Erkennungszeichen
Susanne Hörth
Als heiteres Berufe-Raten bezeichne ich es, wenn ich bei meinen eher seltenen Zugfahrten die Menschen um mich herum verstohlen beobachte. Der Mann mit den gestylten grau-melierten Harren, der farblich bestens zum Anzug ...
Erkennungszeichen
Susanne Hörth
Als heiteres Berufe-Raten bezeichne ich es, wenn ich bei meinen eher seltenen Zugfahrten die Menschen um mich herum verstohlen beobachte. Der Mann mit den gestylten grau-melierten Harren, der farblich bestens zum Anzug passenden Krawatte und den schwarz-glänzenden Schuhen ist bestimmt ein Vermögensberater bei einer Bank. Wahrscheinlich gehören auch junge Familien zu seinem Kundenkreis. Das glaube ich an seinen Socken zu erkennen. Knallgelb mit Pikachu-Motiv leuchten sie zwischen Hosenbein und glänzenden Schuhen hervor.
Mit Kindern zu tun hat bestimmt auch die junge Frau auf der anderen Gangseite. Ich tippe auf Kindergärtnerin. Ihre in verschiedenen Grüntönen geringelten Socken passen bestens in das Gesamtbild der Trägerin. Gerade überlege ich, welchen Beruf wohl der junge Mann mit den weissen Turnschuhen und den karrierten Kniesocken ausübt. Da werde ich aus meinen Gedankengängen gerissen. «Was für einen Hund haben Sie?» Die Frau, die sich nach dem letzten Zughalt neben mich gesetzt hat, blickt mich neugierig an. Noch mitten in meinen Socken-Zuordnungs-Überlegungen schiele ich fast zwangläufig zu meinen in Stiefeln steckenden Füssen. Von Socken, die mich möglicherweise als Hundehalterin zu erkennen geben würden, ist nichts zu sehen. Zu sehen ist aber etwas anderes. Die Frau lacht und zeigt auf ein zusammengefaltetes, blaues Säckchen, das vorwitzig aus meiner Jackentasche blitzt. «Bei uns in der Gemeinde sind diese Beutel seit neuestem knallrot», sagt meine Banknachbarin und zieht zum Beweis ein solches Teil aus ihrer Tasche.
Nicht wahr, wir Hundehalter erkennen uns auch ohne unsere Vierbeiner fast überall!