DIE WIRTSCHAFT SIND WIR
07.02.2025 KolumneKlatscht in die Hände für die «Röckonomie»
Niklaus Leemann
Rockkonzerte sind so zahlreich geworden, dass man vor lauter Optionen kaum entscheiden vermag, wohin man gehen soll. (Ein Tipp: Gehen Sie überall hin.) Der Kolumnist zum ...
Klatscht in die Hände für die «Röckonomie»
Niklaus Leemann
Rockkonzerte sind so zahlreich geworden, dass man vor lauter Optionen kaum entscheiden vermag, wohin man gehen soll. (Ein Tipp: Gehen Sie überall hin.) Der Kolumnist zum Beispiel freut sich dieses Jahr auf Bruce Springsteen, Guns N’ Roses und The Offspring. Und er hat die naive Hoffnung, dass die aktuelle Oasis Tour doch noch ihren Weg auf den Kontinent findet.
So viele Weltklasse-Rockstars auf Tour innerhalb eines Jahres. Gab es das schon immer? Nein. Der Grund dafür liegt in der klassischen Ökonomie – nennen wir es: die Röckonomie. Musiker sind nämlich aus ökonomischer Sicht Anbieter von so genannten Komplementärgütern. Einerseits verkaufen sie aufgezeichnete Musik, andererseits Liveauftritte. Anbieter von Komplementärgütern maximieren ihren Gewinn über die clevere Kombination zweier oder mehrerer zusammengehörender Produkte. So verkauft beispielsweise Nespresso ihre Maschinen zu einem günstigen Preis und holt sich dann den Gewinn über den Verkauf teurer Kapseln.
Bei Musikern hat sich diese Balance seit dem Aufkommen von Musikstreaming fundamental verändert. Früher, vor der Musikstreaming-Zeit, haben Musiker ihr Geld hauptsächlich über den Verkauf von CDs verdient. Der Liveauftritt war nahezu eine reine Marketingaktion, um den Verkauf von CDs anzukurbeln. Heute ist es genau umgekehrt: Mit Streaming verdient man fast nichts. Stattdessen müssen Musiker ihre Brötchen über eine Livetournee verdienen.
Wir Fans sind die Gewinner von dieser Disruption. Wir kommen viel häufiger als früher in den Genuss von grandiosen Rockkonzerten. Und es kommt hinzu: Früher spielten die Stars an einem Konzert viele Songs von der neuen Platte – schliesslich musste diese ja beworben werden. Heute können sie sich voll auf ihre grössten Hits fokussieren. Yeah, rock!
Doch auch für uns Konzertbesucher hat dieses ökonomische Phänomen eine Kehrseite: teure Ticketpreise. Diese stiegen seit Mitte der Neunzigerjahre bis heute um ganze 190 Prozent an, während in diesem Zeitraum die allgemeine Inflation lediglich bei 20 Prozent lag. So zeigt sich eine weitere ökonomische Regel: Nichts ist umsonst.
In der Kolumne «Die Wirtschaft sind wir» beschreibt der Ökonom und Unternehmensberater Niklaus Leemann, wie die Wirtschaft fester Bestandteil unserer Gesellschaft und unseres Lebens ist.