Den Fünften hat er nicht gefressen
31.03.2023 MöhlinDer Löwen: 120 Jahre in Familienbesitz
Am 1. April 1903 übernimmt Carl Heinzmann den Gasthof Löwen in Möhlin. Seither ist die Beiz an der Landstrasse Familiensache, nunmehr in vierter Generation.
Ronny Wittenwiler
Manchmal sind es Zufälle. Beim Aufräumen kommt er zum ...
Der Löwen: 120 Jahre in Familienbesitz
Am 1. April 1903 übernimmt Carl Heinzmann den Gasthof Löwen in Möhlin. Seither ist die Beiz an der Landstrasse Familiensache, nunmehr in vierter Generation.
Ronny Wittenwiler
Manchmal sind es Zufälle. Beim Aufräumen kommt er zum Vorschein: Ein Artikel der Fricktaler Zeitung, datiert aus dem Jahr 1983. Gefunden hat diesen Zeitungsausschnitt ein Urgrosskind von Carl Heinzmann, und wie es scheint: gerade noch rechtzeitig, um diese Geschichte zu erzählen.
Wie alles begann
Morgen Samstag vor 120 Jahren, am 1. April 1903, übernimmt besagter Carl Heinzmann den Gasthof zum Löwen in Möhlin. Die Sterne stehen nicht gut, vier seiner Vorgänger, so erzählen überlieferte Quellen, seien innert kürzester Zeit bankrott gegangen und im Dorf kursiert bald einmal folgender Spruch:
Der Löwe ist ein böses Tier, hat gefressen ihrer vier, den fünften hat er jetzt im Rachen, wird’s ihm auch nicht besser machen.
Die Leute im Dorf aber machten die Rechnung ohne den Wirt. Seit diesem 1. April 1903 nämlich, und das ist alles andere als ein Scherz, ist der Gasthof Löwen in Familienbesitz geblieben. Sandra Güntert, die mit ihrem Bruder Mike Waldmeier seit 1996 das Restaurant betreibt, sagt: «Wir wussten natürlich um die lange Tradition, aber dass es gerade jetzt 120 Jahre sind, das war uns nicht bewusst.»
Sandra Güntert ist ein «Kind» der vierten Generation, neben ihr sitzt Mutter Heidi Waldmeier, ledig Heinzmann. Heidi Waldmeiers Grossvater also war es, der 1903 das Restaurant mit einer damals schon langen Geschichte übernommen hatte. Ersturkundliche Erwähnung als Wirtshaus, soweit man heute weiss, war anno 1312. Über vieles, so ist’s nun mal, hat sich der Staub der Zeit gelegt: doch im Estrich, da kommt im Kegel der Taschenlampe manchmal die Vergangenheit ans Licht. «Ihr Hochzeitskleid ist noch immer oben im Estrich», sagt Sandra Güntert, und meint jenes ihrer Urgrossmutter. Auch der Frack von Urgrossvater Carl, diesem Stammvater einer Beizerfamilie, hängt noch in einem Kasten. All das ist der Stoff, der ein Stück Leue-Geschichte erzählt. Gerade noch rechtzeitig.
Der Cousine von Sandra Güntert und Mike Waldmeier kommt vor rund drei Wochen beim Aufräumen dieser vierzig Jahre alte Zeitungsartikel in die Hände: 80 Jahre «Löwen» mit Heinzmanns. Ihre Eltern Karl und Irma Heinzmann führten den Gasthof in dritter Generation, vor ihnen waren es Fritz und Adelheid Heinzmann in zweiter Generation. Und der Anfang – er ist bekannt und nimmt seinen Lauf am 1. April 1903. Morgen auf den Tag genau vor 120 Jahren. Lange her. Und seither ist der «Leue» in Familienbesitz geblieben. Von wegen verlumpt: Längst hat die vierte Generation übernommen. Es dürfte die letzte sein. «Noch aber sind wir da», sagt Sandra Güntert und lacht.
Vom 11. bis 28. April werden im Saal des «Löwen» Bilder und weitere Exponate ausgestellt, die mit der Historie des Gasthofs und der Besitzerfamilie verknüpft sind.