Ungewisse Zukunft für Hof im Mettauertal

  23.03.2023 Landwirtschaft, Mettauertal, Wil

Aemmerhof kommt unter den Hammer

Familiäre Probleme und Mängel bei der Tierfürsorge

Am 21. April kommt es in Mettau zur Versteigerung des Bauernhofes, der sich im Ortsteil Wil der Gemeinde Mettauertal befindet. Damit verbunden sind auch mehrere Acker-, Wiesenund Weideflächen. Das ist der eine Teil der tragischen Geschichte. Auch um das Tierwohl steht es nicht immer zum Besten, wie der Veterinärdienst bestätigt.

Bernadette Zaniolo

Der Wiler Aemmerhof wurde über Jahrzehnte von einer Familie aus dem Dorf bewirtschaftet. 2017 wurde der Hof, zu welchem rund 16 Hektaren Acker-, Wiesen- und Weideflächen gehören, von seinen heutigen Besitzern, die aus dem Zurzibiet kommen, erworben. Wie Landwirtschaft Aargau auf Anfrage der NFZ bestätigt, verfügt der 61-jährige Mann über das erforderliche landwirtschaftliche Diplom. Auf dem Hof – auf welchem auch 36 Milchkühe und 35 Jungtiere leben – arbeiten zwei Angestellte mit.

Ob es am 21. April wirklich zur Versteigerung und einem neuen Besitzer kommt, wird sich zeigen. Die Versteigerung erfolgt auf Verlangen der Pfandgläubigerin im dritten Rang. Dies ist die ALK Aargauische Landwirtschaftliche Kreditkasse in Aarau. Bei dieser stehen die Schuldner (auch die Frau des Landwirts haftet) mit 100000 Franken – einem Darlehen – in der Kreide. Die Schulden dort belaufen sich inklusive Zinsen und Betreibungskosten auf etwas mehr als 102000 Franken. Sofern diese Schuld – inklusive der Verfahrenskosten nicht noch vor der Versteigerung beglichen wird, findet diese – wie vorgesehen – am 21. April, um 15 Uhr, in der Turnhalle Mettau statt. Die Grundstücke werden nur im Gesamtruf versteigert. Sie werden nach dreimaligem Aufruf des höchsten Angebotes zugeschlagen, sofern dieses den Mindestzuschlagspreis von 1 072 478.25 Franken übersteigt. «Der Zuschlag an den Meistbietenden kann

nur erfolgen, wenn sich allfällige an der Steigerung teilnehmende Inhaber eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes nicht selbst sofort zur Übernahme des Grundstücks kraft ihres Vorkaufsrechtes zu dem Höchstangebot bereit erklären», heisst es in den Steigerungsbedingungen. Das Vorkaufsrecht haben gemäss den Unterlagen die Kinder der Grundstücks- und Liegenschaftsbesitzer. Der geschätzte Marktwert aller Grundstücke – inklusive Wohnhaus (Zweifamilienhaus), Scheune/Milchviehstall sowie Landwirtschaftsland und Reben wird mit knapp über zwei Millionen Franken beziffert.

«Ja ich habe begründete Hoffnung, dass die Versteigerung noch abgewandt werden kann», so der betroffene Bauer auf die entsprechende Frage der NFZ. Dass er in diese Situation gekommen sei, habe private Gründe. Er sei von einem auf den anderen Tag mittellos gewesen. «Ich habe zwei Jahre lang nicht gewusst, von was ich lebe.» Wie er weiter sagt, habe er nur dank Zuwendungen Dritter überlebt. Dazu kamen, wie er sagt, gesundheitliche Probleme, die auch Spitalaufenthalte nötig machten.

Mängel in der Tierhaltung und -fürsorge?
In letzter Zeit wurden Stimmen aus der Bevölkerung laut, dass es um das Tierwohl auf diesem Hof nicht besonders gutstehe. Der Veterinärdienst äussert sich dazu wie folgt: «Wir können bestätigen, dass der Veterinärdienst in den vergangenen Jahren diverse veterinärrechtliche Kontrollen in der besagten Tierhaltung durchgeführt hat. Dabei wurden Mängel in der Haltung und Fürsorge der Tiere festgestellt. Der Veterinärdienst hat die nötigen Massnahmen angeordnet und den Tierhalter wegen den festgestellten Mängeln angezeigt.»

Keine Beschlagnahmung der Tiere
Die Umsetzung der Massnahmen würden vom Veterinärdienst mittels Nachkontrollen überprüft. Der Veterinärdienst halte sich dabei an den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Bislang seien die angeordneten Massnahmen jeweils fristgerecht umgesetzt worden. «Eine Beschlagnahmung der Tiere war nicht nötig», so der Veterinärdienst auf die entsprechende Frage. Und: «Weitere Angaben zu Verwaltungs- und Strafverfahren machen wir zurzeit nicht.» Wie er jedoch festhält, habe die Infrastruktur bislang «keinen Anlass zu Beanstandungen» gegeben. Die Milchkühe würden in einem Laufstall mit Liegeboxen sowie einem ungedeckten Auslauf gehalten. «Solange der Boden kein Verletzungsrisiko darstellt und gleitsicher ist, ist eine Betonterrasse nicht zu beanstanden.»

Das Tierwohl sei ein brisantes und übersensibles Thema, mit erhöhter Gefahr einer Vorverurteilung, sagt der betroffene Landwirt. Wie der 61-Jährige gegenüber der NFZ weiter sagt, habe er sich aus ideellen Gründen für die Ausbildung zum Landwirt EFZ entschieden und er betont die Wertigkeit der Landwirtschaft. Es sei ihm ein grosses Anliegen gewesen, einen Hof zu haben, auf welchem diverse Tierwohl-Programme wie BTF

und RAUS umgesetzt werden könnten. Sein Hof nehme auch am Bio-Diversitäts-Programm (Labiola) des Kantons teil. Von den 30 Hektaren, die bewirtschaftet würden, hat er – wie er sagt – 10 Hektaren, also ein Drittel, für Biodiversität ausgeschieden. «Das ist fünfmal mehr, als verlangt wird». Zudem pflege er rund 200 Hochstammbäume auf dem Betrieb, darunter zwei markante Solitärbäume im Jura Park und zwei Dutzend Brutkästen für Wildvögel.

Nochmals auf das Tierwohl angesprochen und wie er sagt, die Gerüchte, betont er seine umfassende Betreuung und Pflege von Tieren. «Der Tierarzt ist zwei bis drei Mal pro Woche beratend und behandelnd auf dem Hof.» Das wirke sich aus. «Die Klauengesundheit ist eine Reflektion der Gesundheit des Tieres und seines Komforts.» Eine objektive Tatsache für das Tierwohl sei die Langlebigkeit und tiefe Sterblichkeit. Zwei tote Kälber bei 60 Geburten «ist exemplarisch tief und zeigt, wie gut die Tiere betreut und gepflegt werden.» Für eine überlange Laktation nehme er, wie er sagt, gerne einen Minderertrag in Kauf.

Zu viele Tiere im Stall?
«Ich wehre mich gegen den Druck des Veterinärdienstes», es sei ein «perverser Anreiz». In jüngster Zeit gab es offenbar Beanstandungen wegen zu vielen Tieren im Stall. «Ich hatte dem Veterinärdienst gesagt, dass die Kontrollen nur noch in meiner Anwesenheit gemacht werden dürfen.» Obwohl er diesem auch mitgeteilt habe, dass er im Spital sei, hätte die Kontrolle dennoch stattgefunden. «Ja, es waren mehr Tiere als sonst, gerade an diesem Tag, auf dem Hof.» Er erklärt, dass der Veterinärdienst «falsch gezählt» habe, denn die Tiere seien nur vorübergehend im Stall gewesen (zwei Tiere, welche zwei Tage vorher enthornt worden seien zur Beobachtung; zwei Tiere, die trächtig waren, zur Kontrolle und zwei Tiere, welche brünstig waren, zum Decken.)

«Ein schöner, guter Hof, wie dieser darf nicht untergehen», sagt er nochmals angesprochen auf die Versteigerung. «Ich habe jetzt vier Jahre Hölle durchgemacht.»


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