«Monkey Mind» im Kirchgemeindehaus
10.02.2023 KaiseraugstFasnachtsgottesdienst in Kaiseraugst
Am vergangenen Sonntag fand im reformierten Kirchgemeindehaus in Kaiseraugst der traditionsreiche Fasnachtsgottesdienst statt, mit der lokalen Gugge Grossschtadtchnulleri und Theobald, «em Pfaff sim Aff».
«50+1» steht auf der diesjährigen ...
Fasnachtsgottesdienst in Kaiseraugst
Am vergangenen Sonntag fand im reformierten Kirchgemeindehaus in Kaiseraugst der traditionsreiche Fasnachtsgottesdienst statt, mit der lokalen Gugge Grossschtadtchnulleri und Theobald, «em Pfaff sim Aff».
«50+1» steht auf der diesjährigen «Blagette» der Kaiseraugster Gugge Grossschtadtchnulleri. Ihr 50-Jahr-Jubiläum letztes Jahr fiel mehr oder weniger ins Wasser. Umso frischer und fitter präsentierten sie sich 2022+1 bei der gottesdienstlichen Eröffnung der Fasnachtszeit, im Jubiläumskostüm und mit neu einstudierten Songs. Theobald, «em Pfaff sin Aff» (mit von des Pfaffen Frau Jutta Wurm geliehener menschlicher Stimme), freute sich ebenso wie seine Guggenfreunde, dass endlich wieder ohne Schranken mit grossem Publikum gefeiert werden konnte.
Auch die Fasnachtsgottesdienste im reformierten Kirchgemeindehaus hatten ein kleines Jubiläum zu feiern: Es gibt sie seit zwanzig Jahren. Nach der elenden Corona-Zeit fühlte es sich für Theobald aber an wie ein Neubeginn, und so nahm er in seinen Reden Bezug auf das Kultbuch der Zen-Meditation «Zen-Geist, Anfänger-Geist». Dieses wird in der Regel dem japanischen Zen-Meister Shunryu Suzuki (1905-1971) zugeschrieben. Doch in Wahrheit, behauptete Theobald, habe er es verfasst.
Wie eine Flasche leer
Der ursprüngliche Titel des Buches, bevor es in diesem Akt kultureller Aneignung von den Menschen an sich gerafft worden sei, habe gelautet: «Monkey Mind, Beginner’s Mind». Und überdies sei der von Theobald geprägte Begriff «Monkey Mind» durch die Menschen verdreht worden, erläuterte der anthropoide Primate. Mit «Monkey Mind» wird in der spirituellen Szene das nicht zur Ruhe kommende Gedankenkarussell bei der Meditation bezeichnet: Die Gedanken hüpfen im Kopf herum wie die Affen auf den Bäumen. Seinem Freund, dem Pfaffen, empfahl er: «Amen, ich sage dir. Dein Geist muss werden wie ne Flasche Bier» – also leer. Dann hätte er, der Pfaffen-Geist, keine Vorstellungen und Erwartungen, Erleuchtung würde ihn nicht interessieren, und es wäre ihm egal, dass die Leute, statt in die Kirche zu kommen, in Scharen zur Vorfasnachtsveranstaltung «Fotzelschnitte» strömen.
Gratia gratis data
Der Pfaff konnte mit den Belehrungen durch den Affen durchaus etwas anfangen. Sie erinnern ihn, sagte er, an den reformatorischen Gedanken, dass alles Geschenk sei, gratia gratis data, gratis gegebene Gnade. Und auch an die Worte Jesu, dass wir wie die Kinder werden sollen – einfach, ursprünglich, wesentlich.
Etwas hatte er dann aber doch einzuwenden gegen Theobalds Buch: Ihm fehle darin das Mitgefühl, sagte er, es gehe nur um Gelassenheit. Damit rannte er beim Zen-Meister-Affen offene Türen ein. Gelassenheit und Mitgefühl, antwortete er, seien zwei Seiten derselben Medaille. Darum habe er seine Chnulleri-Freunde auch gebeten, nicht nur «Que sera sera» («Was sein wird, wird sein») zu spielen, sondern auch «Helele» zu spielen, die Hymne der Fussball-WM 2010 in Südafrika. Der Song, dozierte Theobald, atme den Geist des Ubuntu, jener afrikanischen Philosophie, die durch Nelson Mandela bekannt wurde. Sie besagt, dass ich bin, weil du bist; weil du bist, bin auch ich. «Mir händ vo Ubuntu kän blasse Schimmer – wird’s drum uf Ärde immer schlimmer?», fragte der Pfaff betreten. «Mit mehr Ubuntu würd die Welt tatsächlich ein bisschen aufgehellt», antwortete der Aff.
Ein bisschen heller wurde die Stimmung auch an diesem regnerischen Vormittag. Zum Schluss spielten die Chnulleri einen weiteren Hit: «Iko Iko», in dem in einer kreolischen Sprache gesungen wird: «Hört, ihr dahinten, alles wird gut!» Die Message begleitete die Menschen, die hinten durch die Kirchentür hinaus zum Apéro strömten. Trotz garstigem Wetter blieben sie dort bis in den frühen Nachmittagsstunden und folgten dann den Chnulleri auf ihrer Tour durchs Dorf. (mgt)