«Es geht uns um das Recht der Tiere»
21.03.2023 Laufenburg«Es geht uns um das Recht der Tiere»
Urteile gegen mehrere Tierschutzaktivisten werden Mitte Jahr erwartet
Sie wollten Tierquälerei aufdecken und nicht solche begehen, betonten Anja Glivar und Robert Rauschmeier vor dem Bezirksgericht Laufenburg. Die ...
«Es geht uns um das Recht der Tiere»
Urteile gegen mehrere Tierschutzaktivisten werden Mitte Jahr erwartet
Sie wollten Tierquälerei aufdecken und nicht solche begehen, betonten Anja Glivar und Robert Rauschmeier vor dem Bezirksgericht Laufenburg. Die beiden Tierschutzaktivisten waren unter anderem wegen Tierquälerei, Hausfriedensbruch und Nötigung angeklagt. In eindrücklichen Plädoyers verteidigten sich die beiden Beschuldigten selbst.
Susanne Hörth
«Wenn es sich bei den gezeigten Bildern um Hunde oder Katzen und nicht um Nutztiere wie Hühner, Truten oder Schweine handeln würde, wären das Entsetzen und der Aufschrei in der Bevölkerung gross. Nicht so aber bei Nutztieren.» Anja Glivar sagte es mit eindringlicher Stimme vor dem Gebäude des Laufenburger Bezirksgerichts. Sie war umringt von einer Gruppe von zirka 30 Personen, die mit Plakaten auf Zustände in Schweizer Mastbetrieben aufmerksam machten. Die ruhig verlaufende Mahnwache fand am Donnerstagnachmittag vor Beginn der Einspracheverfahren gegen Anja Glivar und Robert Rauschmeier statt. Die beiden Tierschutzaktivisten mussten sich gleich für mehrere Anklagepunkte verantworten. Darunter Hausfriedensbruch, Nötigung und Tierquälerei. Letzteres sorgte bei den Beiden für Unverständnis. Mit ihren Aktionen wollen sie Tierquälerei aufzeigen und nicht solche begehen.
Das wiederholten sie später auch vor Gerichtspräsident Beat Ackle. Die Verhandlung gegen die beiden Beschuldigten reihte sich in die im vergangenen Dezember begonnene Prozess-Serien gegen Tierschutzaktivisten am Bezirksgericht Laufenburg ein. Hier, weil sich eine der Aktionen im Juni 2020 auch auf einem Trutenmastbetrieb im Bezirk Laufenburg ereignet hatte.
Aktion Schweinemastbetrieb
Anja Glivar und Robert Rauschmeier waren zusammen mit rund 60 weiteren Aktivisten im August 2020 in einen Schaffhauser Ferkelmastbetrieb eingedrungen. Mit dabei auch ein Fernseh-Kamerateam. Der Hofbetreiber gab vor Gericht am Donnerstag an, dass der Vorfall bei ihm nach wie vor Spuren hinterlassen habe. Sein Anwalt forderte eine Wiedergutmachung von 5000 Franken. Unter anderem wegen Rufschädigung. Die Aktivisten hätten zudem mit ihrem Eindringen in den Stall billigend in Kauf genommen, dass sich die Tiere mit der Schweinepest hätten anstecken können. Das Gesetz schreibt vor, dass nur mit der Einhaltung von Hygienemassnahmen, dazu zählen auch Schutzanzüge, die Stallungen betreten werden dürfen. Hierzu sagte später Anja Glivar, sie hätten solche Anzüge getragen. Der Bemerkung des Anwaltes, der Hof werde regelmässig von staatlichen Institutionen überprüft, hielt die Beschuldigte entgegen, dass die Kontrollen stets auf vorhergehende Ankündigungen erfolgen würden.
Ihr wird zusammen mit anderen Aktivisten auch vorgeworfen, mit einer Aktion in einer Zürcher Kirche im April 2022 auch die Glaubens- und Kultusfreiheit gestört zu haben. Die Frage von Gerichtspräsident Beat Ackle, ob sie gleiches auch in einer Moschee getan hätten, bejahte sie damit, ihr gehe es nicht um Glaubensrichtungen, sondern um den Schutz und das Recht der Tiere.
Auch beim Geflügelmastbetrieb im oberen Fricktal sei es darum gegangen. Was sie da im Stall entdeckt hätten, habe mit der Würde des Tieres nichts mehr zu tun, hielt sie später in ihrem fast einstündigen Plädoyer fest. Wie sie verteidigte sich auch Robert Rauschmeier selbst. Schon vor den Plädoyers verwiesen sie in den ihnen zulasten gelegten Vorwürfen immer wieder auf das dem Gericht vorgelegte Bild- und Video-Beweismaterial. Aus der Not heraus für Tiere gehandelt zu haben, veranlasste beide Angeklagten, Freisprüche in allen Sachverhalten zu fordern. In ihrem Schlusswort betonte Anja Glivar, es gehe ihr als engagierte und stets gewaltfreie Tierschutzaktivistin darum, die Öffentlichkeit auf Missstände aufmerksam zu machen. Für das Recht des Tieres werde sie sich weiterhin einsetzen. Eine unter anderem von ihr lancierte Petition «Tierleid aufdecken ist keine Straftat» wurde in den letzten Tagen von mehreren Tausend Personen unterzeichnet.
Robert Rauschmeier sagte, Tierleid sichtbar zu machen, erfordere manchmal auch, Schwellen zu überschreiten. Gerade in der Massentierhaltung würde das einzelne Tier in der Menge verschwinden. Für viele von ihnen sei das Leben von der Geburt bis zur Tötung von Gewalt geprägt. «So auch bei uns in der Schweiz.»
Die Urteile in diesen wie auch den noch ausstehenden, vorhergehenden Fällen werden voraussichtlich erst Mitte Jahr gesprochen.



