Unwissen schützt vor Bauen nicht
Simone Rufli
Das Kanti-Provisorium in Stein ist eine gute Sache. Ich meine, es ist wirklich gut: in Windeseile errichtet, praktisch und zweckmässig und – es gibt Zeit, Erfahrungen zu sammeln, die dann beim Bau der ...
Unwissen schützt vor Bauen nicht
Simone Rufli
Das Kanti-Provisorium in Stein ist eine gute Sache. Ich meine, es ist wirklich gut: in Windeseile errichtet, praktisch und zweckmässig und – es gibt Zeit, Erfahrungen zu sammeln, die dann beim Bau der definitiven Kanti Stein von Nutzen sein werden – extrem wertvoll, wie ich meine, nachdem ich vor ein paar Tagen über ein anderes Schulhaus Folgendes gelesen habe:
«Visionär. Spektakulär. Eine Meisterleistung», hiess es 2009 bei der Eröffnung des 64 Millionen Franken teuren Schulhauses Leutschenbach. Im Jahr 2011 wurde es vom Zürcher Stadtrat als eine der besten Bauten der Stadt Zürich ausgezeichnet. Auch im offiziellen Reiseführer von Zürich Tourismus wird das Schulhaus in den höchsten Tönen gelobt: «Die Schulzimmer werden nicht durch Mauern getrennt, was zu einer unglaublichen Offenheit und Vielfalt innendrin führt» … Die Turnhalle, rundum verglast und im obersten Stockwerk angesiedelt, sei «spektakulär» … Ein Schulhaus, das für seine innovative Architektur weltweit bewundert werde.
Einen klitzekleinen Mangel hat das Meisterwerk aber offenbar doch – es eignete sich bisher nur teilweise für den Schulbetrieb. Weil Wände fehlten, war der Lärmpegel so hoch, dass die Stadt den jahrelangen Klagen der Schulleitung im Sommer 2024 endlich nachgegeben hat und nachträglich für viel Geld Trennwände aus Glas einbauen liess.
Für mich ist der Fall klar: Hätte man den Architekten bei der Planung gesagt, was sie unmöglich wissen konnten – nämlich, dass Kinder laut sind, wenn sie in Massen auftreten, so wie in den Gängen eines Schulhauses – dann wäre das nie passiert. Abgesehen davon ist es doch wirklich zu dumm, dass ein Schulhaus von Schülerinnen und Schülern genutzt werden muss und nicht einfach in seiner architektonischen Pracht und Vollkommenheit bewundert werden darf.