Glasfaserbeton und PV-Fassaden
18.03.2023 Frick«Stahlton» setzt auf Innovation und Kreislaufwirtschaft
Die Stahlton Bauteile AG in Frick produzierte umweltschonende Bauteile zu einer Zeit, als noch niemand danach verlangte. Heute ist sie führend im Bereich Glasfaserbeton-Fassaden und integriert darin sogar ...
«Stahlton» setzt auf Innovation und Kreislaufwirtschaft
Die Stahlton Bauteile AG in Frick produzierte umweltschonende Bauteile zu einer Zeit, als noch niemand danach verlangte. Heute ist sie führend im Bereich Glasfaserbeton-Fassaden und integriert darin sogar PV-Module.
Simone Rufli
«Architekten wollen gestalten», weiss Ernst Gisin, seit 25 Jahren CEO der Stahlton Bauteile AG in Frick. «Darum treiben wir die Entwicklung von Fassaden-Bauteilen aus Glasfaserbeton voran, mit denen Architekten Energie gewinnen und Gebäude gestalten können.» Gestaltungsmöglichkeit sei zentral, denn: «Fehlt die Gestaltungsmöglichkeit, findet das Produkt bei Architekten keine Akzeptanz.» Die aber sei aus vielerlei Gründen wichtig: Glasfaserbeton ist ein mineralisches Produkt, das sich komplett rezyklieren lässt, pro Quadratmeter Fläche weniger als 50% an Grauer Energie gegenüber konventionellem Beton benötigt und – auch das ein immenser Vorteil – einen Bruchteil an Rohmaterial verbraucht. «Trotzdem wirkt die Glasfaserbeton-Fassade massiv und ist langlebig», so Gisin. Elemente aus Glasfaserbeton sind maximal 2 Zentimeter dick, jene aus herkömmlichem Beton 20 Zentimeter. «Somit bleibt viel Platz für Dämmung, was auch bei Gebäudesanierungen ein Vorteil ist.»
Steigende Nachfrage
Die Nachfrage nach den ressourcenschonenden Produkten sei in den letzten Jahren enorm gestiegen. «Erst», betont Gisin und schmunzelt. «Neu sind diese Erkenntnisse nämlich nicht. Wir haben bereits in den 1970er Jahren während der damaligen Baukrise angefangen, mit Glasfaserbeton zu arbeiten; nur fand der Baustoff damals kaum Beachtung.» Klimaschutz war noch kein Thema. Obwohl es sich auch damals schon gelohnt hätte. In den 1960er Jahren hat die «Stahlton» in der Vorfertigung viele Parkhäuser und andere Infrastrukturbauten errichtet. In den 90er Jahren wurde die konventionelle Betonvorfabrikation aufgegeben und auf die industrialisierte Produktion von Glasfaserbeton gesetzt.
Mit der Debatte ums Klima hat sich der Blick verändert. Zement ist für acht Prozent des weltweiten Co2-Ausstosses verantwortlich. Je tiefer der Zement-Anteil im Beton, umso weniger Co2 wird freigesetzt. Ziel der «Stahlton» sei es, so der CEO, den Zement-Anteil im Glasfaserbeton weiter zu reduzieren und am Ende komplett wegzubekommen. Um ressourcenschonend zu produzieren, hat sich die Firma durch die Teilnahme am KMU-Modell der «Energie-Agentur der Wirtschaft» vor rund zehn Jahren verpflichtet.
Forschungszusammenarbeit
Ernst Gisin weiss: «Wenn wir als Produktionsbetrieb in der Schweiz bestehen wollen, ist permanente Innovation unsere einzige Chance.» Eine Erkenntnis, welche die Firma seit ihrer Gründung (vgl. Kasten) beherzige. Permanent müsse die Erneuerung deshalb sein, «weil die ausländische Konkurrenz den Vorsprung jeweils nach fünf bis zehn Jahren wettmacht». Um innovative Bauteile in den Markt zu bringen, arbeitet die firmeneigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung deshalb eng mit Externen zusammen, darunter die ETH Zürich, das CSEM in Neuenburg und die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf.
Intensiv geforscht wird derzeit im Bereich 3D-Druck sowie bei der Photovoltaik. Anstelle der heute gängigen Glas-Glas-Module mit fixem Raster, wie sie auf den Dächern immer häufiger zu sehen sind, integriert die «Stahlton» dünnschichtige, farblich abgestimmte und sogar leicht biegsame PV-Module aus monokristallinem Material direkt in die Bauteile aus Glasfaserbeton. Um Architekten, die im Stahlton-Werk ein- und ausgehen, Anschauungsmaterial zu bieten, wird demnächst eine Werkhallen-Wand entlang der Hauptstrasse entsprechend gestaltet. «Es soll für Architekten und Bauherren attraktiver werden, Strom über die Fassade zu gewinnen», betont Gisin. Gemäss Bundesamt für Energie (BFE) könnten an Schweizer Hausfassaden nämlich jährlich 17 Terrawattstunden Solarstrom erzeugt werden. «Das würde drei bis vier AKWs ersetzen.»
Die «Stahlton» ist bei der Stromgewinnung selber auch aktiv. Seit Ende März 2022 verfügt sie auf 5000 Quadratmetern Dachfläche über eine eigene PV-Anlage, erzeugt damit pro Jahr eine Gigawattstunde und deckt ihren Strombedarf zu 85% selber ab. Bereits seit 2018 wird sämtliches Abwasser zentral in einem Becken gesammelt, geklärt und am Ende der Reinigungskette der Produktion wieder zugeführt, was Unmengen an Trinkwasser spart.
Stahlton Bauteile AG, Frick
Gegründet anno 1945, machte sich das Familienunternehmen schweizweit einen Namen im Bereich Vorspanntechnik und Sturzbrett. Vor 18 Jahren wurde das Unternehmen in zwei Schwesterfirmen unterteilt: Die Stahlton Bauteile AG mit Sitz am Dinokreisel – sie ist im Hochbau tätig – und die Stahlton AG (am anderen Ende von Frick), tätig im Infrastrukturund Tiefbau. Vor rund 16 Jahren stieg die Stahlton Bauteile AG ins Fassadengeschäft ein. Seither ist das Volumen sehr stark gewachsen und übersteigt jenes im Rohbau weit.
Ernst Gisin arbeitet seit 30 Jahren im Unternehmen, seit 25 Jahren als CEO. Als er CEO wurde, war die Stahlton Bauteile AG hauptsächlich im Rohbau tätig und dem Glasfaserbeton kam damals eine absolut untergeordnete Bedeutung zu. (sir)