Bunt, bunter, grün
Simone Rufli
Frauen und Männer sind doch unterschiedlicher als ich dachte. Wir nehmen Farben unterschiedlich wahr. Das liegt vor allem am X-Chromosom: Weil Frauen zwei davon haben, scheinen sie bestimmte Farbunterschiede wahrnehmen zu ...
Bunt, bunter, grün
Simone Rufli
Frauen und Männer sind doch unterschiedlicher als ich dachte. Wir nehmen Farben unterschiedlich wahr. Das liegt vor allem am X-Chromosom: Weil Frauen zwei davon haben, scheinen sie bestimmte Farbunterschiede wahrnehmen zu können, die Männern nicht auffallen. Ich habe das Gefühl, wir nehmen auch sonst gewisse Dinge anders wahr, aber zurück zu den Farben:
Lange vor der Entdeckung des X-Chromosoms waren sich Philosophen nicht grün beim Thema Farben. Mark Aurel zum Beispiel, römischer Kaiser und Philosoph, war vor über 1800 Jahren der Überzeugung: «Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an.» Jahrhunderte später behauptete Immanuel Kant ohne rot zu werden: «Kleidung, deren Farbe zum Gesicht vorteilhaft absticht, ist Illusion; Schminke aber Betrug.»
Von Physiker Isaac Newton nehme ich an, dass ihm das philosophische Gerede zu bunt wurde; was sonst hätte ihn veranlasst, uns Grünschnäbeln weismachen zu wollen, dass Weiss die Summe aller anderen Farben ist.
Klar, dass ein Universalgelehrter wie Goethe das so nicht stehen lassen konnte. Nur ein paar Jahre nach Newton mischte er die Farben neu, indem er eine eigene Farbenlehre entwickelte.
Wieder ein paar Jahre später meinte Maler Pierre-Auguste Renoir lakonisch: «Eines Morgens ging einem von uns das Schwarz aus, und das war die Geburtsstunde des Impressionismus.» Farbe als Folge von Licht und Atmosphäre. Punkt.
Wie auch immer: Morgen ist Karfreitag, darum erscheint die Kolumne bereits heute am Donnerstag und der ist für einmal grün.