«Der Grünschnabel ist der Liebling aller»

  18.08.2022 Laufenburg

Hannes Burger und seine hölzernen Pilgergesellen

Auf dem Jakobsweg von Romont nach Santiago de Compostela hat der Laufenburger Hannes Burger auf jeder der zehn Etappen einen Pilgerstock geschnitzt. Jeder davon erzählt Geschichte. Zusammen stehen sie in der Kapelle St. Margaretha in Rheinsulz.

Susanne Hörth

Unbestätigten Gerüchten zu Folge soll der Pilgerweg von Waldshut nach Basel auf Schweizer Seite besser ausgeschildert sein und somit manch Wanderer die Strecke diesseits des Rheins unter die Füsse nehmen lassen. Ein Andachtshalt wird dann gerne auch bei der über 1000-jährigen Kapelle St. Margaretha in Rheinsulz eingelegt. Von diesen Zwischenstopps zeugt auch das mit entsprechenden Einträgen versehene Pilgerbuch nahe dem Altar. Voller Geschichten an das Pilgern sind auch zehn, in einem Sockel befestigte Stöcke. Sie gehören dem Laufenburger Hannes Burger, alt Stadtrat und seit einigen Jahren Präsident des grenzüberschreitenden Museums Schiff. «Ja, ich habe jeden davon geschnitzt und dekoriert», sagt er und streicht sacht über einen bunt angemalten Pferdekopf, geschmückt mit Federn. «Das ist der Grünschnabel. Er war stets der Liebling aller.»

Etappengeschichte
Entstanden sind diese hölzernen Wegbegleiter aber nicht auf der Route von Waldshut nach Basel, sondern auf dem Jakobsweg vom schweizerischen Romont ins spanische Santiago de Compostela. Zusammen mit weiteren Frauen und Männern aus Laufenburg und Sulz hat Burger in insgesamt zehn Etappen die über 2000 Kilometer in den Jahren 2010 bis 2018 unter die Füsse genommen. «Auf jedem Stock ist das jeweilige Teilstück eingetragen und auch die Namen jener, die mitgewandert sind. Wobei ich da nur die Anfangsbuchstaben verwendet habe.» Brauchte es doch auch noch Platz für andere Schnitzereien. So unterschiedlich diese sind, so individuell sind auch die «Kopf»-Enden. Hannes Burger zeigt auf das geschnitzte Männerantlitz, an einem der Haseläste. «Den hat mir mein guter Freund Peter Strittmatter geschnitzt und geschenkt.»

Bei einem anderen Stock sagt er: «Den habe ich zuhause gemacht. Alle Etappen kommen hier vor.» Müssten es dann aber nicht insgesamt elf Stöcke, statt der aufgestellten zehn sein? Hannes Burger nickt. «Einer ist auf der Etappe 2016 in Condom liegengeblieben.» Mit der Hoffnung, das verlorene Stück dort wiederzufinden, setzt sich der Laufenburger 2018 ins Auto und fuhr von Genf zu den Pyrenäen und noch weiter, alles ab. «Zum einen, um die schönen Ortschaften und Landschaften dort in Ruhe besichtigen zu können. Zum anderen, um nach dem Stock Ausschau zu halten.» Gefunden hat er den Stock nicht, dafür das intensive, lange nachwirkende Erlebnis der schönen Region.

«Wenn man zusammen in einer Gruppe pilgert, hat längeres Verweilen an einem Ort und das Besichtigen von Sehenswürdigkeiten oftmals zu wenig Platz.» Pilgern ist für Hannes Burger insbesondere auch, andächtig unterwegs zu sein, die Gedanken fliessen zu lassen. Und ständig zu beten? Nicht wirklich, verneint er. «Vielmehr haben wir immer wieder Kirchen und Kapellen aufgesucht und da unter anderem zusammen gesungen. Diese wunderschönen Momente prägen sich einem für immer ein.» Vor dem Jakobsweg war er nie Pilgern. Laufen gehört aber schon seit frühster Jugend zu einem festen Bestandteil im Leben von Hannes Burger. Wichtig ist ihm auch das Kennenlernen von neuen Regionen und deren Geschichte. «Ich bin ein Bewegungsmensch. Ich will dabei auch sehen und viel erfahren», sagt er. Erzählt etwa von der Tour von Ulm bis an den Bodensee, die er vor gar nicht allzu langer Zeit zurückgelegt hat. Zu Fuss selbstverständlich. Hatte er einen selbstgeschnitzten Stock dabei? Vielleicht. Die Frage ging in den begeisterten Erzählungen von Hannes Burger unter.


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