Möglichkeit zum Üben wird bereits am Nachmittag geboten», so Winter. Mehr als 1000 der handgefertigten Flugkörper aus Hagebuchen-Holz stehen kostenlos zur Verfügung. Nach Anbruch der Dunkelheit wird das riesige, hölzerne Rad angezündet und von kräftigen Männern gedreht, bis es zerfällt. Das Scheibensprenger-Team zählt 20 Mitglieder. Beat Winter freut sich, dass im letzten Jahr vier neue Mitglieder aufgenommen werden konnten. «Vier junge Leute unter 30 Jahren. Sie machen toll mit.»

Ein Familienerlebnis
Freude herrscht auch über den neuen Standort der Scheibensprengerhütte. Sie steht auf der Wiese, wo «den Sommer über Wenger’s Angusrinder mit ihren Kälbern weiden», heisst neu direkt oberhalb der feurigen Aktivitäten. Sie lädt zu einem kleinen Imbiss, zum Plaudern und Aufwärmen ein. Der Festplatz ist zu Fuss leicht über den frisch gemergelten und extra beleuchteten Feldweg vom Bollhof her erreichbar. Die Scheibensprenger Oeschgen freuen sich auf viele Besucher. «Es ist ein Familienerlebnis», sagt Winter zur NFZ. Die Festwirtschaft öffnet ihre Türen um 14 Uhr; beim Eindunkeln wird das Riesenrad angezündet. Für den Anlass werden jeweils kurz vor Weihnachten etwa 1000 Scheiben und Ruten angefertigt. Am Montag nach dem Scheibensprengen werden die «verbrannten» Scheiben wieder eingesammelt, damit das Vieh wieder problemlos auf die Weide kann.

Wer hat das schönste Feuer?
In Wittnau «rüstet» man sich derzeit auch für das grosse Feuerduell am Sonntagabend. Die einst zum Teil handfeste Rivalität zwischen den Bewohnern des Unter- beziehungsweise des Oberdorfes kommt bei diesem alten Brauch jeweils so richtig zum Ausdruck. Das Einmalige am Fasnachtsfeuer in Wittnau sind die Flammenschriften und die Flammenbilder. Sie werden auf dem Limperg (von den Oberen) und dem Homberg (von den Unteren) aufgebaut. Ergänzt werden die Bilder von grossen Feuern, den sogenannten «Butzer». Die Höhe beträgt bis zu zehn Meter.

Die Pfarrhaustüre und ein spezieller Obolus
«Die Türe des Pfarrhauses ist die Grenze», sagt Carlo Schmid, Präsident des Trägervereins Fasnachtsfeuer Unterdorf, auf die entsprechende Frage zur «Zugehörigkeit». In der Regel tritt man dem jeweiligen Trägerverein bei, in dessen Ortsteil man wohnt. Damit die Sujets der Flammenbilder nicht in beiden Ortsteilen dieselben sind, sprechen sich die Vorstände der beiden Trägervereine im Vorfeld ab. Angezündet wird die Flammenschrift am Sonntagabend nach dem Böllerschuss um 20 Uhr, welcher jeweils im Unterdorf gezündet wird. Nach dem Anzünden der Flammenschriften beginnt der Fachtelzug ins Dorf hinunter mit bis zu 100 Teilnehmern. Nebst der Mithilfe beim Anzünden der Flammenbilder dürfen frisch verheiratete Paare – in diesem Jahr jene von 2020 und 2021 – auch für die Verpflegung der Helfer aufkommen. «Bei uns ist das etwas anders. Da dürfen sie mithelfen, wo sie wollen. Sie dürfen einen Anzünderbetrag bezahlen, haben, wenn es mehrere gibt, Mitspracherecht bei der Auswahl der Sujets, dürfen das Menü auswählen für den Sonntagabend und natürlich Anzünden des Butzers und Schriften», differenziert Roger Schmid, Präsident des Trägervereins Oberdorf. Das Spektakel dauert zirka eine Stunde. Zum Abschluss trifft man sich in der City-Beiz im Unterdorf respektive in der «Krone» im Oberdorf. Das Spezielle in diesem Jahr ist für Roger Schmid, dass man wieder mit vollem Elan darauf hinarbeitet und «die Vorfreude noch grösser ist.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote