Emanzipation, Fortschritt und Belastung

Kathrin Hasler

Als ehemalige Politikerin interessieren mich bei den Entwicklungen in Politik und Gesellschaft auch das Thema der Emanzipation der Frauen. Schon unsere Grossmütter und Mütter haben für Gleichberechtigung und Anerkennung gekämpft. Frauen wehrten sich gegen schlecht bezahlte Jobs, in denen Männer die Lorbeeren ihrer Arbeit für sich beanspruchten. Sie managten den Haushalt und erzogen die Kinder – oft ohne Anerkennung. Frauen forderten eine gerechte Aufteilung der Kindererziehung und die Möglichkeit, gleichberechtigt in Wirtschaft und Politik mitwirken zu können.

Es wird deutlich, dass die Emanzipation den Frauen grosse Fortschritte gebracht hat. Heute sind gleiche Rechte und Pflichten sowie Lohngleichheit selbstverständlich. Doch diese Entwicklungen haben den Frauen das Gefühl gegeben, alles können und zu wollen. Die hohen Erwartungen in allen Lebensbereichen scheinen immer mehr zu einer Belastung zu werden. Zudem möchten sie den gesellschaftlichen Normen in Bezug auf Aussehen, Fitness, Ernährung und Erziehung gerecht werden. Wir haben unsere Töchter nicht zu Frauen mit Selbstachtung und Selbstwertgefühl erzogen, sondern zu Frauen, die ihre persönlichen Ansprüche zu hoch ansetzen. Es fehlt die Gelassenheit.

Für andere wichtige Leistungen in der Gesellschaft bleibt kaum noch Platz, wie zum Beispiel für die Pflege betagter Eltern, das Mitwirken in einem Verein oder Freiwilligenarbeit. Was ist, wenn das neue Frauenideal nur noch durch Leistung, Karriere und Selbstdisziplin definiert wird. Es ist nicht sinnvoll, wenn berufstätige Frauen genauso erschöpft sind, wie berufstätige Männer es von jeher waren. Frauen sollten nicht mit Männern konkurrieren, sondern ihre eigenen Fähigkeiten in der Gesellschaft einbringen. Kinder von berufstätigen Müttern wurden gefragt, was sie sich von ihren Müttern wünschen. Die Kinder wünschen sich eine Mutter, die weniger erschöpft und gestresst ist. Die Definition eines erfolgreichen Frauenlebens sollte nicht nur durch berufsorientierte Karrieren bewertet werden. Vielmehr sollte die Bedeutung der Arbeit innerhalb der Familie mehr Anerkennung finden.

Heute, im Pensionsalter, möchte ich die Zeit, die ich zu Hause mit den Kindern und der Familie verbringen kann, nicht missen. Aus Erfahrung weiss ich, dass berufliche Erfolge das Selbstbewusstsein und die eigene Unabhängigkeit stärken, aber Karrieren sind nicht alles im Leben.

Ich wünsche mir emanzipierte Frauen, die mit mehr Gelassenheit den Alltag meistern und Verantwortung für Familie und Gesellschaft übernehmen, ohne dabei das Leben und sich selbst aus den Augen zu verlieren!

www.landfrauen-laufenburg.ch
www.landfrauen-rheinfelden.ch