«Einsamkeit ist selten selbst gewählt»
10.02.2023 MöhlinIm Einsatz für Menschen, die zu oft alleine sind: Besuchsdienst Möhlin
Momentan stellen sechs Frauen im Besuchsdienst Möhlin ihre Zeit für einsame Menschen zur Verfügung. Zwei von ihnen erklären, warum sie das tun.
Ronny Wittenwiler
Nach fünfunddreissig Minuten war die ...
Im Einsatz für Menschen, die zu oft alleine sind: Besuchsdienst Möhlin
Momentan stellen sechs Frauen im Besuchsdienst Möhlin ihre Zeit für einsame Menschen zur Verfügung. Zwei von ihnen erklären, warum sie das tun.
Ronny Wittenwiler
Nach fünfunddreissig Minuten war die Sache durch. Präsidentin Hedi Soder konnte am Dienstagabend die sechste Generalversammlung des Besuchsdienstes Möhlin schliessen. Vielleicht lässt sich darin eine Parallele ausmachen: Taten statt allzu viele Worte will der Verein auch in diesem Jahr 2023 wieder folgen lassen. «Es gibt viel zu tun», sagte Soder.
Unbezahlbare Maass-Arbeit
Seit jeher möchte der Besuchsdienst Möhlin einsame Menschen erreichen. «Einsamkeit», sagt Barbara Maass, «sie ist doch in den seltensten Fällen selbst gewählt.» Maass ist eine von zwei Frauen, die sich neu im Besuchsdienst engagieren. Die andere ist Gissell Schwarz, seit vergangenem August besucht sie eine ältere Person, der kaum noch andere soziale Kontakte bleiben. «Ihr seid unbezahlbar», sagte Hedi Soder an die Frauen Maass und Schwarz gerichtet, und sie meinte damit auch alle anderen freiwilligen Besucherinnen im Besuchsdienst. Momentan sind es deren sechs. Alles Frauen. Sie schenken, was heutzutage in einer sich schnell drehenden Welt offenbar stark rationiert ist: ein bisschen Zeit.
Nach der Generalversammlung vom Dienstagabend stehen Soder, Maass und Schwarz beieinander, zusammen mit Hedy Mangold, die im Verein die Vermittlungsstelle betreut, also die wertvollen Erstkontakte zwischen Besuchenden und Besuchten erst herstellt. Mangold sagt: «Es ist eine Freude zu sehen und zu spüren, wie unsere Besucherinnen ihre Aufgabe ernst nehmen und mit viel Herzblut dabei sind. Die Klientinnen und Klienten fühlen sich gut aufgehoben und geniessen jeden Besuch.»
Die Hürden
Die meisten Personen, die das Angebot in Anspruch nehmen, sind Bewohnerinnen und Bewohner des Wohn- und Pflegezentrums Stadelbach in Möhlin. Doch ist der Besuchsdienst bestrebt, gerade auch Menschen zu erreichen, die in ihren eigenen vier Wänden Einsamkeit erfahren. «Da existiert nach wie vor eine Hemmschwelle», sagt Hedi Soder, und sie sagt es mit einem Bedauern. Barbara Maass pflichtet ihr bei: oftmals gehe die empfundene Einsamkeit mit Scham einher. Hinzu komme, so Soder, dass sich viele ältere Menschen im Zuge von Corona zusätzlich in ein Schneckenhaus zurückgezogen hätten. «Das alles wieder aufzubrechen, kostet enorm viel Energie», sagt Soder, doch just diese grosse Energie scheinen viele im kleinen Verein mitzubringen.
Die Motivation
«Meine Kinder sind mittlerweile gross. Ich habe Zeit und möchte diese einem einsamen Menschen schenken», erzählt Gissell Schwarz von ihren Beweggründen, beim Besuchsdienst einzusteigen. Nach einem kurzen Moment des Innehaltens sagt sie: «Zu hören, dass viele Menschen alleine sind, macht mich im Herzen betroffen.» Barbara Maass erzählt, dass sie lange Zeit in der Sozialarbeit tätig gewesen sei und miterlebt habe, wie Menschen mit stabilen Lebenswegen durch Schicksalsschläge in die Einsamkeit rutschten. «Ich finde, wir können für diese Menschen durchaus etwas machen. Und ich glaube, für diese Menschen ist diese Zeit doppelt so wichtig wie für uns, die sie geben und dabei noch anderes haben.»
Es klang wie ein Schlusswort. Taten werden folgen.
Der Besuchsdienst freut sich über Mitglieder generell sowie über Freiwillige (Besuchende).
Personen, welche den Besuchsdienst selber in Anspruch nehmen wollen oder jemanden kennen, können sich bei der
Vermittlungsstelle melden: 077 402 94 69; vermittlung@besuchsdienst-moehlin.ch